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Rotzig & Rotzig

Rotzig & Rotzig

Titel: Rotzig & Rotzig
Autoren: Jörg Juretzka
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Designerklamotten, Sportwagen, Penthouse auf dem höchsten Gebäude der Stadt? Ha! Was für ein Gestrampel. Das geht leichter. Und billiger.
    Werde Hausmeister. Arbeitskittel, möglichst grau, zwei Kugelschreiber und ein Schraubendreher in der Brusttasche, ein blecherner Werkzeugkasten an der Hand, und die Frauen erbeben vor Verlangen, sobald du nur an ihre Tür klopfst.
    Klemmende Fenster, schleifende Türen, tropfende Wasserhähne, gurgelnde Heizkörper - neunzig Prozent aller in den Aufgabenbereich des Hausmeisters fallenden Schäden werden von weiblichen Mietern gemeldet. Und sie wollen alle nur das eine: dich und deine Ausrüstung.
    Der Nachteil ist, alle, auch die männlichen Mieter, glauben, jederzeit über dich verfügen zu können. Ich stand rauchend auf dem Balkon und beobachtete einen Zwillingsschatten von Laterne zu Laterne huschen, als es an meiner Tür klingelte. Es war mittlerweile deutlich nach zweiundzwanzig Uhr. Reichlich spät, um den Hausmeister zu behelligen, und vor allem reichlich spät für Zehnjährige, sich draußen herumzutreiben, sollte man meinen. Sie sahen sich nach allen Seiten um, wie man das so macht, wenn man irgendeine Teufelei vorhat. Dabei bewegten sie sich in direkter Linie auf den Ort zu, wo mein Toyota parkte. Leider, wie mir aufging, um die Ecke und damit außer Sichtweite. Es klingelte noch mal. Dann klopfte es. Ich ging und machte auf. Es war mein Freund mit den Goldketten. Der Hoodie. Er hatte den Gangsta-Lifestyle gleich en gros gekauft, angefangen bei der tiefhängenden Hose, über die mit Streifen und Startnummern verzierte Jacke, das halbe Dutzend Ketten und Ringe bis zur doppelt getragenen Baseballkappe unter der unvermeidbaren Kapuzensweater-Haube. Ich besah mir seine Kostümierung mit schwellender Herablassung, bis mich die Frage streifte, wie ich wohl herumliefe, wäre ich in seinem Alter. Und mit der Erleichterung, diese Phase hormonschubbedingter Idiotie lange hinter mir zu haben, legte sich etwas Nachsicht in meinen Blick. Bevor professionelles Misstrauen wieder die Oberhand gewann. All diese Klamotten hatten eine Stange Geld gekostet.
    „Es ist so“, sagte er. „Meine Schwester, die will schaukeln.“
    „Und sie hat hiermit nicht nur meine uneingeschränkte Erlaubnis dazu, sondern ich wünsche ihr auch noch gutes Gelingen und viel Vergnügen.“
    Cornelia Audingas Kaffee mit Schuss war nicht ganz ohne Wirkung geblieben, musste ich mir eingestehen.
    Obendrauf auf Hertha Schombierskis Likörchen.
    „Aber die ist kaputt, die Schaukel.“
    „Aha. Nur damit wir uns verstehen: Wir reden hier über die Schaukel unten am Spielplatz?“
    Nicken.
    „Da, wo du und deine Kumpels sich abends immer herumdrücken?“ Zögerndes Nicken.
    „Die Reparatur kostet hundertfünfzig Öcken.“
    „Was?“
    „Weder ich noch die Immobiliengesellschaft sind blöd genug, dauernd das Inventar des Spielplatzes zu erneuern, nur damit du und die anderen Hirnis es wieder kaputt kloppen könnt.“
    „Ey, ich bin Mieter, und ich beschwere mich.“
    „Du bist Mieter?“
    „Na ja, mein Vater.“
    „Name?“
    „Daimoglu.“
    „Vorname?“
    „Der von meinem Vater oder meiner?“
    „Deiner.“
    „Metin.“
    „Okay. Geh und sag deinem Vater, er muss hundertfünfzig Euro dafür bezahlen, dass sein Sohn Metin so ein Hirni ist.“ Und bang, Tür zu.
    Das Telefon klingelte. Scuzzi, mal wieder. Struppi hatte ihm gegen die Plattensammlung gepisst. Scuzzi ist im Grunde ein Katzenmensch. So jemanden respektiert mein Hund einfach nicht. Völlig zu Recht, wie ich finde.
    „Okay, ich komm ihn holen.“
    „0 Mann. Was für eine Scheiße.“ Scuzzi, in seinem Fernsehsessel hängend wie eine leicht angegammelte Oberhausener Variante des Latin Lovers, starrte finster von der Fernbedienung in seiner Hand auf das finstere Geviert seines neuen, riesigen Flachbildschirms. Grund seiner finsteren Laune war der Umstand, dass das Bild finster war und finster bleiben würde. Kaputt, der Schirm.
    „Warum tauschst du ihn nicht einfach um?“, fragte ich, nur um ihn zu nadeln. Selbstredend gibt es weder Umtauschrecht noch Garantie bei den Brocken, die seine Drogenkunden ihm anschleppen, und dementsprechend gab es auch keine Antwort auf meine Frage, mal abgesehen von einem äußerst finsteren Blick. Struppi sprang an meinem Bein hoch, Stummelschwanz in rasender Wedelbewegung.
    „Gegen welche Alben hat er dir denn gepisst?“, fragte ich, mehr aus Neugier denn aus Verantwortungsgefühl. Da ist praktisch
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