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Runenschwert

Runenschwert

Titel: Runenschwert
Autoren: Low Robert
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Stadt. Wir lernten, dass der Kaiser nicht der Kaiser war, sondern der Basileus. Ab und zu nannte man ihn auch den Basileus Autocrator.
    Ihrer Meinung nach waren nur sie zivilisiert, während man uns nicht erlaubte, ein anständiges Haus zu betreten, denn bestimmt würden wir entweder das Silber klauen oder die Tochter bumsen – oder beides – und die Fußböden schmutzig machen. Das alles wurde uns beigebracht, nicht von freundlichen Lehrern, sondern von Angebern und Besserwissern, die uns verachteten und über uns die Nase rümpften.
    Die Sklaven hatten es besser als wir, denn sie hatten freie Kost und Wohnung, während wir von einem fetten Halbgriechen für jeden Tag so jämmerlich bezahlt wurden, dass wir es uns weder leisten konnten, vernünftigen Wein zu trinken, noch eine Frau zu bumsen. Attilas Silber war fast aufgebraucht und noch immer hatte ich keinen Plan. Ich fragte mich, wie lange die Eingeschworenen das noch mitmachen würden.
    Sie waren schon oft an mich herangetreten, einzeln oder paarweise, wie schamhafte Verschwörer, und alle hatten dieselbe Frage gestellt: Was hatte ich in Attilas Grabhügel gesehen?
    Ich antwortete ihnen: einen Berg Silber, schwarz vom Alter, und einen Thron, auf dem Einar der Schwarze, der uns dort hingeführt hatte, jetzt für immer und ewig saß, der reichste Tote der Welt.
    Sie alle waren dabei gewesen, wenn sie es auch nicht in die Grabkammer geschafft hatten. Aber doch keiner von ihnen könnte den Weg dorthin zurückfinden, den Weg durch das unendliche Grasmeer. Ich wusste, dass es sie unwiderstehlich dorthin zog, trotz allem, was sie erlitten hatten. Obwohl sie ihre Gefährten hatten sterben sehen und den gefährlichen, schrecklichen Zauber dieses Ortes am eigenen Leib gespürt hatten.
    Doch vor allem wussten sie um den Fluch, der sie einholen würde, wenn sie den Eid brechen würden, den sie sich gegenseitig geschworen hatten. Einar hatte ihn gebrochen, und sie alle hatten gesehen, wie es geendet hatte. Deshalb wagte niemand, im Dunkel der Nacht davonzulaufen und seine Rudergefährten zu verlassen, um der Verlockung des Silbers zu folgen. Ich war mir nicht sicher, ob der Grund die Furcht vor dem Fluch war oder weil sie den Weg dorthin nicht kannten, aber sie waren Nordmänner. Sie wussten, dass dort draußen in der Steppe ein Berg Silber lag, aber auch, dass er verflucht war. Die Furcht einerseits und die Gier andererseits nagten Tag und Nacht an ihnen.
    Fast jeden Abend wollten sie in der Stille unseres behelfsmäßigen Hovs das Schwert sehen, den elegant geschwungenen Säbel, den ich mit eigener Hand in Attilas Grabhügel erobert hatte. Ein Meister hatte es geschmiedet, vielleicht ein Zwergen-Halbblut oder ein Drachenfürst, sicher kein gewöhnlicher Mensch. Es hatte in dem Amboss, auf dem es geschmiedet worden war, eine tiefe Furche hinterlassen, außerdem zog sich eine Runenschlange die Klinge entlang, ein Schlangenknoten, dessen Bedeutung niemand verstand.
    Die Eingeschworenen bewunderten diese Stahlklinge, ihren Glanz und die neuen Runen, die ich in das Heft getrieben hatte. Ich hatte diese Kunst erst vor Kurzem gelernt und brauchte Hilfe dazu, aber die Zeichen waren einfach und jeder der Eingeschworenen konnte sie lesen, auch wenn sie die Finger zur Hilfe nahmen und dabei die Lippen bewegten.
    Nur ich wusste, dass sie den Weg zu Attilas Grabhügel im Grasmeer beschrieben, so genau wie eine Landkarte.
    Eine Landkarte, die ich jetzt verloren hatte.
    All das wirbelte mir im Kopf herum, dunkel wie das Abwasser in den Gossen von Miklagard, während ich, gegen den Regen gebeugt, zu unserem schäbigen Lagerhaus ging und den großen Slawen mitschleppte. Der Wind pfiff und zerrte an uns, und draußen auf dem schwarzen Wasser tanzten die Schaumkronen wie Sterne am Nachthimmel.
    » Du machst ein Gesicht, als wärst du mit der goldhaarigen Sif zu Bett gegangen und mit der kahlgeschorenen aufgewacht«, brummte Kvasir, als ich hereingestolpert kam und den Regen aus dem Sack schüttelte, der mir als Umhang und Kapuze gedient hatte. Sein gesundes Auge leuchtete, das andere hatte keine Iris und war weiß wie bei einem toten Fisch. Er sah den Slawen von oben bis unten an und sagte nichts.
    » Thors Weib würde ihn gar nicht ansehen«, sagte eine Stimme belustigt. » Aber die griechischen Lustknaben hier, die gucken ihm nach. Vielleicht ist das die Lösung für uns, was Orm?«
    » Den Weg durch die Hintertür?«, spottete Finn Rosskopf mit elegantem Hüftschwung, wobei er über
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