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Eisrose

Eisrose

Titel: Eisrose
Autoren: Astrid Martni
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Prolog
     
    Sie war da! In ihrem Zimmer brannte Licht.
    Auf halbem Weg zum Nordflügel der Villa blieb die dunkel gekleidete Gestalt stehen, blickte sich um. Der Erker des Zimmers von Cathérine ragte direkt über dem heimlichen Beobachter auf. Die Fensterflügel waren weit geöffnet in dieser ungewöhnlich warmen Nacht. Der Mond war voll und erhellte die prächtige Villa.
    Die Minuten vergingen, dann endlich wurde das Licht gelöscht. Sie war zu Bett gegangen. Noch eine halbe Stunde Geduld – so lange dauerte es in der Regel, bis sie einschlief – dann war es so weit.
    Mit tastenden Händen suchte die Gestalt in einer Spalte zwischen den Steinen Halt, hob ein Bein und setzte den Fuß auf einen schmalen Absatz im unregelmäßigen Mauerwerk. Ein Blick über die Schulter zeigte, dass die Luft rein war. Verlassen lag der Garten im Mondlicht, der Duft von Jasmin und wilden Rosen hing in der Luft.
    Immer höher zog sich die Gestalt mit den Armen nach oben, zog die Beine nach und erklomm so einige Meter Mauerwerk. Wie gut, dass die Fassade so üppig verziert war, so gab es genügend Auskragungen, um vorwärts zu kommen.
    Nur noch ein kleines Stück, dann bekam die Gestalt den Steinträger zu fassen, kletterte auf den Erkervorsprung und schob sich nach oben durch das Fenster ins Zimmer. Geschafft!
    Der Eindringling unterdrückte ein Fluchen. Seit ein paar Tagen verriegelte Cathérine ihre Zimmertür, ohne diesen Umstand wäre diese verflixte Kletterei nicht nötig.
    Auf einem mit Samt gepolsterten Fensterkissen lauschte der nächtliche Gast noch ein paar Minuten in die Stille und auf Cathérines gleichmäßigen Atem. Es galt vorsichtig zu sein, denn sie sollte nicht vorzeitig geweckt werden.
    Der Geruch ihres wohlvertrauten, schweren Parfüms lag in der Luft.
    Schemenhaft konnte man erkennen, dass sie die Bettvorhänge des Himmelbettes zurückgebunden hatte. Sie enthüllten eine blonde Schönheit, die in weichen Kissen lag und unter dem um die Hüfte geschlungenen Laken nackt war. Auf dem Nachttisch stand ein Ventilator, ein glitzerndes Schminkkästchen funkelte im hereinfallenden Mondlicht.
    Es ist Zeit.
    Mit zusammengekniffenen Augen beobachtete der Eindringling das Heben und Senken von Cathérines nackten Brüsten, setzte leise einen Fuß vor den anderen, näherte sich dem Bett Stück um Stück. Wie vertraut ihre Nacktheit war. Ihre Brüste glänzten, was sicherlich von dem Jasminöl herrührte, mit dem sie sich abends stets einrieb.
    Cathérine hatte sich die ganze Zeit nicht im Schlaf bewegt. Sie lag noch immer auf dem Rücken, Mondstrahlen beleuchteten ihren schönen Körper und das anmutige Gesicht. Kein Wunder, dass jedermann so fasziniert von dieser Frau war. Selbst im Schlaf erinnerte sie an eine Göttin.
    Mit raubtierhafter Geschmeidigkeit war schließlich auch die letzte Distanz bis zur Schlafenden zurückgelegt. Der Eindringling setzte sich aufs Bett. Lange hatte er darauf hingearbeitet, den Plan in die Tat umzusetzen. Hatte sich damit beschäftigt, ihn von allen Seiten beleuchtet und versucht, sein Vorgehen vor dem inneren Auge zu visualisieren. Nun war es so weit. Es war an alles gedacht; es konnte beginnen, musste nicht länger ein Hirngespinst bleiben, sondern wurde zu einem Teil, der drängend Realität werden wollte. Es war herrlich, sich mit diesen Gedanken zu beschäftigen. Das Für und Wider abzuwägen und dem Ziel näher und näher zu kommen.
    Cathérine wurde unsanft aus dem Schlaf gerissen, als eine Hand sich fest auf ihren Mund legte. Panisch schlug sie ihre Augen auf, keuchte, zappelte, strampelte mit den Füßen. Die Hand drückte feste zu, noch fester, raubte ihr mehr und mehr die notwendige Atemluft. Und als der Griff sich endlich löste, blieb ihr keine Möglichkeit, die Lungen mit frischer Luft zu füllen, denn ein Tuch wurde ihr aufs Gesicht gedrückt. Beißender Geruch benebelte ihre Sinne. Mit flatternden Lidern blickte sie der Gestalt nach, die durch die geöffnete Tür ins Badezimmer verschwand. Das Letzte, was sie vernahm, war das Rauschen von Wasser, das in die Wanne lief. Dann fiel sie in ein schwarzes Nichts.
     
    Der Eindringling hatte sich Latexhandschuhe übergestreift, die Wasserhähne weit aufgedreht, den Abfluss verschlossen. Langsam füllte sich die Badewanne mit Wasser. In einem Schränkchen stand Badeöl, eine großzügige Portion davon landete im Strahl des einlaufenden Wassers. Um die Wartezeit zu verkürzen, wanderte die Gestalt zurück zum Bett, beugte sich lächelnd
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