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Rywig 01 - Bleib bei uns Beate

Titel: Rywig 01 - Bleib bei uns Beate
Autoren: Berte Bratt
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Hübsches Zimmer, guter Lohn. Für grobe Arbeit Hilfe vorhanden. Gesuch mit Zeugnissen und Bild an Dr. med. Gerhard Rywig...“ usw.
    Mutti sah mich an.
    „Nanu? Hast du die Absicht, eine Stellung anzunehmen?“
    „Ja, weißt du, Mutti“ - ich räusperte mich -, „du hast so oft davon gesprochen, daß ich ein wenig rausmüßte - ein bißchen von Hause weg - und da fiel mir ein, daß Stellen im Haushalt glänzend bezahlt werden - und dies da hört sich eigentlich gut an - bei einem Arzt - und ein frauenloser Haushalt, man ist also selbständig.“ „Aber liebes Kind, das hatte ich mir doch nicht vorgestellt, daß du weiter im hauswirtschaftlichen Beruf bleiben solltest.“
    „Aber das ist doch wenigstens etwas, was ich kann, Muttchen! Und dann kann ich Geld zurücklegen und mir überlegen, was ich später - machen möchte.“
    Mutti mußte sich durch meine vernünftigen Beweggründe geschlagen geben. Und ich bin überzeugt, sie hat noch am selben Abend mit Vati gesprochen. Denn mit Einverständnis und Billigung meiner Eltern schrieb ich am nächsten Tag an Dr. Gerhard Rywig und bewarb mich um die Stellung bei ihm als Hauswirtschaftsleiterin.
    Die Antwort kam postwendend. Der Arzt sei interessiert, wenn er auch finde, ich sei reichlich jung. Ob ich gewillt sei, eine Probezeit durchzumachen? Einfamilienhaus mit sieben Zimmern, Mädchenzimmer und Bad. Eine    junge Hausangestellte sei vorhanden. Vier Kinder - Junge dreizehn, zwei kleinere Mädchen und ein Junge von fünf. Der Arzt sei Witwer.
    Ob ich am zweiundzwanzigsten August antreten könne?
    Ich schrieb zurück, daß ich das könne.
    Ich fand auf Vaters Bücherregal einen Stadtplan von Oslo.
    Wenn Dr. Rywigs Haus auch nicht gerade Wand an Wand mit Axels möbliertem Zimmer stand, so lagen beide immerhin in derselben Stadtgegend. Axel wohnte innerhalb des Weichbildes der Stadt, Rywigs etwas weiter draußen.
    Ich fand, mein Dasein sah plötzlich etwas freundlicher aus.

Meine neue Familie
    Es war Abend und schon dämmerig, als der Zug in Oslo einlief.
    Ich hatte Herzklopfen, als ich Handkoffer, Reisetasche und Netz und Mantel zusammenraffte und mich vergewisserte, ob der Gepäckschein für den großen Koffer, den ich aufgegeben hatte, im Außenfach der Handtasche griffbereit lag.
    Der Zug hielt mit einem Zischen, und ich schritt unter zahllosen Menschen den langen Bahnsteig hinunter, während ich mich ständig nach einem Mann umsah, der die vereinbarte Osloer Zeitung in der linken Hand hielt. Ich meinerseits sollte meine rote Handtasche in der Rechten tragen.
    Ich schaute mir die Augen aus. Nein, kein Herr, der mit einer Zeitung in der linken Hand wartete.
    Aber da erspähte ich jene Zeitung in einer linken Hand. Doch die Hand gehörte nicht zu einem Herrn und Vater von vier Kindern. Sie gehörte zu einem Jungen von dreizehn, vierzehn Jahren.
    Die Augen des Jungen musterten jeden einzelnen Reisenden. An meiner roten Handtasche blieben sie haften. Dann wanderten sie zu meinem Gesicht, und sein Blick begegnete dem meinen.
    Er kam näher, ein wenig zaudernd. „Entschuldigen Sie, sind Sie vielleicht Fräulein Hettring?“
    „Ja - aber du kannst doch unmöglich Dr. Rywig sein?“
    Auf dem ernsthaften Gesicht des Knaben zeigte sich der schwache Schimmer eines Lächelns.
    „Nein, ich bin sein Sohn. Bernt Rywig. Ich soll von meinem Vater grüßen und sagen, es täte ihm leid, daß er Sie nicht abholen kann, aber er mußte ganz plötzlich zu einer Operation. Wir sollen mit der Taxe in die Klinik fahren, und wenn mein Vater dort fertig ist, fahren wir mit ihm nach Hause. Ich nehme Ihren Koffer.“
    Eine kräftige Knabenfaust bemächtigte sich meines Koffers. „Aber einen Koffer habe ich aufgegeben, Bernt.“
    „Dann geben Sie mir den Gepäckschein, ich hole ihn. Wollen Sie bitte hier auf dieser Bank so lange warten?“
    Bernt war so ruhig, so sachlich. Nicht übermäßig freundlich, ohne das leiseste Lächeln. Sehr höflich und sehr nüchtern.
    Ich setzte mich auf die Bank und sah ihm nach. Was für ein hübscher kleiner Kerl. Aber er hatte etwas an sich, was mich beklommen machte. Ich glaube, es waren seine Augen. Sie sahen klug aus, aber ganz freudlos.
    Mich überkam ein herzliches Gefühl für den Jungen, und dabei kannte ich ihn noch keine fünf Minuten.
    Dann saßen wir in der Taxe und fuhren durch unbekannte Straßen.
    „Ich habe nicht gewußt, daß dein Vater Arzt in einem Krankenhaus ist“, sagte ich.
    „Das ist er auch nicht“, erwiderte Bernt. „Er
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