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Russische Freunde: Kriminalroman

Russische Freunde: Kriminalroman

Titel: Russische Freunde: Kriminalroman
Autoren: Matti Rönkä
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»Erzähl Onkel Teppo, was es Neues gibt, unter Freunden.«
    »Unter Freunden?«, fragte ich mit übertriebener Verwunderung und sah mich um. »Oksana ist schon gegangen, ich sehe also nur dich, und du bist Polizist. Sicher, vom Hund sagt man, er sei der beste Freund des Menschen. Aber von einem Polizisten?«
    Korhonen lachte.
    »Weißt du, Viktor, es ist schon komisch. Ich komme demütigen Sinnes zu dir, um dich zu fragen, wie es dir geht. Dieses eine Mal habe ich dich wegen gar nichts in Verdacht, jedenfalls wegen nichts Größerem. Von deinen kleinen Schwindeleien weiß ich natürlich. Zu deiner Warnung sei gesagt, dass der Nachrichtendienst deine Männer abgecheckt hat, diejenigen, die ein Visum zum Beerenpflücken haben, aber mit Pranken gesegnet sind, denen keine Blaubeere standhält, und die einen Pflücker höchstens benutzen würden, um sich die Zähne zu säubern. Also sei ein bisschen vorsichtig, stell nicht zu viele ehemalige Klassenkameraden aus der Agentenfachschule ein.«
    Ich kannte meine Männer und glaubte auch zu wissen, was die Polizei überwachte und was nicht. Aber aus Korhonen wurde ich nicht schlau. Ich stützte die Ellbogen auf den Schreibtisch und sah dem Polizisten in die Augen. Bei der Armee hatte man uns gelehrt, dass Schweigen oft die beste Verhörmethode ist. Ich hatte kein Problem damit, drei Minuten lang auf einen Punkt zwischen Korhonens Augenbrauen zu starren, aber er hielt es nicht durch.
    »Na schön, du verfluchter Indianer. Ich brauch deine Hilfe. Vernünftige Informationen. Mit meiner Arbeit gegen die organisierte Kriminalität läuft’s nicht ganz glatt. Früher durfte ich schalten und walten, wie ich wollte, und ab und zu hat sich auch immer mal ein Verbrechen aufgeklärt, oder wir haben einen Tipp gekriegt, wenn jemand etwas plante. Aber jetzt hab ich einen neuen Chef. Und nun hock ich verdammt noch mal mit Ohrhörern in irgendeinem Scheißkeller und hör mir an, wie ein drittklassiger Pavian mit seiner Freundin darüber klönt, ob sie jetzt gleich zur Sexmesse gehen sollen oder erst zu der größeren im September. Die Tussi sagt, sie will sich auf jeden Fall einen neuen Vibrator kaufen, und der Kerl stottert, wozu denn, Honey. Und gleich danach ruft er einen besoffenen Kumpel an und erkundigt sich, warum das Modem bloß vier komma fünfeinszwei Geschwindigkeit hat und ob das wohl an dem Bitzen liegt, und danach beschwert er sich bei irgendeinem baumwollhosigen Knallkopf vom Kundendienst über dasselbe Problem. Und ich schnall überhaupt nix und kann verdammt noch mal nicht mal sicher sein, ob die nicht vielleicht irgendeine Kacke planen. Außerdem krieg ich Sodbrennen, weil keiner mehr Schamgefühl und Manieren hat.«
    Wieder wartete ich schweigend, mit ausdruckslosem Gesicht. Diesmal hielt Korhonen vierzig Sekunden durch.
    »Ja, ja, keine Bibelsprüche mehr. Bei der atheistischen Gehirnwäsche, der man dich unterzogen hat, wären die sowieso vergeudet, schade um die ewigen Weisheiten. Ich geb ja zu, dass ich ein bisschen von der Rolle war, als wir uns das letzte Mal begegnet sind. Aber jetzt will ich endlich mal wieder an einem richtigen Fall arbeiten. Im Prinzip beobachte ich immer noch die Russenfront, sprich den Komplex Einwanderer und Ostkriminalität. Aber nichts tut sich, man hört und sieht nichts. Und prompt heißt es bei der Besprechung, Korhonen hat im Moment nichts zu tun, der kann das Abhören übernehmen.«
    Ich schwieg weiterhin und betrachtete Korhonen. Er hatte vor Zeiten versucht, die dunkle Seite von Ryschkows Business aufzudecken, und mich dazu erpresst, ihm Informationen zu liefern. Ich hatte ihm die Organisation der Petersburger Kasse erklärt, ihn über die in Finnland operierenden Gruppierungen unterrichtet und vor Auseinandersetzungen zwischen Drogendealern gewarnt, die das geregelte Leben durcheinanderbrachten und allen schadeten. Als Gegenleistung hatte Korhonen großzügig über meine Aktivitäten hinweggesehen.
    Wir hatten zweifellos beide voneinander profitiert. In letzter Zeit hatte ich mich allerdings von Korhonen ferngehalten. Ich hatte seine Hilfe nicht gewollt und nicht gebraucht. Und vor allem hatte ich keine Lust gehabt, den unberechenbar herumspinnenden Polizisten zu beaufsichtigen und zu hüten. Er war nicht mein Bruder, gehörte nicht zur Familie, war nicht einmal entfernt verwandt. Ich hatte genug damit zu tun, für die Meinen zu sorgen.
    »Ich weiß, dass ich ziemlich von der Rolle war. Aber jetzt habe ich alles im Griff. Ich bin
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