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Runenschwert

Runenschwert

Titel: Runenschwert
Autoren: Low Robert
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erleuchtet waren. Es hatte nicht lange gedauert, bis ich aufhörte, beim Anblick von Häusern, die übereinander gebaut waren, wie angewurzelt mitten auf der Straße stehen zu bleiben, und mich stattdessen auf meinen Verfolger konzentrierte. Beim quietschenden Rad eines Messerschleifers blieb ich stehen und sah mich um; der Mann war immer noch da.
    Er war aus dem Norden, das war klar, denn er war größer als alle anderen hier und glatt rasiert, bis auf den langen Schnauzbart, wie er bei den eitlen Kerlen der Svear beliebt war. Auch er trug langes Haar, das er unter seiner Ledermütze nicht gerade gut versteckt hatte, und einen Umhang, unter dem er alle möglichen scharfen Waffen verborgen halten konnte.
    Ich ging weiter, vorbei an einem Stand, an dem eine Frau Kichererbsenmehl und getrocknete Feigen verkaufte. Ein Mann in einer Weste aus Schaffell bot in einem Korb Käse feil, daneben lehnten zwei Mädchen an der Mauer und hatten Mühe, bei dieser Kälte nicht laut mit den Zähnen zu klappern und trotz ihrer blau gefrorenen, zur Schau gestellten Brüste so verführerisch wie möglich auszusehen.
    Im Winter ist die Große Stadt ein trübseliger Ort. Hinter ihr liegt das Schwarze Meer und jenseits davon beginnt das Grasmeer der Rus. Sie ist düster und von einer alles durchdringenden Feuchtigkeit.
    Zu Beginn des Jahres kann es noch einmal warm werden, sodass man glaubt, der Altweibersommer sei angebrochen; doch von den letzten Erntetagen bis zum Fest der Ostara, das die Priester in Miklagard Paschal nennen, braucht man nicht auf Sonne zu hoffen, es regnet in einem fort.
    » Komm, wärme mich«, sagte eines der Mädchen. » Dann zeige ich dir, wie man das Tier mit den zwei Rücken macht.«
    Diesen Trick kannte ich. Ich ging weiter und versuchte, den Mann im Auge zu behalten, indem ich mich umdrehte und ein paar Beleidigungen losließ, dann stieß ich mit einem Wollkämmer zusammen, der mir entgegenkam und den Leuten seine Matratzenfüllungen anpries, damit ihre Kinder in der Kälte nicht erfroren.
    Die nasse, glitschige Straße, die bis zum Hafen hinabführte und sich nach beiden Seiten hin verzweigte, wurde immer belebter: Bäcker, Honigverkäufer, Lederhändler, die Riemen zum Seildrehen verkauften, und andere, die die Felle kleiner Tiere feilboten. Dies war keiner der vornehmen Stadtteile von Miklagard, es war das Viertel der verhärmten Gesichter und bettelnd ausgestreckten Hände. Hier lebten die Lahmen und Aussätzigen, von denen die meisten den Winter nicht überstehen würden.
    Es war so kalt, dass meine Sinne wie benommen waren, und meine Geduld war erschöpft. Ich musste wissen, wer dieser Mann war und warum er mir folgte.
    Also schlüpfte ich in eine Seitengasse und hob das Bündel hoch, in dem ich mein Runenschwert verborgen hielt – die einzige Waffe, die ich außer meinem Tischmesser besaß. Ich wollte ihm im Vorbeigehen mit der geschützten Klinge einen Schlag versetzen, ihn dann in die Gasse zerren und mit der Waffe bedrohen, bis er seine Absicht preisgab.
    Er spielte auch mit. Er blieb sogar am Anfang der Gasse stehen, weil er mich aus den Augen verloren hatte. Wäre ich im Schatten geblieben, dann hätte ich ihn abschütteln können. Aber ich trat hervor und schlug ihm ziemlich unsanft auf den Kopf.
    Er taumelte und schrie: » Oskilgetinn!«, woraus ich zumindest entnehmen konnte, dass ich mich nicht geirrt hatte, er war aus dem Norden – obwohl man aus seinem Brüllen auch ohne Sprachkenntnisse schließen konnte, dass es » Bastard« heißen musste. Der Fluch verriet mir auch, dass er zu den Christus-Anhängern gehörte, vielleicht sogar schon getauft war, denn nur diesen war es wichtig, ob ein Kind ehelich geboren war oder nicht. Ein Däne also, und einer von Harald Blauzahns frisch bekehrten Christen. Das konnte unangenehme Folgen haben, an die ich lieber nicht denken wollte.
    Drittens stellte ich fest, dass seine Mütze ein mit Leder überzogener Metallhelm war, dem der Schlag nicht viel ausgemacht hatte. Und viertens, dass er aus Falster war und ich ihn ziemlich wütend gemacht hatte.
    Das alles wusste ich jetzt. Aber es gab auch so manches, was ich nicht wusste, und das Schlimmste davon war, dass sein Rudergefährte in der Gasse hinter mich getreten war. Er hatte mich um Luft ringend zurückgelassen, mein Schwert war weg und die regennasse Klinge des Mannes aus Falster schwebte drohend über mir.
    » Das wird Starkad aber gar nicht freuen«, brachte ich mühsam heraus, und der große Däne
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