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Rotzig & Rotzig

Rotzig & Rotzig

Titel: Rotzig & Rotzig
Autoren: Jörg Juretzka
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dem Kopf voran hart auf dem Boden auf. Etwas flog ihm aus den Händen dabei und schlitterte über die Runway.
    Ich warf mich drauf, wie man sich vom Startblock ins Wasser stürzt. Es war eine Maschinenpistole. Ich packte sie, sprang auf die Füße, fand den Griff, den Abzugsbügel, und das Biest ratterte in meinen Händen los und spie eine rasende Abfolge von blauroten Flammen in den Nachthimmel.
    Die schwarz gekleidete Gestalt in der Kabinentür des Flugzeugs sprang zur Seite, zurück ins Innere. Die andere, die Beine noch halb die Treppe hoch, Kopf in einer schwarzen Lache, rührte sich nicht. Hastig stolperte ich zurück unter den Flugzeugrumpf. „The boys!“, hauchte ich, kaum hörbar, die Stimmbänder komplett in Fransen, „send the boys out!“ Leyla erschien an meiner Seite und wiederholte die Forderung, deutlich lauter, doch auch ihre Stimme war nicht wirklich bei Kräften.
    Keine Ahnung, was der Pilot vorhatte, aber die Turbinen drehten wieder hoch, anscheinend bei Umkehrschub, denn der Rumpf ruckte ganz leicht rückwärts. DieTreppe kratzte auf dem Asphalt. Ich drehte die Waffein meinen Händen auf die Seite und hielt sie ins Lichtder Startbahnleuchten. Ein kleiner Drehknauf, nichtunähnlich dem an einer Bohrmaschine, ließ einem dieWahl zwischen rapid und Single, ergänzt durch grafische Darstellungen dessen, was dabei jeweils zu erwarten war, vorn aus der Mündung. Auch der einfältigsteDrogengangster oder Kindersoldat muss bei Handhabung unseres Produktes sofort wissen, was Sache ist, oder was sonst in den Köpfen solcher Hersteller vorgehen mag. Wie auch immer, bei momentaner Einstellung rapid zeigte die Grafik:. Ich drehte den Knauf zu Single ( - ), zielte auf das Bugrad des Jets, drückte ab. Die Waffe zuckte in meiner Hand, der Reifen explodierte sehr zufriedenstellend, und die Nase des Flugzeugs senkte sich ruckartig eine gute Handbreit. Das Pfeifen der Turbinen verstummte auf einer irgendwie resignativ klingenden Note. „The boys!“, schrie Leyla. „Out! Now!“ Es gab ein kurzes Fußgetrampel über unseren Köpfen und wahrscheinlich auch die eine oder andere hitzige Debatte. Ich nahm schon mal die Reifenpaarungen des Hauptfahrwerks ins Visier, zögerte nur noch, weil ich keine Ahnung hatte, wie viel Munition in dem gebogenen Magazin verblieben war und wie viel ich unter Umständen noch brauchen würde. Da erschien das erste Paar schmaler Knöchel oben auf der Treppe, dann das nächste. Ein paar Schritte abwärts, und der eine akkurate Blondschopf drehte sich zu mir, dann der andere. Sie sahen gut aus, frisch, wirkten, zumindest auf den ersten Blick, nicht traumatisiert oder auch nur verängstigt. Eher im Gegenteil.
    „Ey, Hausmeister“, bellte der eine, „bist du bescheuert geworden?“
    „Wir sind auf dem Weg in den Urlaub!“, meckerte der andere und stampfte wütend mit dem Fuß auf. Und all die Mühen und Gefahren haben sich doch gelohnt, dachte ich gallig.
    „Hierher!“ Ich winkte die beiden energisch zu mir. Mit, wie mir auffiel, der Waffe. Kommt irgendwie automatisch, so was. Sie rührten sich nicht von der Stelle. „Ja Scheiße“, sagte der eine zu seinem Bruder. „Kuck dir mal den Reifen da vorne an. Der Vogel hier fliegt so bald nirgendwo hin.“
    „Und was ist, wenn der Pilot 'n Ersatzrad dabeihat?“
    „Selbst wenn, kannste mir mal sagen, wo der 'nen Wagenheber ansetzen soll?“
    Spezialisten, was mutwillig zerstörte Bereifung angeht, unter sich.
    „Nun kommt schon!“
    Langsam, widerwillig, maulig stiegen sie die letzten Stufen herab, Reisetaschen in den Händen.
    „Ey, hast du Salim fertiggemacht?“, fragte mich der eine.
    „Respekt.“ Beide bückten sich nach dem reglosen Bodyguard, und ich brauchte einen Moment um zu begreifen, was sie da machten. „Wird's bald?“, krächzte ich. „Beeilung“, rief Leyla.
    „Ja, ja. Nur keine Hast“, meinte der eine Bengel, richtete sich auf und begann, ein flaches Bündel Dollarscheine zwischen sich und seinem Bruder aufzuteilen. „Uns werden sie schon nichts tun. Oder?“ Die Frage war an die Kabinentür gerichtet, in deren Richtung nun beide theatralische, hochironische Kusshändchen warfen. Dann kamen sie endlich unter den Bauch des Flugzeugs, wir hasteten nach vorn und stiegen alle in den Toyota. Gerade noch rechtzeitig, denn vom Hauptgebäude her näherte sich eine Woge flackernden Blaulichts. „Willst du nicht lieber warten?“, fragte Leyla besorgt, doch ich schüttelte den Kopf und jagte den Motor durch die
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