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Russen kommen

Russen kommen

Titel: Russen kommen
Autoren: Eva Rossmann
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französische Art im Fett blanchiert, danach abgetropft, dann in heißem Fett gebacken. Haben Sie eine Ahnung, wie das im vollen Abendgeschäft aufhält? Und er, was sagt er, nachdem er seine Pommes gegessen hat? Die bei McDonald’s seien besser! Dieses fette Zeug aus gepresstem Kartoffelmatsch!«
    »Und das Trinkgeld?«, frage ich.
    »War großartig, aber alles lässt sich nicht mit Geld erledigen. Ich hab seinen Namen auf die Liste gesetzt. Wir haben eine No-Liste mit Personen. Wenn die reservieren wollen, sind wir leider voll. Die haben keine Chance. Wir können uns das leisten, wir sind täglich ausgebucht.«
    »Gehört das Lokal Ihnen?«
    »Was hat das mit den Russen zu tun?«
    »Die kaufen doch momentan alles«, versuche ich zu scherzen.
    »Das Lokal gehört einem Konzern. Leider und zum Glück. Anders lässt sich Gastronomie auf diesem Niveau kaum noch finanzieren. Die Preise mögen hoch sein, aber der Aufwand ist noch viel höher. Ich hab selbst ein Lokal gehabt, ich weiß, wovon ich rede. Jetzt bin ich Chefkoch und Restaurantchef mit einem guten fixen Gehalt und der Chance, bei irgendwelchen Events und Privatfeiern dazuzuverdienen. Viel besser in meinem Alter.«
    Ich schätze Oberlechner auf knapp über fünfzig und will schon widersprechen, als mir einfällt: Kochen kann Schwerarbeit sein, hab ich ja selbst erlebt. Und wer ein Restaurant hat, beutet zuallererst sich selbst aus. Die Personalkosten sind ein entscheidender Faktor. Ob Oberlechner mit seinem eigenen Lokal pleitegegangen ist?
    »Aber das mit den Sonderwünschen und den ungeduldigen Russen ist nicht zum Schreiben gedacht«, fährt er fort und steht auf. »Uns ist ein Koch ausgefallen, ich muss dringend zurück in die Küche.«
    Ich stehe auch auf. »Was essen Russen eigentlich gerne? Nehmen Sie in der Speisekarte darauf Rücksicht?«
    »Internationale Gourmets mögen überall dasselbe. Aber es gibt einige Sachen, die Russen besonders lieben: geräucherten und marinierten Fisch zum Beispiel, große Vorspeisenplatten mit vielen unterschiedlichen Kleinigkeiten – so wie es ihren klassischen Sakuski entspricht.«
    »Ich hab den geräucherten lauwarmen Wels auf der Karte gesehen. Sie räuchern selbst?«
    »Ja, à la minute. Eigentlich ist es ganz einfach, ich hab mich auch erst damit zu beschäftigen begonnen, nachdem immer mehr russische Gäste gekommen sind. Wir haben hinter der Küche, unter einem Vordach, einen ganz einfachen Räucherofen stehen, wie man ihn in fast jedem Anglerbedarfsgeschäft bekommt. Zum Räuchermehl einige aromatische Kräuterzweige oder Wacholderkörner, den Fisch portionieren, nur leicht salzen, und eine halbe Stunde später ist er saftig geräuchert. Das, was man in Russland an kaltem geräuchertem Fisch bekommt, ist meist viel zu lange im Rauch gelegen, das macht den Fisch zäh. Ich kenne ein Paar aus Moskau, ihm gehört ein großes Verlagshaus, die kommen extra wegen diesem frisch geräucherten Fisch zu uns. – Jetzt muss ich aber wirklich …«
    »Eine Frage noch.« Ich sehe ihn bittend an. »Ein Russe, wahrscheinlich Geschäftsmann, mittelgroß, eher schlank, mittelbraune Haare, beginnende Stirnglatze, Anfang bis Mitte vierzig« – während ich ihn beschreibe, wird mir klar, wie viele Männer so aussehen »in Begleitung einer noch sehr jungen Frau, zierlich, schwarze lange Haare, dunkle Augen, überhaupt nicht …«
    »Nuttenhaft?«, ergänzt er. »Bei uns gibt es viele elegante Russinnen, mehr als elegante Amerikanerinnen, das schwöre ich. Was ist mit den beiden?«
    »Kennen Sie sie?«
    »Die Beschreibung passt auf viele. Mit einer jungen zierlichen Frau, schwarze lange Haare, sagen Sie? Angeblich ist Dolochow in Lech mit einer solchen Frau gesehen worden. Der Klatsch rollt bei uns schneller als eine Lawine. Er war letztes Jahr bei mir essen. Allerdings mit seiner Frau, die war zwar auch elegant, aber cirka so alt wie er.«
    »Und wer ist Dolochow?«
    »Den kennen Sie nicht? Das ist einer der Oligarchen, einer der wirklich Superreichen, von denen es auch hier am Arlberg nicht so viele gibt. Ein enger Vertrauter des russischen Präsidenten, sagt man. Einer, der immer aufs richtige Pferd setzt.« In seiner Stimme schwingt eine Menge Bewunderung mit. »Erst vor ein, zwei Wochen war ein großer Artikel über ihn in diesem deutschen Wirtschaftsmagazin. Wenn er wirklich da ist, dann hoffe ich, dass er wieder zu mir essen kommt, mit wem auch immer. Meine Diskretion ist ihm sicher. Darin sind wir Weltmeister.«
    »Können
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