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Runenschwert

Runenschwert

Titel: Runenschwert
Autoren: Low Robert
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zusammen ein Bier trinken gehen. Meine Knie zitterten noch immer, was das Theaterspielen etwas schwierig machte.
    » Mein Vater sagte immer, man kann einen Mann nach seinen Feinden beurteilen«, bemerkte Radoslaw aufgeräumt. » Dann bist du also ein großer Mann, obwohl du noch so jung bist, denn dein Feind ist kein Geringerer als König Blauzahn, der Däne.«
    » Und ebenso der junge Prinz Jaropolk, der Rus«, fügte ich vorsichtig hinzu, um seine Reaktion zu testen, denn von dort kam er ja. Als ich den ältesten Sohn des Königs der Rus erwähnte, machte er zwar große Augen, sagte aber nichts. Schweigend gingen wir ein paar Schritte und ich merkte, wie sich mein rasendes Herz langsam beruhigte.
    Verzweifelt versuchte ich nachzudenken. Ich war fassungslos über meinen Verlust, aber immer noch sah ich das Messer, das unter dem Ohr des Dänen aus dessen Hals herausragte, und das Blut, das gezischt hatte wie das Wasser unterm Kiel. Wenn man neben einem Mann geht, der einem anderen so etwas antun kann, dann ist es besser, vorsichtig zu sein.
    » Was hat er gestohlen?«, fragte Radoslaw plötzlich. Der Regen lief über sein Gesicht, das mit seinen Erhebungen und schattigen Vertiefungen wie eine Maske aussah.
    Was hatte er gestohlen? Eine gute Frage, und schließlich antwortete ich wahrheitsgemäß.
    » Die Runenschlange«, sagte ich. » Den Firstbalken unserer Welt.«
    Ich brachte ihn zu unserem Hov, den wir in einem verfallenen Lagerhaus am Hafen bezogen hatten. Nicht, weil ich diesem Radoslaw einen besonderen Gefallen tun wollte, sondern weil man es mit jedem Gast täte, der einem das Leben gerettet hat.
    Sighvat und Kvasir, der kleine Eldgrim und die anderen Eingeschworenen mussten sich bereits um die rauchende Feuerstelle drängen. Sicherlich sprachen sie wie so oft über Orms Pläne, mit ihnen in einem schönen Schiff übers Meer zu fahren, damit sie sich endlich wieder wie richtige Männer fühlen konnten. Nur dass Orm keinen solchen Plan hatte. Meine Pläne hatte ich aufgegeben, als ich vor Monaten das Dutzend Eingeschworene sicher von Attilas Hügelgrab fortgebracht und die Steppenvölker mit dem wenigen bezahlt hatte, was mir an Silber aus dem überfluteten Grab noch übrig geblieben war. Fast wäre ich ertrunken, als das Gewicht des Silbers, das ich in meine Stiefel gesteckt hatte, mich ins Wasser hinunterzog.
    Nachdem man uns an der Kaimauer abgesetzt hatte, konnte ich die Eingeschworenen nicht einfach verlassen. Wie ein Rudel herrenloser Hunde hatten sie mich angesehen. Mich. So jung, dass jeder von ihnen mich hätte Sohn nennen können. Und doch nannten sie mich ihren Jarl und prahlten damit, dass Orm der klügste Kopf war, mit dem sie je ein Trinkhorn geleert hatten, selbst dann noch, als mir vor Staunen über die Größe, den Reichtum und die Wunder der mächtigen Römerstadt der Mund weit offen stehen blieb.
    Hier waren die Menschen frei und verbrachten ihre Zeit bei den Pferde- und Wagenrennen im Hippodrom, wobei sie mit wütendem Eifer ihren Blauen oder ihren Grünen anfeuerten, schlimmer als alles, was ich von zu Hause her kannte, so dass es in der Stadt regelmäßig zu Ausschreitungen kam.
    Die verkohlten Balken vom Vorjahr zeigten noch deutlich, wo es gebrannt hatte, angestachelt von Gegnern des Nikephorus Phocas, der hier herrschte. Es war zu keinem Großbrand gekommen und niemand wusste, wer das Feuer gelegt hatte. Zwar flüsterte man hier und da den Namen Leo Balantes, aber der hatte sich zusammen mit seinen Bundesgenossen längst aus der Stadt abgesetzt.
    Eine Stadt mit dunklem Herzen also, in der Niedertracht und Verrat sich breitmachten. Blutfehden kannte man bei uns zwar auch, aber für die Hinterhältigkeiten in Miklagard hatten wir genauso wenig Verständnis, wie für die ungestüme Leidenschaft für das Wagenrennen oder die Lust, Pferde um die Wette laufen statt sie gegeneinander kämpfen zu lassen.
    Wir waren wie naive Kinder auf einem großen Schiff, die schnell lernen mussten, wie die Arbeitsabläufe waren. Wir lernten, dass es eine Beleidigung war, die Leute hier Griechen zu nennen, denn sie betrachteten sich als Römer, und zwar als die einzig wahren Römer, die es noch gab. Doch alle sprachen und schrieben Griechisch und die meisten konnten nur wenig Latein – was sie aber nicht hinderte, ihre eigene Sprache damit zu verunstalten.
    Wir erfuhren, dass sie in Neu Rom wohnten. Nicht in Konstantinopel, noch in Miklagard oder in Omphalos, dem Nabel der Welt, oder gar in der Großen
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