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Rosen lieben Sonne

Rosen lieben Sonne

Titel: Rosen lieben Sonne
Autoren: David M Pierce
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auf.
    »Ärger?« wollte Jim wissen.
    »Klingt so. Ein Freund von mir hat sein Fotolabor in der Garage seines Bruders, oder besser gesagt: hatte, denn jetzt ist jemand eingebrochen und hat alles zu Klump gehauen. Na ja. Zurück zu dir. Ich hab gestern nacht die beiden Typen auf dem Sofa sitzen sehen, aber die machen das Two-Two-Two doch nicht zur Schwulenkneipe.«
    »Du hättest Samstag da sein sollen«, sagte Jim. »Die ganze Bar war voll von ihnen. Meine Stammgäste kommen rein, trinken einen, stammeln eine fadenscheinige Ausrede und verschwinden wieder. Ich weiß nicht, was ich dagegen machen soll. Ich hab mal unten am Manhattan Beach in ner Bar gearbeitet, als so was passiert ist; ein paar Schwuchteln kommen rein, dann werden es immer mehr, und einen Monat später war der ganze Laden nur noch ein müder Witz.«
    »Warum kommen sie denn zu dir?«
    Er zuckte mit den Achseln. »Wahrscheinlich liegt meine Bar irgendwie am Weg.«
    Jim untertrieb: Das Two-Two-Two war mehr als irgendeine Bar am Wegesrand. Er und Lotus und ein englischer Barmann, der schon seit geraumer Zeit nicht mehr bei ihm arbeitete, hatten der Bar mit den Jahren ein ganz eigenes Flair verliehen, eine beinahe literarische Wettbewerbsatmosphäre, weil Jim aus allerhand Magazinen Wortspiele und Kreuzworträtsel abgekupfert, mit Leuchtstift auf große Tafeln gemalt und an eine der Wände und hinter die ganze Bar geheftet hatte. Es gab allwöchentliche Anagramm-Wettbewerbe, und jeden Monat einmal wurde ausgecheckt, wer aus einer vorgegebenen Handvoll Buchstaben die meisten Wörter bilden konnte. Jim bot außerdem meist ein Fußball-Toto und Wetten auf die nächsten Oscar-Gewinner und irgendwelche Film-Quiz an; am Ende der Bar lagerte er einen Stapel zerlesener Nachschlagewerke. Es schienen sich eigentlich immer in irgendeiner Ecke des Lokals irgendwelche Kerle darüber zu kabbeln, ob, sagen wir mal, das Wort »Apres-Ski« ein Fremdwort oder bereits ein zulässiges Lehnwort sei.
    Das Two-Two-Two war also ganz sicher nicht nur eine Bar wie tausend andere, und selbst wenn es so wäre, neigt man schließlich dazu, zu lieben, was einem gehört, selbst wenn’s nur irgendeine Bar in irgendeiner Straße ist und nicht das Ritz.
    »Verdienst du denn genug Geld mit dem Schuppen?« fragte ich nach einer Weile.
    Er schnitt eine Grimasse. »Die kurze Antwort ist nein. Und die lange auch. Wenn ich für jemand anders als Barkeeper arbeiten würde, hätte ich mehr Kohle. Du weißt, was bei mir los ist: jede Menge Bier, eine paar Kurze, wenige Snacks zum Lunch. Aber, verdammt noch mal, ich mag’s nun mal so. Ich will keinen Krieg, aber ich hatte gehofft, daß dir irgendwas Tolles einfällt, damit sich die Schwuchteln unwohl fühlen und einfach weiterziehen. Sagen wir mal, nach San Francisco.«
    »Wie steht’s mit dem hübschen Schild über der Bar?« fragte ich. Auf dem Schild stand: Keine Raschriechker (Anagramm!). »Halten sie sich nicht daran?«
    »Die lachen nur darüber«, sagte er.
    »Du könntest eines ins Fenster stellen«, sagte ich. »Ein größeres. In Neon. Und am besten schreibst du’s diesmal richtig.«
    »Sehr komisch«, sagte er.
    »Zum Schreien«, sagte ich. »Aber weißt du, als Durchschnittsamerikaner müßtest du doch schon mal was von Bürgerrechten gehört haben, ich meine, gesetzliche Rechte, ganz zu schweigen von den moralischen.«
    »Ich weiß, ich weiß! Aber was soll ich denn machen? Ich werd noch verrückt, wenn ich weiterhin nur Banana-Daiquiris und diese verfluchten Tequila-Sunrises servieren muß; die Typen machen mich einfach nervös, ich fühl mich in meinem eigenen Laden nicht mehr wohl.«
    »Wie geht’s Lotus damit?«
    »Sie nimmt’s leicht«, sagte Jim. »Ich glaube, sie findet’s gar nicht mal so schlecht, weil sie von diesen Kerlen wenigstens nicht dauernd betatscht wird.«
    »Laß mich drüber nachdenken«, sagte ich, »aber ich sehe noch keine Lösung. Ich hab so das Gefühl, als müßte hier irgend jemand nachgeben.«
    »Tja, ich werde das nicht sein«, sagte Jim. »Eher mach ich zu.«
    »Vielleicht fällt mir ja auch noch was ein«, sagte ich. »Wer weiß? Wie auch immer, überlaß mir die Sache ein paar Tage.«
    »Mit Vergnügen«, sagte Jim und stand auf. »Hast du denn dein mexikanisches Schnarchnasentempo schon wieder abgelegt?«
    »Es muß jeden Moment soweit sein«, sagte ich.
    »Wo genau warst du eigentlich?«
    »In einer Touristenfalle namens Mazatlán«, sagte ich. »Ich hätte besser ins gute alte Yukatan fliegen
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