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Rotzig & Rotzig

Rotzig & Rotzig

Titel: Rotzig & Rotzig
Autoren: Jörg Juretzka
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Gänge, runter vom Flugplatz, vorbei an der sich im Schnee krümmenden Gestalt Jean-Luc Reiffs, durch das Tor und hinaus in die Nacht.
    „Woher willst du wissen, dass nicht Peelaert im ersten Auto sitzt?“, flüsterte ich.
    „Ey, Hausmeister, was ist denn mit deiner Stimme?“ Yves' fragendes Gesicht erschien im Innenspiegel. „Und was mit deiner Backe? Meine Fresse, ist die dick.“
    „Und wieso hast du uns aus dem Flugzeug geholt? Mann, wir waren auf dem Weg in Urlaub. Wir waren noch nie in Urlaub.“
    „Außer auf Klassenfahrt. Nach-“, spuckendes Geräusch, „Wangerooge.“
    Mit dem Rücksitz voll vorwurfsvollen Gequengels flogen wir den Hügel hinab, den wir uns vorhin so mühsam hochgequält hatten. Leylas Hände verkrampften sich in die Sitzpolster, also ging ich ein bisschen vom Gas. „Scheiße. Und jetzt sollte es nach Bahrain gehen, hörst du? Bahrain, das ist 'ne Insel, wo das ganze Jahr die Sonne scheint.“
    „Und dann kommst du an und versaust alles.“ Mir war nach einer Entgegnung, doch das Fahren verlangte mir alles ab.
    „Onkel Ali hat ein Haus am Meer, weißt du, und 'nen Swimmingpool, und wir hätten mit Quads durch die Wüste brettern können. Und nie mehr zur Schule gehen müssen. Scheiße.“
    „Und er hat einen Wurf kleine Hunde, lauter Golden Retriever, er hat uns ein Foto gezeigt, so süß, und wir hätten uns jeder einen aussuchen dürfen. Mann!“ Ich spürte einen trotzigen Kick in meine Rückenlehne, und als ich in den Innenspiegel sah, bemerkte ich winzige Tränchen echter, wütender Enttäuschung in den Augenwinkeln der beiden.
    „Das Foto hat Onkel Ali schon lange“, krächzte ich. Wir hatten den Wald- und den Wanderweg hinter uns, und ich bog schlingernd auf die beleuchtete Straße nach Echternach. „Schon seit Jahren. Das zeigt er allen kleinen Jungs.“
    Ein etwas brummiges Schweigen entstand, in dem beide nachdenklich blickten und sich abwechselnd von Struppi übers Gesicht lecken ließen. Struppi liebt jeden, der kleine Hunde mag.
    „Hm“, machte der eine schließlich. „Der war schon ein bisschen komisch, der Ali. Wollte uns dauernd streicheln.“
    „Ich glaube, der hätte uns auch gerne seinen Pimmel gezeigt.“
    „Aber Jean-Luc hat ihn nicht gelassen.“
    „Und Jean-Luc wäre nicht mitgeflogen nach Bahrain“, erinnerte ich sie.
    „Trotzdem.“
    So ganz, spürte ich, war das Thema wohl noch nicht vom Tisch.
    Selbst durch die zugezogenen Vorhänge drang das Blaulicht von allen Seiten herein. Sie mussten eine Hundertschaft um die Cafebar gruppiert haben. Leyla brachte mir einen frischen, in ein Geschirrtuch gewickelten Eisbeutel, strich mir über die nichtgeschwollene Wange. „Bist du sicher, dass du das Richtige tust?“, fragte sie sanft.
    Ich zuckte die Achseln. Ob ich mir sicher war oder nicht, ob ich dabei war, das einzig Richtige zu tun oder das komplett Falsche - viel war daran im Moment eh nicht zu ändern.
    „Wir kommen ins Fernsehen“, meinte Yves, der zusammen mit Sean durch die Vorhangschlitze linste. „Geil.“ Das Telefon summte, und ich ging ran. „Warten Sie“, sagte Commissaire Leblanc in einem, wie ich fand, angesichts der Umstände erstaunlich aufgeräumten Tonfall. „Lassen Sie mich sehen, ob ich auch nichts vergesse. Schwere Körperverletzung. Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr. Fahrerflucht. Amtsanmaßung. Einbruch. Landfriedensbruch, schwere Körperverletzung, gefährlicher Eingriff in den Luftverkehr. Totschlag. Ganz allmählich beginne ich zu verstehen, warum Ihr Hauptkommissar Menden immer redet, als sei er dabei, Rasierklingen zu zerbeißen, sobald Ihr Name fällt. Und jetzt auch noch Geiselnahme. Bis ich mit dem Tippen meiner Berichte fertig bin, ist Sommer.“
    „Ich werde das alles erklären.“
    „Sie können sich gar nicht vorstellen, wie sehr ich mich darauf freue.“ Leblanc klang vollkommen aufrichtig, als er das sagte.
    „Kommt Menden?“ Ich hatte mich mit Leyla und den Jungs in der Cafebar verschanzt, weil ganz einfach unmöglich zu sagen war, wer von der Luxemburger Polizei außer Peelaert noch alles in die Machenschaften Reiffs verstrickt war. Und ich wollte kein Risiko mehr eingehen. Nein, keins mehr. Irgendwann ist es genug. „Ja, er kommt. Die deutsche Bundespolizei fliegt ihn mit einem Hubschrauber ein. Dauert nur noch ein bisschen.“
    „Was ist mit Peelaert?“ Als Allererstes nach Eintreffen in der Bar hatte ich Heckenpennes angerufen und vorgewarnt. Doch Heckenpennes war gelassen
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