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Rotzig & Rotzig

Rotzig & Rotzig

Titel: Rotzig & Rotzig
Autoren: Jörg Juretzka
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der Kollege unmenschlich schwer damit, irgendwas Positives über Sie zu äußern?“
    „Mit der Zeit lernt man, die Zwischentöne zu deuten.“
    „Also, hätten Sie Interesse?“
    „Fragen Sie mich in ein paar Tagen noch mal. Ich habe gerade eine Sinnkrise.“
    „Wegen unseres Freundes aus Bahrain, richtig?“
    „Unter anderem.“
    „Na, denken Sie drüber nach. Und schöne Feiertage.“ Wir hängten ein.
    Ah, die verfluchten Feiertage standen ja auch noch an. Wie hatte ich die bloß vergessen können? Ich riss mir noch eine Dose auf, doch auch das Bier schaffte es nicht, mir diesen bitteren Geschmack von der Zunge zu spülen.
    Das Telefon bimmelte, ich nahm ab und meldete mich. „Spengler hier, von der WODEGA. Entschuldigen Sie den späten Anruf, aber tagsüber habe ich Sie nicht erreicht.
    Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie, Herr Kryszinski. Die schlechte zuerst: Ihre Rechnung ist in mehreren Punkten beanstandet worden. Da gibt es Klärungsbedarf, bevor wir auch nur einen Cent überweisen.“
    Risiko und Ertrag, ich sag's doch. Lächerlich. „Doch die gute Nachricht ist, dass wir viel positives Echo auf Ihre Hausmeistertätigkeit bekommen haben. Falls Sie also einen Jobwechsel anstreben ...“ Geh ans Telefon, und die Zukunft leuchtet. Und sei es in hellstem Kittelgrau. Ich wollte gerade fragen, wo ich unterschreiben müsse, als im Radio jemand „Luxemburg“ sagte.
    „Flugzeugabsturz in der Nähe von Echternach. Ein zweistrahliger Privatjet ist kurz nach dem Start in einem Waldstück zerschellt und in Flammen aufgegangen. An Bord befanden sich mehrere Personen, darunter ein Diplomat aus Bahrain. Die Rettungskräfte sind noch mit den Löscharbeiten beschäftigt, doch es wird befürchtet, dass keiner der Insassen den Absturz überlebt hat.“
    Ich trat ans Fenster und besah mir die scheußlichen Weihnachtsdekorationen in den Fenstern und auf den Baikonen meiner Nachbarn gegenüber, bis das Telefon ging -
    Es war Leyla. „Hast du's schon gehört?“, fragte sie. „Ja, und ich hab mir Sorgen gemacht.“
    „Das ist lieb, aber überflüssig. Ich bin bei einem der Besten in die Schule gegangen.“
    „Ich frage mich, was diesen Absturz verursacht hat“, sagte ich vorsichtig. Man weiß ja nie, bei Telefonen. „Oh, einer meiner Kunden sagt, jemand habe ein Seil gesehen, das beim Start vom Bugrad des Flugzeugs baumelte. Mit einer Art Haken oder Anker unten dran. Der hat sich dann in einem Baum verfangen und ... peng.“
    „ Ich hoffe, du ziehst dich immer warm an, wenn du bei diesem Wetter nach draußen gehst. Handschuhe und so weiter.“
    „Ich sag's doch. Ich hatte einen guten Lehrmeister.“
    „Darauf sollten wir anstoßen“, sagte ich. „Was machst du denn so über die Feiertage?“ Zack, Fuß in der Tür. „Hab ich dir das noch nicht erzählt? Weißt du, wer mich über Weihnachten besucht?“ Sie klang begeistert. Ich weniger, als ich „Äh, nein“ sagte. „Mike! Du erinnerst dich? Mein Exfreund?“
    „Äh, ja.“ Ich trat raus auf den Balkon, in den feuchtkalten Stadtmief, blickte in die Tiefe. Unten vor dem Haus stoppte ein BMW-Cabrio.
    „Und weißt du, womit er hierher kommt? Mit einem Pferdeschlitten!“ Sie jauchzte, als ob das das Originellste sei, das man ... Aber vielleicht hatte sie ja recht. Zwei Männer in Anzügen stiegen aus dem Wagen, während der Fahrer sitzen blieb. Bei laufendem Motor. „Wir wollen Angelo und die anderen Kinder mitnehmen auf Schlittentouren. Vielleicht willst du ja auch kommen?“
    Komm doch auch, wäre kürzer gewesen, dachte ich. Und einladender. Die beiden Männer sahen sich gründlich nach allen Seiten um und verschwanden dann im Hauseingang. Mit ein paar Schritten war ich an der Wohnungstür.
    „Nein, nein“, sagte ich in den Hörer. „Ich verbringe Weihnachten lieber wie jedes Jahr in einem selbst gegrabenen Erdloch im Wald.“
    Leyla lachte ungläubig, wir wünschten uns alles Gute und hängten ein.
    Ich spähte raus in den Flur. Der Rufknopf des Aufzuges leuchtete auf, und ich pfiff meinem Hund.
    „Kristof! Und Struppi! Na so was!“ Scuzzi strahlte uns an, breitete die Arme aus und winkte uns in seine Wohnung. „Wie schön, euch zu sehen.“ Irgendwas war mit ihm nicht in Ordnung. Vermutlich probierte er neue Partypillen aus. „Und vielen, vielen Dank auch noch mal für deine Gastfreundschaft.“ Für einen Moment wusste ich nicht, was er meinte.
    „In dieser urgemütlichen, wenn auch leider völlig ungeheizten
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