Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rosendorfer muss dran glauben (German Edition)

Rosendorfer muss dran glauben (German Edition)

Titel: Rosendorfer muss dran glauben (German Edition)
Autoren: Rüdiger Bertram
Vom Netzwerk:
oben an der Decke hängen. Als Moritz schon fast draußen ist, legt ihm ein Mann in einer dunkelbraunen Lederjacke eine Hand auf die Schulter. Der Mann hat einen Empfänger im Ohr, und ich wette ein Jahresgehalt, dass das der oberste und einzige Hausdetektiv der Buchhandlung ist.
    »Entschuldigen Sie, dürfte ich bitte mal kurz unter Ihr T-Shirt schauen?«, fragt der Mann und schaut Moritz dabei streng in die Augen.
    »Hier? Vor allen Leuten?«, erwidert Moritz und zieht amüsiert eine Augenbraue hoch.
    »Machen Sie bitte keine Schwierigkeiten und folgen Sie mir in mein Büro«, erklärt der Detektiv und weist mit einer auffordernden Geste in den hinteren Teil der Buchhandlung.
    »Nichts, was ich lieber täte. Mit Ihnen würde ich überall hingehen«, fügt sich Moritz in sein Schicksal. Scheinbar. Denn kaum sind er und der Detektiv ein paar Meter gegangen, dreht sich Moritz blitzschnell um und sprintet los. Als er am Ausgang an den elektronischen Sicherungspfosten vorbeikommt, fängt die Alarmanlage an zu piepen. Der Hausdetektiv rennt Moritz hinterher, aber schon nach wenigen Metern fällt er auf die Nase, weil er über einen Fuß gestolpert ist. Meinen.
    Ich habe keine Zeit, mich bei ihm zu entschuldigen und ihm wieder auf die Beine zu helfen. Ich habe genug Schwierigkeiten, Moritz im Gedränge der Fußgängerzone nicht aus den Augen zu verlieren.

11 / 10 / 2015  – 17 : 00  Uhr
    Den Nachmittag über strolcht Moritz mit offenen Augen durch die Stadt. Man kann ihm direkt dabei zusehen, wie er nach neuen Storys Ausschau hält, oder zumindest nach einigen skurrilen Details, die er in seine Geschichten einbauen kann. Zumindest nehme ich das an. Er lässt sich ziellos durch die Straßen treiben, und wozu sollte das für einen Geschichtenerfinder wie ihn sonst gut sein?
    Er ist mittlerweile schon in den Außenbezirken angekommen, aber auch dort passiert nicht viel, eigentlich gar nichts, sodass er sich schließlich auf den Weg zu seiner Verabredung mit Anne macht. Weil er seinen Roller in der Stadt hat stehen lassen, nimmt er den Bus zurück.
    Moritz steigt vorn ein. Ich hinten, und im Gegensatz zu ihm ziehe ich mir am Automaten eine Fahrkarte. Ich kann es mir nicht leisten, aufzufallen.
    Der Bus ist halb leer, und Moritz lässt sich auf eine der harten Sitzschalen fallen. Er starrt angestrengt durch die schmutzigen Scheiben nach draußen, so als würde er dort irgendeine Inspiration erwarten. Da ist aber nichts, außer den Fassaden der Häuser und den Menschen, die auf dem Bürgersteig von der Arbeit zum Supermarkt und dann nach Hause hetzen.
    Doch Moritz scheint mehr zu sehen als ich, und vielleicht entsteht genau in diesem Moment eine neue Geschichte, für die meine Phantasie einfach nicht ausreicht. Er sieht jedenfalls ziemlich zufrieden aus, und das ändert sich auch nicht, als zwei Kontrolleure in dunkelblauen Uniformen einsteigen. Mir kann das egal sein, ich habe ein Ticket. Ich bin nur gespannt, wie Moritz sich da rausredet.
    Aber noch ehe die beiden ihn erreichen, geht ihnen ein junges Mädchen ins Netz. Die Kleine ist etwa dreizehn, und so, wie sie aussieht, kommen ihre Eltern aus Tunesien oder Marokko. Die Kontrolleure haben sich vor ihr aufgebaut, als hätte sie gerade eine Bank überfallen.
    Die Kleine sucht in ihren Taschen, und das sind viele, verzweifelt nach ihrem Schülerticket und murmelt dabei die ganze Zeit, dass ihr Vater sie umbringt, wenn sie eine Anzeige wegen Schwarzfahrens bekommt. Den Typen scheint das egal zu sein. Wahrscheinlich hören sie solche Geschichten einfach zu oft. Ich will darüber gar nicht urteilen, aber ich finde schon, dass man hier ruhig mal ein Auge zudrücken könnte. Tun die beiden aber nicht. Im Gegenteil, die fangen jetzt auch noch an, das Mädchen zu piesacken. Um ihr beim Suchen zu helfen, nimmt einer der beiden die Umhängetasche der Kleinen und schüttet den ganzen Inhalt auf dem Boden aus. Solche Typen sind das.
    Als das Mädchen anfängt zu weinen, steht Moritz von seinem Platz auf und geht auf die Kontrolleure zu.
    Was soll das jetzt werden? Eine Selbstanzeige?
    Moritz greift in seine Brieftasche, holt seinen Büchereiausweis hervor, hält ihn den Kontrolleuren kurz unter die Nase und lässt ihn gleich wieder verschwinden.
    »Da haben Sie ja eine schöne Scheiße gebaut!«, brüllt er die beiden Männer an, während ich mich in meinem Schalensitz zurücklehne, um das bevorstehende Schauspiel zu genießen.
    »Wer sind Sie denn?«, fragt einer der Kontrolleure,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher