Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rosen lieben Sonne

Rosen lieben Sonne

Titel: Rosen lieben Sonne
Autoren: David M Pierce
Vom Netzwerk:
machte die Fenster zu, schaltete die Klimaanlage ein und packte meinen Koffer aus, in dem sich neben weiteren wichtigen Dingen meine sorgfältig ausgewählten Mitbringsel befanden — eine Zweier-Hängematte für Tony und Anhang, eine Baumwollbluse für Mum, und für meinen Barkeeper-Freund Jim hatte ich eine dreckige Flasche mit irgendwas Gelbem, Ekligem, in dem ein toter Wurm schwamm, mitgebracht. Eine auserwählte Aufmerksamkeit, fand ich. Und nach einer Dusche fand ich sogar, ich könnte die Flasche auch gleich vorbeibringen und im Tausch vielleicht einen ordentlichen nordamerikanischen Drink ergattern. Ich bin nicht sonderlich patriotisch, aber ich hatte einfach genug tödliche Tequilas und diabolische Daiquiris für ein ganzes Leben getrunken; Mexikos einziges Problem ist, daß es wirklich und wahrhaftig und absolut unaufhörlich mexikanisch ist.
    Jim war der Nacht-Barmann im Two-Two-Two, einer freundlichen, belebten Kaschemme an der Dakota, nicht weit von meiner Wohnung. Ich saß dort gern herum und süffelte Brandys und Ingwerbier und parlierte humorig mit Jims phantastisch aussehendem Bargirl Lotus, und manchmal spielte ich eine klasse Partie Eight-Ball.
    Als ich reinkam, las Jim Zeitung und trank ein Glas Rotwein.
    »Gott sei’s gedankt, ein Kunde«, sagte er, als er meiner ansichtig wurde, »ich zittere vor Überraschung und Ehrfurcht.« Tatsächlich war für einen Sonntagabend nicht viel los hier; ein paar Dauersäufer beschäftigten sich an der Theke mit irgendeinem Quiz, zwei Kids spielten lautstark Pool-Billard, und zwei junge Männer in identischen rehbraunen Overalls saßen auf einem der alten Ledersofas und hielten Händchen.
    »Und noch eine Überraschung«, sagte ich, nachdem er mir meine übliche Ration serviert hatte. Ich stellte die Flasche außerordentlich vorsichtig auf den Tresen. »Dies ist ein Ballon des wahrlich seltenen Yukatán-Nektars, niemand weiß, wie viele Wochen er schon alt ist. Ich habe ihn speziell für dich mitgebracht, weil mir bekannt ist, daß du derlei feine Dinge zu schätzen weißt.«
    Jim war so begeistert von seinem Geschenk, daß er einen Moment lang sprachlos war.
    »Das ist eine der widerwärtigsten Flaschen, die mir je zu Gesicht gekommen ist«, sagte er schließlich, nachdem er das Ding sorgfältig betrachtet hatte, »und ich bin schon mein ganzes Leben lang Barkeeper.« Jim war ein dünner Kerl mit einem schmalen, faltigen, beinahe hübschen Gesicht. Bei der Arbeit trug er immer langärmlige weiße Hemden mit altmodischen Ärmelhaltern. Er schob ein paar Flaschen auf dem Bord hinter sich beiseite und stellte mein dreckstarrendes Geschenk sorgfältig in die Reihe.
    »Das erinnert mich an den enthaltsamen Prediger«, sagte er, als er sich wieder mir zugewandt hatte.
    »Das Ding da?« fragte ich.
    »Er predigte über die Wirkung des Dämons Alkohol, und um sie zu demonstrieren, ließ er einen Wurm in ein Glas mit billigem Whiskey fallen. Der Wurm nahm einen Schluck und starb. >Nun, meine Brüder und Schwestern, was lehrt uns das?< fragte er. Und eine Stimme aus dem Hintergrund rief: >Wer genug trinkt, kriegt keine Würmern«
    Nachdem ich zu Ende gelacht hatte, wofür ich nicht allzu lange brauchte, beugte er sich zu mir herüber und fragte: »Werden gnädiger Herr morgen wieder Bittsteller empfangen?«
    »Klar«, sagte ich, »Bürozeit ist von neundreißig bis eins und von vierzehndreißig bis siebzehn, Montag bis Freitag. Sonnabends nach Vereinbarung.«
    »Paßt es dir gegen zehn?« Er guckte mich verschwörerisch an.
    »Klar. Was ist los, Jim?«
    »Ich erzähl’s dir lieber morgen«, flüsterte er und sah sich angstvoll um.
    »Ist in Ordnung«, sagte ich. Ich nahm noch zwei Drinks, dann lud Jim mich ein, danach lud ich Jim und die beiden Saufnasen an der Bar ein, dann revanchierten die beiden sich, anschließend trank ich noch einen Kleinen an der Eckbar die Straße runter, und danach ging ich direkt nach Hause, machte jedoch beim 7-Eleven unterwegs einen Zwischenhalt, um einige Kleinigkeiten einzukaufen: Mortadella, Brot, Milch, Butter, Buttermilch und so weiter. Ich saß gemütlich im Bett, aß mein Mortadella-Sandwich und las in dem neuen John D. MacDonald, den ich mir vor zehn Tagen auf dem Flughafen gekauft und immer noch nicht durchgelesen hatte, als Evonne anrief. Sie sei auch schon zu Bett gegangen, sagte sie.
    »Ich wollte dir nur sagen, daß ich einen wundervollen Urlaub mit dir verbracht habe, mi corazón, nur für den Fall, daß du dir dessen noch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher