Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ruinen der Macht

Ruinen der Macht

Titel: Ruinen der Macht
Autoren: Robert E. Vardeman
Vom Netzwerk:
Zahlreiche hochlehnige Stühle umstanden ihn. Am Kopfende wartete ein größerer gepolsterter Stuhl auf Sergio Ortega. Er setzte sich, warf einen Blick auf die für ihn aktivierten Monitore, dann atmete er tief durch und drückte einen in der Tischplatte eingelassenen Knopf.
    Eine Doppeltür schwang auf der gegenüberliegenden Seite weit auf.
    »Hereinspaziert«, dröhnte Sergio herzlich und klang wie in alten Zeiten. »Schön, dass Sie kommen konnten, Legat Tortorelli. Sie auch, Ministerin.«
    Austin verdrehte den Hals und sah den Legaten hereinstolzieren, begleitet von der Informationsministerin. Tortorelli war ein kleinwüchsiger Mann, der seine besten Tage bereits hinter sich hatte. Sein erheblicher Leibesumfang ließ keinen Zweifel daran, dass seine große Zeit als aktiver Militär vorbei war, auch wenn ein Dutzend Orden auf der Uniform tanzte und klimperte. So sehr er sich auch bemühte, Austin hatte es nie geschafft, mehr als drei davon zu identifizieren. Es war geradezu überraschend einfach für ihn, den Legaten abzuqualifizieren. Tortorelli mochte von Präfekt Radick persönlich ernannt sein und sich auf das ganze militärische Gewicht der Präfektur IV berufen können. Aber der Kollaps des interstellaren Kommunikationsnetzes hatte dieser Autorität Gewicht genommen und den Mann auf seine eigenen, beschränkten Möglichkeiten zurückgeworfen.
    Trotz Tortorellis Anwesenheit glitt Austins Blick sofort weiter zur Ministerin für Information, Lady Elora Rimonowa. Sie war keine Schönheit, er hätte sie nicht einmal als attraktiv bezeichnen können, aber sie verfügte über eine gewisse Qualität, die Aufmerksamkeit auf sich zog. Wann immer sie einen Raum betrat, in dem sich eine größere Anzahl von Menschen befand, verstummten deren Gespräche und alle Blicke folgten ihr. Sie war groß, so schlank, dass es an Ausgemergeltheit grenzte, und hatte stechende smaragdgrüne Au-gen, die in krassem Kontrast zur blutleer wirkenden, alabasterweißen Haut und den rostroten Haaren standen. Rimonowa musterte die Welt grundsätzlich von oben herab mit abfälligem Blick, die kaum sichtbaren Lippen unter der Adlernase zur Andeutung eines verächtlichen Grinsens verzogen. Aber wenn sie sprach, bewies ihre Stimme einen loreleihaften Zauber.
    Austin hatte mit ihr im Laufe der Jahre an verschiedenen Konferenzen teilgenommen, aber jetzt fragte er sich, ob er sie jemals wirklich gesehen hatte. Ihre beeindruckende Präsenz hatte ihn bis jetzt immer überwältigt, und er war froh über jede Gelegenheit gewesen, sich aus dem Staub zu machen, damit er unter vier Augen mit seinem Vater reden konnte. Diese Begegnung schien anders. Es war fast, als wollte sein Vater, dass er sie studierte. Eine ungewöhnliche weiße Haarsträhne knapp über Rimonowas rechtem Ohr wirkte irgendwie fehl am Platze, und die silbernen und goldenen Ringe an all ihren langen, knochigen Fingern standen in noch deutlicherem Widerspruch zur eher spartanischen Kultur Mirachs. Die vorherrschende Mode verbat mehr als einen, höchstens zwei Ringe, eine Sitte, die noch aus der Frühzeit der Besiedlung des Planeten stammte, als Edelmetalle für lebenswichtigere Aufgaben als die persönliche Verschönerung benötigt wurden.
    »Gouverneur«, begrüßte Lady Elora Austins Vater mit seidiger, verführerischer Stimme. »Es tut mir Leid, so brüsk sein zu müssen, aber falls Sie eine Verlautbarung für die Hauptnachrichten heute Abend haben, brauche ich sie jetzt bald.«
    »Ich weiß. Ich kenne den Zeitplan«, antwortete Sergio wie zu jemandem in einem anderen Raum, wenn nicht gar einer anderen Dimension. »Heutzutage, wo uns über das HPG keine Informationen von anderen Welten mehr erreichen, sind die Nachrichten wichtiger denn je.«
    »Vielen Dank für Ihr Verständnis. Ohne Ihre offiziellen Versprechungen wären die Unruhen in der Bevölkerung weit schlimmer, als sie es ohnehin sind.« Die verächtliche Neigung ihrer Lippen verbrei-terte sich zu etwas, das Elora vermutlich für ein einschmeichelndes Lächeln hielt.
    Austin kannte die offiziellen Verlautbarungen des Informationsministeriums und staunte über den dünnen Schleier der Wahrheit über einem Grundtenor des Verrats. Lady Elora leitete die regierungsamtliche Nachrichtenagentur und hatte den Auftrag, die Position des Gouverneurs vor der Öffentlichkeit zu vertreten. Aber die aus ihren Veröffentlichungen ablesbare Haltung deckte sich zuweilen kaum mit dem, was Austin als die seinem Vater zustehende Loyalität
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher