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Ruf Des Dschungels

Ruf Des Dschungels

Titel: Ruf Des Dschungels
Autoren: Sabine Kuegler
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hatte sich die Welt, die mir einmal so vertraut war, im Laufe der Zeit völlig verändert? Und inwieweit hatte ich mich selbst verändert?
    Beim Landeanflug auf Jayapura hielt ich den Atem an. Dann sah ich sie, meine geliebten Hügel, deren helle, grasbewachsene Kuppen nun in Sicht kamen, und gleich dahinter das traumhaft schöne dunkelblaue Meer, das sich bis zum Horizont erstreckte. Mein Atem ging schneller, ich vergaß die Welt um mich herum und hörte auch nicht, als über Lautsprecher die bevorstehende Landung angekündigt wurde. Wie lange hatte ich von genau diesem Augenblick geträumt! Wie hart hatte ich dafür gekämpft, jetzt hier zu sitzen, mit Blick auf diese vertraute Landschaft!
    Ein Ruck durchfuhr mich, als die Maschine auf der Landebahn aufsetzte, als die Bremsen das Flugzeug zum Stehen brachten. Völlig versunken starrte ich aus dem Fenster. Allmählich erkannte ich die einzelnen Gebäude am Rande der Piste wieder. Ja, es waren ein paar neue dabei. Aber dort drüben, zu meiner Linken, stand noch immer der Hangar, wo ich als Kind so oft gespielt hatte. Dort hatten die kleinen Flugzeuge gestanden, mit denen wir nach Danau Bira geflogen waren, der Dschungelbasis, wo wir anfangs lebten. Und jetzt sah ich eine dieser Propellermaschinen, die, weiß und hellblau, in der Sonne schimmerte. Ich konnte den Blick einfach nicht abwenden, alles war wie damals – angefangen von dem Berg, auf dem man ein Flugzeugwrack aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden hatte, über die Grashügel, die vertrauten Bäume und die Holzhäuser bis hin zu den Menschen! Das Herz schlug mir bis zum Halse, als ich die Papua sah. Wie schön sie waren mit ihrer dunklen, schimmernden Haut, dem schwarzen, lockigen Haar, den großen dunklen Augen und charakteristischen Nasen. Auch wenn ich es gar nicht wollte, ich musste sie einfach anstarren und hätte am liebsten gar nicht mehr aufhören mögen.
    Jemand schob mich den Gang zwischen den Sitzreihen entlang, und ich setzte mechanisch einen Fuß vor den anderen, bis ich den Ausgang der Maschine erreicht hatte. Endlich! Mein erster Schritt nach draußen. Ein heißer Windstoß erfasste mich, eine Wolke von Düften, so aufregend, so heimatlich. Langsam ging ich die Gangway hinunter, Stufe für Stufe, und betrat nach mehr als fünfzehn Jahren erstmals wieder vertrauten Boden.
    Ich lief los. Und mit jedem Schritt veränderte ich mich. Mit jedem einzelnen Schritt fiel eine Last von mir ab, mit jedem Schritt ließ ich einen anderen Schmerz hinter mir, eine andere Angst. Je näher ich meinem Ziel kam, desto leichter fühlte ich mich. Ich hob den Kopf, straffte den Rücken, und auf einmal spürte ich, wie mein Herz zu fliegen begann. Jede Zelle in meinem Körper erwachte zu neuem Leben, Wärme durchfloss mich, und als ich in den klaren blauen Himmel hinaufsah, hatte ich nur einen Gedanken: Ich bin wieder zu Hause!

[home]
2 Jayapura
    I m Hauptgebäude wurde ich sofort von einer aufgeregt umhereilenden Menschenmenge erfasst, ein jeder auf der Suche nach seinem Koffer. Ich ließ mich im Getümmel mittreiben. Wie in Trance beobachtete ich die Einheimischen, ihre farbenfrohen Kleider, die sich deutlich vom Grau und Braun der Wände im Hintergrund abhoben. Ich war völlig entspannt, so ganz ohne Zeitnot und Termindruck, atmete tief ein und saugte alles in mich auf: die tropische Luft, die Gerüche, die Atmosphäre.
    Eine vertraute Stimme riss mich aus meiner Versunkenheit. Ich entdeckte Papas hoch aufragende weiße Gestalt, die sich durch die Menschenmenge einen Weg zu mir bahnte. Wie ich mich freute, ihn wiederzusehen! Wir schlossen uns in die Arme, er fühlte sich verschwitzt an, und ich hatte den Eindruck, dass er ein paar Kilo zugelegt hat. Ich konnte nicht aufhören zu lächeln, eine freudige Aufregung hatte von mir Besitz ergriffen.
    Nachdem wir uns begrüßt hatten, fragte Papa mich nach meiner Gepäcknummer.
    Verwirrt sah ich ihn an, ich konnte mich beim besten Willen nicht erinnern, eine solche Nummer bekommen zu haben.
    »Sie müsste auf der Rückseite deines Tickets stehen«, sagte Papa.
    Das lange erwartete Wiedersehen mit Papa
    Ich kramte in meiner Tasche und holte den Flugschein hervor. Und tatsächlich, auf der Rückseite klebte ein kleiner Zettel mit einer Nummer.
    Papa grinste. »Na siehst du. Dies hier ist übrigens der einzige Flughafen, den ich kenne, bei dem man das Gebäude erst verlassen darf, wenn das Gepäck anhand der Nummer kontrolliert wurde.«
    »Ist ja strenger als in
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