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Rywig 01 - Bleib bei uns Beate

Titel: Rywig 01 - Bleib bei uns Beate
Autoren: Berte Bratt
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Leben plötzlich einen Sinn und einen Glanz erhalten.
    Ich träumte von einer Zweizimmerwohnung mit Bad und einem Schlafzimmer aus mattpolierter Ulme und Wohnzimmersesseln mit verschiedenfarbenen Bezügen.
    Axel flüsterte mir am Frühlingsabend zu, ich sei das Süßeste, was es auf der Welt gebe, und der kleine Leberfleck auf meiner Wange sei nur dazu angetan, meine Süße noch hervorzuheben. Und dann hätte ich ein Löckchen - sagte er - , das sich immer in mein Ohr hineinringele, und das rege ihn geradezu auf. Und weiterhin behauptete er, meine Zähne wären eine großartige Kinoreklame für Dentoclair oder Clairodont, und wo in aller Welt ich nur das niedliche kleine Kinn herhabe?
    War es zu verwundern, wenn ich nach diesem allen felsenfest davon überzeugt war, daß Axel der Einzige, Wahre und Große und Richtige für mich sei?
    So lagen die Dinge, als Mutti an einem strahlenden Junitag frisch und gesund mit roten Wangen und glücklich nach Hause kam.
    „Aber nun!“ sagte Mutti zwei Tage später. „Nun ist Beate an der Reihe, einmal wegzukommen!“
    „Wieso wegzukommen, Mutti?“ fragte ich bang. Sie hatte doch wohl nicht die Absicht, mich von Tjeldsund fortzuschicken -ausgerechnet jetzt?
    „Nun, ich meine - es kommt ganz auf dich an“, sagte Mutti. „Wir haben dich furchtbar vernachlässigt, Beate. Immer hast du hier zu Hause einspringen müssen. Du hast bis heute keine anständige Ausbildung bekommen. Es ist ganz unverantwortlich, daß Vati und ich.“
    „Nun hör aber auf, Mutti!“ antwortete ich. „Auf alle Fälle habe ich eine ausgezeichnete Ausbildung im Haushalt bekommen! Und ich habe nicht die geringste Lust, auf eine Schule zu gehen oder so, ich bin jetzt zweiundzwanzig .“
    „Ja, aber.“, sagte Mutti.
    „Und außerdem“, fuhr ich schnell fort, „außerdem kann Vati mich jetzt nicht auch noch ausbilden lassen, ausgerechnet jetzt, wo Jan nach Trondheim auf die Hochschule kommt und Nico durchaus Tierarzt werden will.“
    Da hatte ich an eine wunde Stelle gerührt. Mutti biß sich auf die Lippe.
    „Aber du mußt mal in die Welt hinaus, Beate!“ sagte Mutti. „Du kannst nicht immer und ewig hier zu Hause herumhocken!“
    „Ich hab es hier gut“, sagte ich.
    „Ja, Gott sei Dank, daß du dieser Meinung bist“, sagte Mutti. „Aber wir wollen nun doch mal ein bißchen überlegen und sehen, ob uns nicht ein guter Gedanke kommt. Du mußt dir ein bißchen Wind um die Nase wehen lassen, Beatchen.“

Wind um die Nase
    Der Sommer war in Tjeldsund eingezogen. Und das Haus war mit einem Male leer geworden.
    Jan und Nico machten eine Radfahrt mit selbstverdientem Geld. Edith und Olav waren bei der Großmutter, Jens und Rolf mit den Pfadfindern auf großer Fahrt.
    Mutti weigerte sich entschieden, wegzureisen - war sie nicht eben erst drei Monate von zu Hause fort gewesen? Und Vati wollte die Ruhe im Haus ausnutzen und eine Artikelreihe für die Pädagogische Zeitschrift fertigmachen. Und Heidi wollte dort sein, wo Mutti war.
    Ich aber wollte da sein, wo Axel war. „Es ist so gemütlich, dich in aller Ruhe hier zu Hause zu haben“, sagte Mutti eines Vormittags, als wir ganz ausnahmsweise einmal auf der Veranda saßen und Tee tranken. „Aber ich denke immerzu an deine Zukunft, Beate. Du mußt doch Lust verspüren, ein bißchen rauszukommen, um.“
    „Uhu-u-uh-u-uh“, gellte es da aus dem Garten herauf. Und nun kam Heidi die Stufen heraufgeklettert, mit einer Schramme im Gesicht, aus der Blut sickerte.
    Mutti sah mit einem Blick, daß es nur eine Kratzwunde war. Also Borwasser, ein Heftpflaster und ein Stückchen Schokolade, fertig war die Laube. Aber immerhin waren wir unterbrochen worden, und darüber war ich froh. Denn es wurde für mich immer schwieriger, überzeugende Gründe anzuführen, weshalb ich durchaus nicht aus Tjeldsund fortwollte.
    Am selben Abend saßen Axel und ich auf der blankgewetzten Bank am Liebespfad, und mein Herz pochte unruhiger als sonst. Denn ich hatte ihn vier Tage nicht gesehen, vier Abende hindurch hatten Sehnsucht und Ungewißheit meine junge Seele gequält.
    Jetzt saß er aber neben mir, braungebrannt und hübsch und unwiderstehlich, und ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter und war glücklich.
    Aber mein Glück sank jäh zusammen und wurde ein Trümmerhaufen. Denn Axel sagte im nüchternsten Ton der Welt: „Du kannst mir gratulieren, Beate. Ich habe die beste Stellung bekommen, die man sich wünschen kann. Bei Langeböe & Co. Maschinen en gros, in Oslo.
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