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Blut von meinem Blut: Thriller (German Edition)

Blut von meinem Blut: Thriller (German Edition)

Titel: Blut von meinem Blut: Thriller (German Edition)
Autoren: Barry Lyga
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2
    Der Name des Sterbenden war …
    Nun, es spielte keine Rolle. Nicht mehr. Nicht in diesem Augenblick. Namen waren Bezeichnungen für Dinge , wie der Mörder wusste. Hauptwörter. Person, Ort, Ding, Gedanke – genau wie man es in der Schule gelernt hatte. Siehst du dieses Ding, aus dem ich trinke? Ich nenne es » Tasse « , na und? Siehst du dieses Ding, mit dem ich meinen Körper bedecke? Ich nenne es » Hemd « , na und? Siehst du dieses Ding, das ich unter dem dunklen Himmel aufgeschnitten habe, sodass das Mondlicht wunderschön in sein Inneres scheinen kann? Ich nenne es » Jerome Herrington « , na und?
    Der Mörder stand auf und streckte sich. Das Ding namens Jerome Herrington fünf Stockwerke hinaufzutragen war nicht leicht gewesen; seine Muskeln schmerzten. Zum Glück würde er das Ding namens Jerome Herrington nicht wieder nach unten tragen müssen.
    Der Kopf des Dings zuckte nach links und rechts, die Augen starrten geradeaus, ohne zu blinzeln. Ohne zu blinzeln, weil ihnen nichts anderes übrig blieb – der Mörder hatte als Erstes die Augenlider entfernt. Das war immer das Erste. Sehr wichtig.
    Der Mörder kauerte neben dem Kopf des Dings nieder und flüsterte: » Wir sind jetzt fast am Ziel. Fast am Ziel. Ich habe deinen Bauch geöffnet, und ich muss sagen, du siehst sehr schön aus im Mondlicht, wirklich sehr schön. «
    Das Ding namens Jerome Herrington sagte nichts, was der Mörder unhöflich fand. Und doch war er nicht zornig. Der Mörder wusste, was Zorn war, aber er hatte keine Erfahrung damit. Zorn war eine Verschwendung von Zeit und Energie. Zorn war sinnlos. » Zorn « war die Bezeichnung für eine Gefühlsregung, mit der man nichts erreichte.
    Vielleicht wusste das Ding namens Jerome Herrington seine eigene Schönheit schlicht nicht zu würdigen. Der Mörder überlegte einen Moment, dann streckte er die Hand aus und hob eine von Blut glitschige Masse Gedärme aus der offenen Bauchhöhle des Dings. Mondlicht funkelte auf den glänzenden grau-roten Schlingen.
    Das Ding namens Jerome Herrington stöhnte in tiefer und anhaltender Agonie. Es hob den Kopf und tat, als wollte es fliehen, obwohl es kaum die Kraft hatte, den Kopf oben zu halten.
    Das Ding blubberte. Tränen liefen ihm über die Wange, und es versuchte zu sprechen.
    Der Mörder strahlte. Das Ding klang glücklich. Das war gut.
    » Fast geschafft « , versprach der Mörder und ließ die Eingeweide fallen. Im gleichen Moment gab der Hals des Dings nach, und der Kopf fiel nach unten. Dong, machte der eine, platsch die anderen.
    Der Mörder ließ ein kleines, scharfes Messer aus seinem Stiefel gleiten. » Die Stirn, würde ich sagen « , murmelte er und begann zu schneiden.

3
    Billy Dent sah in den Spiegel. Er erkannte sich nicht recht, aber das war nichts Neues. Billy Dent hatte in Spiegeln fast immer einen Fremden erblickt, seit seiner Kindheit. Zuerst hatte er diese Erscheinung, die ihn überallhin zu verfolgen schien, die ihm in Spiegeln und Schaufenstern auflauerte, gehasst und gefürchtet. Schließlich aber begriff Billy, dass das, was er im Spiegel sah, das war, was andere Leute sahen, wenn sie ihn anschauten.
    Andere Leute sahen den echten Billy aus irgendeinem Grund nicht. Sie erblickten etwas, das so aussah wie sie selbst. Etwas, das menschlich und sterblich aussah. Etwas, das wie ein potenzielles Opfer aussah.
    Draußen hörte er das mechanische Mahlen einer Müllpresse. Billy zog die Vorhänge auseinander und spähte hinaus. Drei Stockwerke tiefer zermalmte ein Müllfahrzeug Dosen und Flaschen.
    Billy grinste. » Ach, New York « , flüsterte er. » Wir werden sehr viel Spaß haben. «

TEIL ZWEI – Vier Spieler, drei Seiten

4
    Es war ein kalter, klarer Januartag, als sie sich versammelten, um Jazz’ Mutter zu beerdigen.
    Beerdigen war wahrscheinlich das falsche Wort: Es gab keinen Leichnam. Janice Dent war vor mehr als neun Jahren verschwunden, als Jazz acht gewesen war, und seitdem nicht mehr gesehen worden. Sie galt offiziell als tot; ein Gericht hatte sie nach der erforderlichen siebenjährigen Wartezeit für tot erklärt. Jazz hatte sich bisher nur nicht dazu überwinden können, den letzten Schritt zu tun.
    Eine Bestattung.
    Als einziges Kind des berüchtigtsten Serienmörders der Welt war er mit einem intimen Verständnis für die Mechanismen und Ursachen von Toden aufgewachsen. Sonderbarerweise hatte er bisher jedoch nie ein Begräbnis besucht.
    Das war in gewisser Weise ausgleichende Gerechtigkeit: Bei vielen der
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