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Russische Orchidee

Russische Orchidee

Titel: Russische Orchidee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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Armen und Beinen zu zucken.
    »He, Chef, wen haben Sie uns denn da angeschleppt?« wollten die anderen Insassen des »Affenkäfigs« wissen. »Der kratzt doch jeden Moment ab. Wo bleibt der Notarzt?«
    Der Wachhabende sah sich den Neuankömmling genauer an und beschloß tatsächlich, den Krankenwagen zu rufen. Das fünf Minuten später eintreffende Team stellte fest, daß der Mann bereits im zerebralen Koma lag. Mit Blaulicht und Sirene wurde er ins nächste Krankenhaus gebracht. Aber die Wiederbelebungsversuche halfen nicht, er starb noch unterwegs, ohne zu Bewußtsein gekommen zu sein.
    Bei der Autopsie entdeckte man, daß der Tod durch die Überdosis einer synthetischen Importdroge eingetreten war.
    Am nächsten Morgen erschien ein ältlicher, pedantischer Untersuchungsführer auf dem Revier, scheuchte alle auf und verhörte sie eingehend über das Attentat vor dem Club »ST«, verlangte Papiere zu sehen, die man noch gar nicht ausgestellt hatte, rief bei der Station an, von der der Krankenwagen gekommen war, ließ sich mit dem diensthabenden Ärzteteam verbinden und erklärte, daß der Mann mit dem Hund, der das Attentat verhindert und Muchin festgehalten hatte, ihn auch umgebracht habe und überhaupt ein äußerst gefährlicher Krimineller sei und das ganze Attentat höchstwahrscheinlich nur vorgetäuscht gewesen sei.
    »Na und, was können wir dafür?« fragten die Einsatzleute vom Bezirksrevier verdutzt. »Wir haben seine Zeugenaussagen zu Protokoll genommen, aber Papiere hatte er nicht bei sich. Welcher normale Mensch steckt seinen Paß ein, wenn er nachts mit seinem Hund auf die Straße geht? Im Gegenteil, bedanken muß man sich bei dem Mann. Hier, imProtokoll steht ja sein Name, Maxim Maximowitsch Issajew, samt Adresse.«
    »Na und? Habt ihr die Adresse überprüft?« fragte Borodin. »Wohnt dort tatsächlich Standartenführer Stirlitz?« 1
    »Nein, haben wir noch nicht.« Die Männer blickten sich erstaunt an und brachen dann in Gelächter aus.
    »Daran ist überhaupt nichts komisch«, bemerkte Borodin finster.
     
    Hauptmann Kossizki traf mit seiner Einsatzgruppe, den zivilen Zeugen und dem Durchsuchungsbefehl um acht Uhr früh vor der Wohnungstür der Butejkos ein. Auf sein Klingeln wurde nicht geöffnet. Es stellte sich heraus, daß die Tür offen war. In der Wohnung herrschte Chaos, das Parkett war aufgerissen und das Linoleum in der Küche aufgeschlitzt.
    Die Leiche Jelena Butejkos entdeckten sie im Bad. Sie lag in einer Blutlache auf dem Fußboden. Der Mund war ihr mit Klebeband verschlossen, am Hals zeichnete sich ein Strangulationsstreifen ab. Man hatte sie mit dem seidenen Gürtel ihres Morgenmantels erdrosselt. An ihrem Körper waren frische Blutergüsse, Schrammen und zahlreiche Schnitt- und Stichwunden zu sehen.
    »Die Spuren von Folterung«, konstatierte der Experte.
    Wjatscheslaw Butejko war von vorn erschossen worden, direkt ins Herz. Er lag auf dem Sofa und starrte mit gebrochenen, weit offenen Augen zur Decke. Den Mund hatte man ihm ebenfalls zugeklebt, aber er hatte keinerlei Wunden am Körper außer der einen, tödlichen.
    In der Wohnung wurden zwei Geheimfächer gefunden,eins im Fußboden des Zimmers, das bis vor kurzem von Artjom bewohnt worden war, das andere im Schrankaufsatz im Flur. Beide Fächer waren ausgeplündert.
    In der kleinen Abstellkammer fand man Juwelierswerkzeuge: Schraubstöcke, Lötkolben, Feilen, Lupen auf Stativen und Lupen ohne Stative, mit einem Wort, die komplette Profi-Ausstattung. Aber außer einem Stückchen Golddraht, das unter der Fußleiste steckte, entdeckte man nichts von Wert.
    Die Nachbarn berichteten, sie hätten in der Nacht dumpfen Lärm aus der Wohnung gehört, mehrere Mal habe etwas gepoltert. Aber da sie wußten, daß Butejko aus dem Krankenhaus zurückgekommen war und oft unter Schlaflosigkeit litt, hatten sie diesen Geräuschen keine besondere Bedeutung beigemessen.
     
    Beim Abendessen fragte Lidija Borodina ihren Sohn: »Ilja, hat Warja Bogdanowa dich erreicht? Ich habe ihr deine Dienstnummer gegeben.«
    »Warum hast du mir nichts davon gesagt, Mama!« Borodin sprang vom Tisch auf. »Rasch, gib mir ihre Nummer.«
    »Entschuldige, aber die habe ich mir nicht aufgeschrieben.« Lidija zuckte die Schultern. »Daran habe ich nicht gedacht. Sie sagte, sie würde dich ganz bestimmt anrufen. Du regst dich unnötig auf.«
    »Was hat sie noch gesagt?«
    »Warte, laß mich überlegen. Sie wirkte ein bißchen überdreht und aufgeregt. Sie hat gesagt, sie

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