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Rotes Meer

Rotes Meer

Titel: Rotes Meer
Autoren: Åke Edwardson
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sein?«
    »Darüber macht man keine Witze«, sagte Ringmar. »Es könnte noch ein Opfer gegeben haben, das entkommen ist.«
    »Der einzige Weg zu entkommen ist der Fußweg«, sagte Winter.
    »Es gibt doch Felder genug.«
    »Die Schritte hätte man wohl nicht hören können.«
    »Er hat ja gesagt, sie waren leicht.«
    »Oder auch nicht so leicht. Nicht mal deine Schritte wären zu hören, wenn du da lang rennen würdest, Bertil.«
    »Was willst du damit sagen?«
    Winter antwortete nicht, Bertil musste seinen eigenen Schluss ziehen.
    »Nee«, sagte er nach einer Weile, »das haut nicht hin. Der Taxifahrer kommt an. Er sieht die Ermordeten. Er hört Schritte. Er schlägt Alarm. Es ist unwahrscheinlich, dass ein mutmaßliches Opfer bleibt und erst flieht, als endlich die Rettung kommt.«
    »Schock«, sagte Winter. »Verzögerter Schock.«
    »Möglich, aber eher unwahrscheinlich.«
    »Okay, dann lassen wir das für den Augenblick«, sagte Winter. »Torstens Leute schreiten gerade die Wiese und das Feld ab. Sollte es einen Abdruck geben, dann werden sie ihn finden. Das Gras ist noch voller Tau. Wir könnten Glück haben.« Er legte eine Pause ein und strich sich mit dem Zeigefinger über die Schläfe. »Wir gehen also davon aus, dass es ein Zeuge war. Er oder sie bleibt, bis die Mörder weg sind. Versteckt sich.«
    »Aber warum hat er oder sie sich nicht gezeigt? Warum abhauen, wenn alles vorbei ist?«
    »Wir haben vorhin von Schock gesprochen. Das kann ja auch für dieses Verhalten gelten. Wie eine verzögerte Bewegung.«
    »Wenn es ein Zeuge ist, ein Zeuge war – was hat er oder sie überhaupt hier zu suchen gehabt?«
    »Vielleicht ein Kunde.«
    »Mutmaßliches Opfer also.«
    »Nein, vielleicht gerade auf dem Weg in den Laden.«
    »Über den Fußweg hinter der Bude?«
    Winter zuckte mit den Schultern.
    »Und dann hat es da drinnen geknallt.«
    Winter nickte.
    »Und dann sind die Mörder abgehauen.«
    Wieder nickte Winter.
    »In irgendeine Richtung. Wahrscheinlich mit einem Auto, wir werden sehen, ob jemand nach den Schüssen ein Auto gehört hat. Jemanden gesehen hat. Oder ob sie weggelaufen sind, vielleicht über den asphaltierten Weg, vielleicht über die Felder.« Ringmar machte eine Pause. »Und der Zeuge ist geblieben, vielleicht zitternd vor Schreck, vielleicht verletzt, viell …«
    »Vielleicht nicht mal das«, sagte Winter.
    »Doch«, sagte Ringmar. »Ich glaube, hier war jemand.«
    »Ein Kind«, sagte Winter.
    »Leichte Schritte.« Ringmar nickte.
    »Könnte ein Kind gewesen sein«, sagte Winter. »Könnte der Junge gewesen sein, den ich eben gesehen habe.«

    Jimmy Foro war siebeneinhalb Jahre zuvor aus Nigeria gekommen, allein und – so behauptete er – über den ganzen afrikanischen Kontinent verfolgt und dann über den europäischen. Er durfte bleiben. Und er blieb allein, wohnte in einer Zwei-Zimmer-Wohnung in der Kanelgatan in Västra Gårdstensbergen. Das Haus hieß Bokgården. Jetzt stand Winter davor. Es sah aus, als wäre es kürzlich renoviert worden, eins von mehreren Häusern, die um einen hübschen offenen Hof gruppiert waren. Winter sah jemanden in den Beeten graben. Die Erde musste trocken sein, trockener als normal, es war noch kein Frühsommerregen gefallen, seit er nach Hause gekommen war. Er hatte die Sonne mitgebracht.
    Winter wusste sehr wenig über Gartenpflege und hatte keine Ahnung, was wann, wie und warum gepflanzt werden musste. Um Gartenarbeit hatte er immer einen Bogen gemacht, so ähnlich wie jemand, der sich vor der Technik fürchtet und lieber mit tropfenden Wasserhähnen lebt, statt eine Dichtung auszutauschen. Noch nie hatte er davon geträumt, einen Rasen zu mähen, aber vielleicht würde er das irgendwann einmal müssen. Vielleicht. Vor drei Jahren hatten er und Angela ein Grundstück südlich von Billdal gekauft. Am Meer. Es war immer noch nicht bebaut. Es war ihr Ausflugsziel. Erik, Angela, Elsa, Lilly. Einige Male hatte es geregnet. Wie wäre es mit einem Dach?, hatte Angela gefragt.
    Er nickte dem Polizeiinspektor von Angered zu, der vor dem Haus wartete.
    »Sind Sie schon oben gewesen?«, fragte Winter.
    »Ich hab die Tür überprüft, ja. Abgeschlossen. Und es ist niemand gekommen oder gegangen.«
    »Haben Sie mit Nachbarn gesprochen?«
    »Ich hab keine Menschenseele gesehen.«
    »Seit wann sind Sie hier?«
    »Henriksson und Berg waren als Erste hier, die sind ja sofort nach dem Alarm losgefahren.«
    »Gut.«
    »Sie haben niemanden gesehen, der in die Wohnung
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