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Rywig 01 - Bleib bei uns Beate

Titel: Rywig 01 - Bleib bei uns Beate
Autoren: Berte Bratt
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abgeschlagen.
    „Entweder - oder, Beate“, hat er gesagt. „Entweder eine anstrengende Wanderung den schroffen Felshang hinauf oder einen gesunden Sohn oder eine Tochter im Dezember. Was möchtest du lieber?“
    „Uff, so ist es, wenn man mit einem Arzt verheiratet ist“, seufzte
    ich.
    „Beatchen, morgen machen wir eine schöne Wanderung, die einer werdenden Mutter angemessen ist, aber heute müssen wir diese Klematis und ein Edelweiß für Bernt erwischen, das siehst du doch ein?“
    „Ja, Gerhard, ich sehe es ein. Wenn aber der hübsche Hofbauer vorüberkommt, ist es sehr gut möglich, daß ich ihm aus Langeweile Augelchen mache.“
    „Das tu du nur, seinen Dialekt verstehst du ja sowieso nicht“, sagte Bernt neckend. Dann gingen sie, und nun sitze ich mit dem Fernglas hier auf dem Balkon und freue mich darauf, daß sie bald nach Hause kommen.
    Die Tage in Innsbruck sind wundervoll gewesen. Während Gerhard zu seinen gelehrten Vorträgen ging, sind Bernt und ich mit der Drahtseilbahn zum Hafelekar hinaufgefahren, oder wir haben in einer entzückenden alten Taverne mit Balkan-Spezialitäten Mittag gegessen - ich habe noch immer den Pfeffergeschmack auf der Zunge von einem komischen Gericht, dessen Namen Bernt aufgeschrieben hat - Cevapcice hieß es. Wir besichtigten viele schöne alte Kirchen, wir bestaunten das Goldene Dachl, und wir fuhren mit einer Pferdedroschke kreuz und quer durch die Stadt. Und jetzt sind wir seit einer Woche hier unten in einem winzigen Dorf mitten in den Zillertaler Alpen. Wenn Bernt alle Pflanzen beisammen hat, die er haben will, wollen wir für einen Tag über den Brenner rutschen, nach Meran, und so viele Feigen und Pfirsiche und frischgepflückte Apfelsinen essen, wie wir in uns hineinstopfen können.
    Da kommt ja der stattliche Hofbauer! Bernt hat leider recht, ich verstehe nicht eine Silbe von dem, was er sagt. Aber er winkt mit einem Brief, und diese Sprache versteht man immer.
    Es ist Sentas Handschrift - nein Sonjas - wahrhaftig - sie schreiben so ähnlich, daß es unmöglich ist, einen Unterschied zu erkennen. Und der Brief ist in Tjeldsund abgestempelt.
    „Liebste Beatemutti und Papa und Bernt! Tausend Dank für Brief und Karte aus Innsbruck. Euch geht es bestimmt phantastisch, aber wir beneiden Euch überhaupt nicht, denn uns geht’s hier mordsmäßig gut. Deine Mutter ist das Allerbeste, was es auf der Welt gibt, Beate, und Du kannst glauben, sie lacht, wenn Hans Jörgen Großmama zu ihr sagt. Hans Jörgen ist übrigens ein richtiger Schürzenjäger; jetzt hat er wieder das Lieselottchen ganz und gar vergessen, nun ist es von früh bis spät bloß noch Heidi. Edith hat uns beigebracht, wie man Knopflöcher näht. Und wir sind mit Jens und Rolf zum Angeln draußen gewesen. Es macht ‘n Mordsspaß, in Betten übereinander zu schlafen. Ich schlafe in Deinem und Senta in Heidis, und Heidi ist zu Deinen Eltern umgezogen. Deine Mutter paßt auf, daß wir alles tun, was wir tun müssen, und das lassen, was wir nicht dürfen. Und wir tragen keine wollenen Hosen, äh bäh!
    Wie geht es mit Brüderchen-Schwesterchen? Du, wie ich mich aber freue. Sei nun bloß vorsichtig mit Dir selber, süße, goldige, liebste Beatemutti.
    Seid alle hunderttausendmal umarmt, besonders aber Du, von
    Deiner Sonja
    Und von mir auch. Du, wollen wir wetten - ob es nun Zwillinge werden? Umarmung und Kuß von
    Senta. “
    Ich lächle und hebe den Kopf. Jetzt höre ich Stimmen unten vom
    Hang. Dort kommen Gerhard und Bernt. Sie winken mir beide zu, sie kommen näher, und ich sehe, daß ihre Augen leuchten.
    Es ist Sommer, und die Nachmittagssonne glüht, sie glänzt auf den Alpenblumen und über fernen Schneegipfeln. Und aus der Küche kommt ein herrlicher Duft von Zillertaler Krapfen.
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