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Roxelane

Titel: Roxelane
Autoren: Johannes Tralow
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Gott“, unterbrach der Pope die Rosska jedoch schnell, um sie nur nicht erst zu hören, und auch das noch sprach er über sie hin; denn er wußte wohl, daß sie ihn nicht verstehen würde. „Gott will, daß man seine Feinde liebe“, fuhr er um so strenger fort, „du weißt es!“
    „Auch Pjotr soll ich lieben?“
    „Auch ihn.“
    Rosska ließ Serafim vieles hingehen. Dieses aber war ihr zu viel!
    „Gott will also“, ging sie ihn unbarmherzig an, „daß man eine kleine Katze totquälen lassen soll, wenn die Feinde es wollen?“
    Und was Rosskas Absicht gewesen war, geschah auch.
    Serafim schwieg.
    Er betete. Sie sei eine schwere Prüfung für seine Unzulänglichkeit, betete er in sich hinein.
    „Mein Kind“, hob er dann mit einem neuen Entschluß an, „vielleicht, nein ganz gewiß schickte Gott dir dies Unglück nur . . Doch plötzlich durchstieß ein Gedanke sein Herz, und fast flehend forschte er: „Denn es war doch ein Unglück, meine Rosska?!“
    Wenn aber Rosska auch sonst recht gut mit einer heilsamen Lüge umzugehen wußte - das eine war es, was sie so mit Serafim verband, daß sie noch nie vor ihm gelogen hatte.
    „Ich weiß es nicht“, sagte sie nur.
    „Mein Seelchen“, bettelte Serafim, „besinn dich! So schwer wolltest du den Pjotr doch gar nicht treffen?!“
    Seine beschwörenden Augen bedrängten sie schmerzlich. Aber dennoch hielt sie ihnen stand.
    „Ich weiß es nicht.“
    Serafim war jung, und alles, was seine Jugend an Feuer besaß, kam angesichts dieser Verschlossenheit als Verzweiflung über ihn. Von ihm werde Gott diese Seele fordern, ängstigte er sich. Und so beugte er seine Knie stürmisch vor Gott. Doch vor der, die sich nicht beugen konnte und die er dennoch lieben mußte, fiel er nieder.
    „Rosska!“ rief er. „Vergiß nicht! Christus ist für alle gestorben, allen verzeiht er, die wahrhaft bereuen. Bete mit mir, Rosska, daß Gott dir die wahre Reue gewähre!“
    Doch Rosska schüttelte den Kopf.
    „Ich kann nicht“, sagte sie.
    „Was kannst du nicht?“
    „Es hilft nichts, Serafim. Ich kann nicht bereuen.“
    Serafims Glut erlosch in einem einsamen Schweigen.
    Unterdes machte sich Rosska mit ihrem Schützling zu schaffen und störte den Popen nicht.
    Als Serafim sich dann aber erhob, war er gar nicht mehr so jung, wie er nach seinen Jahren hätte sein können.
    „Verzeih mir“, bat er leise, „ich war zu heftig.“
    „Bist du mir böse?“ fragte sie ihn, den sie so hart hatte kränken müssen, voll Mitleid. „Komm ich nun nicht in den Himmel?“
    Sogar ein kleines verlegenes Lächeln legte sich jetzt um seinen längs! wieder geduldigen Mund, als er mit der Rechten ihren Scheitel berührte.
    „Armes Seelchen“, sagte er. „Was meinst du, wollen wir warten? Wollen wir zusammen warten?“
    „Ich will ja gern in den Himmel kommen“, erklärte Rosska, um ihn zu beruhigen. „Es ist dort gewiß wie in der heiligen Stadt, nur viel, viel schöner.“
    „Vielleicht.. .erklärte Serafim mit der Unbekümmertheit eines, der nie in einer heiligen Stadt gewesen war.
    „Bestimmt!“ behauptete Rosska mit größtem Entgegenkommen.
    Und nun begann ein großes kindliches Raten um die heilige Stadt, von der beide nur ganz verklärte Gesichter hatten. Sie träumten den Traum der Saporoger Kosaken.
    Wohin sollten sich die Saporoger mit ihren Träumen auch wenden? Im Süden die ungläubigen Tataren, die nicht einmal Ketzer waren, sondern Allah anriefen. Im Norden der unvermeidliche Zusammenprall mit den römisch-katholischen Polen, die in der Ukraine die Herren waren. So standen die Saporoger in der Brandung der Völker-und Glaubenswogen allein.
    Einen Vater aber mußten sie über sich wissen, der wenigstens für sie betete. Denn was sonst zu tun war, besorgten sie selbst. Nur mit dem Beten wurden sie allein nicht immer so recht fertig, bei welcher Sache ihnen denn auch der heilige Patriarch ein rechtes Labsal und ein Hort war.
    Und außerdem war er auch fern!
    Denn viele Tage stromabwärts kam erst das weite Haff, und nach dem Haff kam das wilde Meer, das Meer der Handels- und Raubzüge, das Schwarze Meer.
    So wußte es jeder, und es gab keinen Mann auf Chortiza, der das Schwarze Meer nicht befahren hätte. Aber kaum einer hatte seine Unendlichkeit durchmessen und war an das andere Ufer gestiegen. Erst jenseits aber lag inmitten der Meere die Stadt Kaiser Konstantins, die heilige Stadt Konstantinopel.
    Der Sitz großer Kaiser war sie freilich gewesen. Seit die
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