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Rosen lieben Sonne

Rosen lieben Sonne

Titel: Rosen lieben Sonne
Autoren: David M Pierce
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sollen, wo einst die Mayas lebten und ihre riesigen Pyramiden bauten, um auf der Spitze irgendwelche kreischenden Popmusik-Fans in Scheiben zu hacken. Die Dinger würden dir bestimmt auch gut gefallen.«
    »Machst du Witze?« fragte Jim. »Ich kann mich nicht mal mehr daran erinnern, wann ich das letzte Mal Urlaub gemacht habe. Weißt du, was ein Ersatz-Barmann heutzutage kostet?«
    »Ein Vermögen«, sagte ich, »noch nicht gerechnet, was er klaut.«
    Jim grinste, winkte mir zu und ging. Mein Computer stand bereits auf dem Schreibtisch, ich schaltete ihn ein und widmete mich wieder der Post. Ein Brief mit dem wichtigtuerischen Anfang »Das Ende Ihrer Einsamkeit ist nur einen kurzen Anruf entfernt« wanderte sofort in den Papierkorb. Nennen Sie mich einen Zyniker, aber ich hatte einfach meine Zweifel an diesem Versprechen. Direkt hinterher sauste das Angebot, zu einem sensationellen Subskriptionspreis Eigentümer eines kompletten Satzes handbemalter Keramikfingerhüte samt passendem Naturholzsetzkasten zu werden. Diese Dinger konnte man nicht mal Evonne schenken. Dann füllte ich Überweisungen an verschiedene Versorgungswerke aus und tippte die entsprechenden Beträge in meinen Computer. Drei Schecks waren an mich ausgestellt, wie ich freudig feststellen durfte: ein hoher, ein nützlicher und einer für Kleinkram. Alle für professionell erledigte Aufträge. Ich gab auch diese Summen ein und ließ mir den neuen Kontostand anzeigen, der sich als geradezu gesund herausstellte, angesichts der kürzlichen zügellosen und verschwenderischen Tage im Süden. Ich war endlich auf dem Weg nach oben.
    Das Telefon unterbrach meine Träume.
    »Victor Daniel«, sagte ich.
    »Das ist gut«, sagte eine Frauenstimme. »Ich habe vergeblich versucht, Sie zu erreichen.«
    »Ich war weg«, sagte ich. »Südlich der Staatsgrenze. Bin natürlich geflogen. Wer sind Sie?«
    »Ich bin Sylvia Summers«, sagte die Lady. »Wir sind sozusagen entfernte Bekannte. Laß das, Schatz.«
    »Ich tu doch gar nichts«, sagte ich.
    Sylvia Summers lachte. Sie hatte ein nettes Lachen.
    »Doch nicht Sie, meine Tochter Deborah«, sagte sie. »Sie schneidet mir Grimassen durch die Scheibe. Ich hatte erwartet, daß nur Ihr Anrufbeantworter dran wäre.«
    »Ich habe keinen«, sagte ich. Ich hasse diese Dinger genauso wie elektronische Fliegenfänger und künstliche Kaminfeuer. »Was kann ich für Sie tun, Miss Summers, oder Mrs., und woher sollten wir uns überhaupt kennen?«
    »Mrs. ist in Ordnung«, sagte sie, »und Sie trinken Brandy und Ingwerbier, richtig?«
    »Meistens«, sagte ich, »aber Sie sind ganz bestimmt nicht mein Lieblings-Barmann Jim, weil der nämlich gerade erst gegangen ist.«
    Sie lachte wieder. Plötzlich fiel es mir ein. Sie war eine hübsche, nicht mehr ganz junge — aber wer war das schon noch? — Schauspielerin, die hin und wieder schwarz für einen regionalen Party-Service arbeitete. Ich war ihr über die Jahre drei- oder viermal begegnet, das letzte Mal, als sie mir großzügig einen Doppelten nach dem anderen bei der Wiedereröffnungsfeier von Lubinski, Lubinski und Levi’s (eine Juwelierfamilie mit über 2ojähriger Tradition) einschenkte.
    »Aha«, sagte ich, »jetzt fallt der Groschen. Die Getränke-Lady.«
    »Treffer«, sagte sie. »Also, passen Sie auf: Ich lebe seit fast zwei Jahren von meinem Mann getrennt. Letzten Monat habe ich ihn endlich dazu gekriegt, über eine Scheidung nachzudenken. Jetzt habe ich das Gefühl, daß mich jemand beschattet, und dahinter kann nur er stecken — ich meine, wer sonst sollte so was tun?«
    »Sie glauben, daß Ihnen jemand folgt, aber Sie sind nicht ganz sicher, oder haben Sie Ihren Schatten schon entdeckt?«
    »Beinahe«, sagte sie. »Falls Sie das verstehen. Denn ich kenne meinen lieben Mann und weiß, wann er was im Schilde führt. Und wenn der Kerl mich anruft und sagt, ich sollte doch lieber mal wieder ausgehen und es mir gutgehen lassen und noch mal richtig auf den Putz hauen, solange ich noch jung bin, und meine Freiheit nutzen und all diesen Stuß, dann kann man sicher sein, daß er was vorhat.«
    »Könnte es sein, daß er das Sorgerecht für Deborah und Ihre anderen Kinder, wenn es noch welche gibt, haben will und versucht zu beweisen, daß Sie eine verantwortungslose Schlampe sind?«
    »Es gibt nur Deborah«, sagte Mrs. Summers, »und ich kann mir das kaum vorstellen. Ich glaube nicht, daß er sie gerne bei sich hätte, ist das nicht schrecklich? Ich glaube, daß er mir Angst
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