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Russen kommen

Russen kommen

Titel: Russen kommen
Autoren: Eva Rossmann
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Personenschutz und derlei Dinge. Darin sind die beiden mit Sicherheit auch viel besser als im Staubsaugen.
    »Ich war heute ganz alleine Ski fahren«, lege ich los, und endlich habe ich ein Opfer gefunden, dem ich meine Abenteuer erzählen kann. Und von den Russen erzähle ich selbstverständlich auch.
    »Man sollte mit diesem Bau-Sorger reden«, meint sie.
    »Hast du in der Schule Russisch gelernt?«, frage ich.
    »Und du?«
    »Ihr wart ein kommunistisches Land.«
    »Aber nicht sehr gut mit der U d SSR . Es war kein Pflichtfach, ich habe ein Jahr gelernt, aber alles vergessen.« Vesna sieht sich suchend um.
    »Er wird schon kommen«, beruhige ich sie.
    Vesna seufzt. »Valentin wollte unbedingt mit zum Arlberg, er kann sich seine Zeit gut einteilen, kann ich nicht sagen Nein.«
    »Wolltest du nicht, dass er mitkommt?«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht ich brauche Ruhe von beide Männer.«
    Ich tätschle ihr beruhigend den Arm. »Ich kenne so viele, die haben einen Mann zu wenig, du hast einen zu viel, ist doch nicht übel, so betrachtet.«
    »Vielleicht ich habe zwei zu viel Halilovi c wartet mit Verzweiflung im Gesicht, ich wohne jetzt in Zimmer hinter dem Büro, aber ich sehe ihn im Haus, Wohnung ist ja gleich neben dem Büro. Versucht, ganz ruhig zu sein. Armer. Ich mag ihn wirklich, aber …«
    »Und Valentin Freytag?« Vesna hat den Produzenten und Erfinder einer der beliebtesten Fernsehshows kennengelernt, als ich herausfinden wollte, was hinter der schönen Fassade von »MillionenKochen« steckt. Vesna zeichnet mit dem Zeigefinger Muster auf die Theke. »Ich mag ihn sehr, aber ich weiß nicht, vielleicht bin ich für ihn nur Exotin. Der Gebildete und die Putzfrau oder so. Hat Hang zu sozialer Romantik.«
    »Zu Beginn hat er geglaubt, du bist eine Mathematik-Dozentin aus Bosnien. Da hat er dich auch gemocht.«
    »Er hat mir sogar Lügerei verziehen, konnte ja nichts dafür, dass ich ihn aushorchen musste.« Vesna sieht mich an. »Aber er drängt mich. Er will, dass ich zu ihm ziehe, dass ich ihn heirate und alles so was. Warum muss man so etwas tun?«
    »Wahrscheinlich hat er Angst, du könntest zu Halilovi c zurückkehren.«
    Freytag kommt ums Eck, er sieht wirklich gut aus, muss man ihm lassen. Graue Haare, schlank, Jeans, lässiges Flanellhemd. Er entdeckt mich, lächelt, küsst mich auf beide Wangen. Dann küsst er Vesna leicht auf den Mund. »Zum Glück hat sie mich mitgenommen«, sagt er und zwinkert mir schelmisch zu.
    Wir reden über seine Fernsehshows, über Kobe-Beef und meinen Sturz auf der schwarzen Piste. Freytag meint, man solle doch ins »Eiskristall« essen gehen, er lade ein. Ich denke an die Preise und will schon den Kopf schütteln. Andererseits: Geld hat Vesnas Valentin mehr als genug, die Show »MillionenKochen« läuft in vielen Ländern, dafür gibt es eine Menge an Lizenzgebühren. »Da muss man mehrere Wochen im Voraus reservieren«, murmle ich und denke bereits an den lauwarmen geräucherten Wels.
    »Du kennst diesen Koch doch«, meint Vesna.
    Vor einem Jahr noch hätte sie nichts, aber auch gar nichts in ein so teures Lokal gebracht. Menschen verändern sich mit ihrem Umfeld. Ganz abgesehen davon verdient Vesna inzwischen mit ihrem Putzunternehmen gar nicht übel,
    »Ich hab ihm bloß ein paar Fragen gestellt«, wehre ich ab.
    »Du rufst ihn an«, bestimmt Vesna. »Du hast sicher Eindruck auf ihn gemacht. Köche fliegen auf dich.«
    »Bin ich ein Koch?«, fragt Oskar von hinten und umarmt mich. Auch er findet: Ich soll ganz dringend im »Eiskristall« anrufen.
    Ich hasse solche Aktionen, aber ich habe keine Chance, ich rufe an, mein Herz klopft, idiotisch, aber ich telefoniere nun einmal nicht gern mit Halbfremden, ich frage nach Oberlechner. Er kommt an den Apparat, und fünf Minuten später haben wir einen Tisch. Ihm sei gerade jemand ausgefallen, und für eine Kennerin wie mich tue er, was möglich sei. Vielleicht hilft ja auch, dass ich beim »Magazin« arbeite. Ich freue mich, alle freuen sich, und jetzt kann ich endlich Oskar mit meiner schwarzen Abfahrt und dem Sturz quälen. Die schwarze Abfahrt wird immer länger und der Sturz nur noch zu einer Nebensache.
    »Ich hab dir ja gleich gesagt, dass du es kannst«, meint Oskar, und ich schimpfe mich eine Idiotin, wer weiß, auf welche Hänge er mich morgen treiben will …
    Der lauwarme geräucherte Wels entpuppt sich tatsächlich als Gedicht. Das Rundum ist mir allerdings etwas zu viel, zu viele Kellner, die vornehmer wirken als der
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