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Rosen lieben Sonne

Rosen lieben Sonne

Titel: Rosen lieben Sonne
Autoren: David M Pierce
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Karottenkuchen?«
    »Vielleicht nachher«, sagte ich.
    Ich ging über den Flur zu Wades Schlafzimmer. Er saß im Bett und las. Auf seinem Nachttisch stand eine halbleere Flasche roter Almaden-Wein, eine große Packung Fritos, seine Dope-Schachtel und eine Tüte Mini-Mars.
    »Hi, Wade«, grüßte ich freundlich.
    »Ich lese«, sagte er, ohne aufzuschauen.
    »Was liest du?«
    »Ein Buch.«
    »Wo ist Suze?« Suze war seine Freundin, eine stämmige, o-beinige schwarze Mama mit dem schönsten Mund der Welt. Sie mußte in der Nähe sein, weil die beiden sich nie weiter als ein paar Meter voneinander entfernten.
    »Im Wohnzimmer«, sagte Wade. »Sie liest.«
    »Was ist neulich Nacht passiert, Wade?«
    Er strich sich über den kurzen Ziegenbart und tat, als hätte er mich nicht gehört.
    »Wir reden nicht, wie?« sagte ich. »Die gute alte Schweigefolter, was?«
    Er trank einen Schluck Wein und las weiter.
    Ich seufzte und ging. Suze war, wie er gesagt hatte, nebenan im Wohnzimmer und las. Außerdem mampfte sie irgendein rohes, knackiges Zeug. In diesem Haus schien einfach jeder jederzeit irgend etwas zu essen.
    »Hi, Suze«, sagte ich freundlich.
    »Hi, Vic. Wie geht’s dir?«
    »Prima, ich bin froh, daß endlich jemand mit mir spricht«, sagte ich. »Mir geht’s gut, danke. Also, was ist mit ihm los?«
    »Verdammt, Vic«, sagte sie, »ich weiß es nicht. Er ist einfach nur Scheiße drauf.« Einer der Hunde, Rags, spazierte aus Cis’ und Willys Schlafzimmer und trottete auf mich zu. Wollte wohl Streicheleinheiten schnorren. Ich tat ihm den Gefallen. Meinen Liebling Shusha hatte ich noch nicht entdeckt, eine goldfarbene Labradorhündin, die die Hängematte sofort mit Beschlag belegte, wenn Wade sie verließ. Normalerweise.
    »Was ist neulich Nacht passiert?«
    »Alles, was ich weiß, ist, daß jemand in die Dunkelkammer eingebrochen ist und alles kurz und klein geschlagen hat.«
    »Wie ist er reingekommen?«
    »Willy sagt, die Kette sei mit einem Bolzenschneider geknackt worden, so ein Ding wie ne Schere, bloß kürzer und länger.«
    »Hmm«, sagte ich. Ich sah ihr über die Schulter, um herauszubekommen, was sie las. Das Geheimleben der Pflanzen. »Gutes Buch?«
    »Ziemlich abgefahren«, sagte sie. »Wußtest du, daß Pflanzen ihre Mütter vermissen?«
    »Wer tut das nicht?« sagte ich. »Na ja. Ich frage mich, ob der Eindringling nur zufälligerweise einen großen Metallschneider bei sich hatte. Oder ob er von der Kette wußte.«
    »Gute Frage«, sagte Suze. Sie stand auf, reckte und streckte sich und ging zur Hintertür. »Soll ich dir zeigen, was der Drecksack mit seiner Zange noch gemacht hat?«
    »Wenn’s sein muß.« Ich folgte ihr. Wir gingen bis ans Ende des Gartens, am Gemüsebeet und zwei Walnußbäumen vorbei. Hinter dem Beet war ein frischer Erdhaufen. Von einem Ast hing ein Kreuz aus kleinen bunten Glasstücken, es machte leise Geräusche im Wind.
    »Shusha«, sagte ich. »Verdammt.«
    Suze nickte. »Sie wurde erschlagen. Zwanzig, dreißigmal hat er auf sie eingedroschen. Wade und ich haben sie begraben, für Cissy war es zuviel. Willy hat das Kreuz gemacht.«
    Shusha. Ein Marshmallow hätte dieses liebenswerte Wesen in zwei von drei Fällen kampflos besiegt. Einmal lief eine Maus nur ein paar Zentimeter von ihrer Schnauze entfernt durchs Wohnzimmer; sie wedelte nur mit dem Schwanz. Shusha mochte sogar Maria. Ich war millionenmal mit ihr ans Meer gefahren und spazierengegangen, bevor es Suze gab. Einmal hatte sie sogar eine Woche bei mir gewohnt, als der ganze Haushalt zu einer Beerdigung in den Osten gefahren war. Diese Hündin war so klug, daß sie wußte, daß wir spazierengehen, bevor ich es wußte. Verdammt. Verdammt!
    Wir gingen wieder ins Haus. Dort war es wenigstens kühl.
    »Also, was machen wir jetzt?« fragte sie. »Cissy dreht fast durch, sie läßt Rags nicht von der Leine, alle Türen sind verriegelt, Mann, ich werde wahnsinnig.«
    »Ich kann verstehn, daß die sich Sorgen macht«, entgegnete ich und ging hinüber zu dem falschen Kamin, über dem ein mottenzerfressener Hirschkopf hing, auf dessen Geweihenden Willys ansehnliche Basketballkäppisammlung ausgestellt war. »Obwohl er wahrscheinlich nicht wiederkommt.«
    »Ach nein?« sagte Suze. »Er war schon da. Willst du einen Stangensellerie? Eigener Anbau.«
    »Nein«, sagte ich, »danke. Erzähl mir mehr.«
    »Cissy und ich glauben jedenfalls, daß es derselbe Typ war. Er kam am Tag danach und fragte nach Wade. Er sah echt fies aus. Wade
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