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Runenschwert

Runenschwert

Titel: Runenschwert
Autoren: Low Robert
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seinen Witz vor Lachen brüllte. Bruder Johannes warf ihm einen vernichtenden Blick zu und Finn verstummte in gespielter Beschämtheit, stieß aber seinen Nebenmann an, um sicherzugehen, dass er seinen Witz gehört hatte.
    » Hör nicht auf sie«, sagte Bruder Johannes und nahm mich beim Ellbogen. » Komm, setz dich hin. Wir haben einen schönen Topf mit … was zu essen. Das Gemüse hat Sighvat geklaut, Finn hat die Tauben gefangen. Und hier ist ein Blech mit Fladenbrot, für unseren Gast reicht es auch.«
    Die Männer machten Platz an der Feuerstelle, und Bruder Johannes ging voraus. Dann gab er uns die Näpfe und Brot und zwinkerte uns zu. Radoslaw sah auf den Inhalt seiner Schale, und es war klar, dass dieser Eintopf mit Tauben aus der Stadt nicht das war, was er zu essen gewohnt war; auch diese Halle, durch die der Wind pfiff und die Glut im Becken anfachte, war wohl ein wenig unter seiner Würde. Doch er grinste gutmütig und aß, offenbar fühlte er sich ganz wohl. Ich nahm meinen Napf, aber mein Mund fühlte sich an, als sei er voll Asche.
    Ich stellte Radoslaw vor und erzählte, warum er hier war und dass das, was wir alle befürchtet hatten, eingetreten war – das Runenschwert war weg. Die Stille war erdrückend. Nur der Wind war zu hören, der mit den kurzen Locken auf Bruder Johannes’ Stirn spielte. Es war eine Stille, als sei unsere Welt eingestürzt.
    Bruder Johannes war auf dem Schiff gewesen, mit dem wir über das Schwarze Meer gekommen waren. Der Grieche und seine Mannschaft dachten, er gehöre zu uns, wir dachten, er gehöre zu ihnen und keiner erfuhr die Wahrheit, bis wir von Bord gingen. Dieser Loki-Trick hatte uns Bruder Johannes sofort sympathisch gemacht; und dann hatte er uns alle in Erstaunen versetzt, als er erzählte, er sei ein Christenpriester.
    Nicht so einer wie Martin, dieser verschlagene Mönch aus Hammaburg, den ich hätte töten sollen, als ich die Gelegenheit dazu hatte. Bruder Johannes kam aus Dyfflin und war ein ganz anderer Kerl. Er rasierte seinen Kopf nicht in der Mitte wie die anderen Priester, er rasierte ihn vorn – und auch nur, wenn er Lust dazu hatte. » Wie die Druiden in alten Zeiten«, sagte er, als wir ihn fragten.
    Er trug auch keine besonderen Gewänder und trank und bumste und kämpfte wie alle anderen, obwohl er einem Pony kaum bis zum Arsch reichte. Er versuchte gerade zum zweiten Mal, nach Serkland zu kommen, um von dort die heilige Stadt seines Christus zu erreichen. Beim ersten Mal war er gescheitert, aber wie er sagte, habe er es dringend nötig, gerettet zu werden.
    Ich hatte es ebenfalls nötig und konnte niemandem ins Gesicht sehen.
    » Starkad«, murmelte Kvasir. » Seine Mutter soll verrecken.« Er ließ den Kopf hängen. Alles knurrte und stöhnte und schniefte, was unsere Stimmung perfekt widergab, am schlimmsten jedoch war die verzweifelte Stille, die dann folgte.
    Schließlich sprach Sighvat. » Wir müssen es zurückholen«, verkündete er, und Kvasir schnaubte verächtlich ob dieser Binsenweisheit.
    » Ich reiß ihm den Kopf ab und pisse ihm in den Hals«, knurrte Finn, und ich war mir nicht ganz sicher, ob er damit Starkad meinte oder mich. Radoslaws nächster Bissen blieb auf halbem Weg in der Luft stehen; er hörte auf zu kauen und sah von einem zum anderen. Erst jetzt wurde ihm klar, dass etwas wirklich Wertvolles gestohlen worden war.
    » Starkad«, sagte Finn mit einer Stimme wie ein Mahlstein. Er stand auf, zog seinen Sax und sah mich auffordernd an. Die anderen brummten zustimmend und auch ihre Messer blitzten auf.
    Über mir schlug die Verzweiflung zusammen. » Er arbeitet für Choniates, den Griechen«, sagte ich.
    » Ja, richtig, dort haben wir ihn gesehen«, stimmte Sighvat zu.
    Finn zwinkerte nervös, denn er wusste, was das bedeutete. Choniates war mächtig; er hatte Geld, und damit konnte er nicht nur bewaffnete Wächter bezahlen, sondern auch das Gesetz beeinflussen. Wir waren Nordmänner, und Nordmänner hatten nicht viel zu lachen in der Großen Stadt. Die Bewohner von Miklagard wussten aus bitterer Erfahrung, was die Nordmänner während der langen, dunklen Winter in ihren Hallen trieben, besonders Männer, die keine eigenen Weiber hatten, um sie zurückzuhalten. Die tabernae und die Straßen der Großen Stadt wollten keine trinkenden, grölenden Nordmänner, die einander oder gar die Bewohner umbrachten – deshalb hatte die Stadt eigens für sie ein Gesetz erlassen, das Svearengesetz. Wir durften keine Waffen tragen und
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