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Rosenpsychosen

Rosenpsychosen

Titel: Rosenpsychosen
Autoren: Anna-Maria Prinz
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ist das nämlich.
    »Na ja, also ich habe zwei Kinder. Das eine Kind ist fünf, das andere neun. Ich bin verheiratet. Wir wohnen in der Vorstadt, in der Villengegend.«
    Boff. Das hat gesessen. Jetzt kannst du mich hassen, weil ich in einer Villa am See wohne und du nicht. Bestimmt hast du dir ein Leben lang Kinder gewünscht und keinen gefunden, der sie dir macht. Und jetzt ist der Zug abgefahren. Ich werde schwanger, wenn man mich nur anhaucht. Aber warum musst du mich dafür gleich hassen? Ich habe dir doch gar nichts getan! Dass alle Leute immer gleich so aggressiv werden.
    Helene nickte leicht. Sag ich ja – sie arbeitet nicht. Braucht sie wohl auch nicht. In der Villengegend! Warum dieser Nachsatz? In der Villengegend … Will sie klarstellen, dass sie nichts nötig hat, mich am allerwenigsten? Was wohl ihr Mann macht? Na, der ist Fitnessstudiobetreiber, Autohändler, hat eine Metzgereikette, irgend so was. Sie strahlt, aber sie hat kein Gesicht. Was sie wohl sieht, wenn sie aus dem Fenster guckt? So hartnäckig hat hier noch niemand aus dem Fenster gestarrt. Alle starren aus dem Fenster, aber so … und gleich in der ersten Sitzung …
    »Was arbeitet denn Ihr Mann?«
    So eine verdammte Scheiße. Ich gehe wieder. Was sage ich denn jetzt? Er arbeitet nicht? Seit einem halben Jahr arbeitslos? Kommt nicht infrage. Nichts sage ich. Was interessiert sie das! Außerdem ist er gar nicht arbeitslos. Er hat eine Firma, und er arbeitet. Nur, dass er kein Geld mehr damit verdient. Aber wenn ich das sage, dann denkt sie, ich sei deswegen hier gelandet und ganz traurig, weil meine Freundinnen immer noch prassen können und ich nicht mehr. Phh, wenn du wüsstest, wie egal mir das alles schon immer gewesenist. Da hast du dich geschnitten, du stutenbissige, kinderlose Hexe. Von mir erfährst du nichts. Vergiss das mal ganz schnell, dass ich mich hier vor dir mit deinen flachen Tretern ausziehe. Mit solchen Dingern würde ich nicht mal dem Mann von UPS entgegentreten.
    »Er hat eine Filmproduktionsfirma.«
    Produziert vielleicht Pornos.
    »Und Ihre Kinder? Wie heißen die?«
    Vanessa, Kevin, Jason, Jennifer …?
    Jetzt kommt das. Na bitteschön, hier, nimm das.
    »Also, der Junge heißt Brutus – das ist der Kleine, er ist fünf, und die Große heißt Aspasia, also das Mädchen. Sie ist neun. Mit anderen Worten, das kleine Kind ist ein Junge und das größere ein Mädchen.«
    Keine Sau weiß, wer Aspasia war, du auch nicht. Und es ist ein schöner Name, also muss ich mich dafür überhaupt nicht rechtfertigen, dass das mal klar ist. Ich weiß selbst, dass ich eine schlechte Mutter bin. Aber du hast ja keine Kinder. Du weißt ja nicht, was es bedeutet, vierundzwanzig Stunden am Tag Gewissensbisse zu haben. Außerdem bin ich keine schlechte Mutter. Du kannst mir gar nichts. Ich tue einfach so, als sähe ich aus dem Fenster. Mal sehen, wer das hier länger durchhält.
    Aspasia? Helene wusste, wer Aspasia war. Seltsamer Name für ein Kind. Und Brutus, ein Mörder! Klingt aber auch fast nach etwas Bildung. Vielleicht hat ihr Mann, bevor er Pornos produzierte, ja das eine oder andere Buch gelesen. Wie angespannt sie da sitzt. Als hätte sie ihre Haarbürste verschluckt. Dieser Schmuck. Ob der echt ist? Sie friert. 32 Grad im Schatten, ich bekomme kaum Luft vor Hitze, und die friert.
    »Oh, das sind aber sehr seltene Namen. Wer kam denn auf die, Sie oder Ihr Mann?«
    Warum fragst du das? Jetzt glaubst du wohl, dass ich mit meinen blonden Haaren und mit Größe 34 nicht in der Lage bin, meinen Kindern gute Namen auszusuchen. Klar, wenn man hohe Schuhe trägt und seine Bücher bei Amazon bestellt, hat man ja auch nichts in der Birne, oder? Kalt hier. Und wenn man lange braune Röcke und flache Schuhe trägt und sich in Antiquariaten herumdrückt, dann ist man richtig gut, was? Wie ihr mich alle ankotzt mit euren stinkenden kleinen Scheißbuchläden, die sich zu fein sind, sich »Buchhandlung« zu nennen. Ich habe keine Zeit dazu, mir in diesen Schmierbuden von einem Vollbart mein Ego streicheln zu lassen. Ich habe nämlich im Gegensatz zu dir zwei Kinder, ja. Weißt du, du alte Hexe, ich spiele Klavier und Geige und Gitarre, und ich habe einen Pilotenschein, und mit zehn hatte ich schon mehr gelesen als du bis jetzt. Gott, ist die gemein. Richtig fies ist die. Und eingebildet … Was hat sie noch gleich gefragt. Ach ja, die Namen. Und was, wenn ich sie ausgesucht habe? Steige ich dann auf deiner erbärmlichen Skala?
    »Na ja,
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