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Rosen für eine Leiche (German Edition)

Rosen für eine Leiche (German Edition)

Titel: Rosen für eine Leiche (German Edition)
Autoren: Hannsdieter Loy
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verstreut.
    »Princess Alexandra of Kent. Eine Rose von David Austin«, sagte ich
versonnen.
    David-Austin-Rosen kannte ich gut. Sie wuchsen in meinem Garten.
    Eine seltsame Regung überkam mich. Da war diese äußerst seltene
Pistole und daneben die Rosen, die mir so vertraut waren. Es war wie ein
Zeichen. Ein geheimes Zeichen, das nur ich verstehen konnte. Sehr behutsam, um
für die Spurensicherung nichts zu verändern, ließ ich die Zweige wieder
zurückgleiten.
    Mittlerweile hatte sich eine aufgeregte Traube von Menschen hinter
Liebermann gebildet. Ihre Stimmen pflanzten sich bis zu den hintersten Tischen
fort.
    »Ja mei«, sagte Liebermann und deutete zum Boot. Seine Gesichtsfarbe
war wieder ins übliche Rot übergegangen »Dat is ja Geschäftsschädichung. Wollen
die mich ruinieren?«
    Ich musste zugeben, sein Sarkasmus hatte etwas Cooles. »Bestimmt
liegen die nicht da drin, weil sie zu laut im Kirchenchor gesungen haben«, gab
ich zwischen den Zähnen zurück. Und dann deutlicher: »Lassen Sie die KPI Rosenheim verständigen.«
    Im Zurückwaten rief ich ihm die Nummer zu, Liebermann zückte Block
und Stift und notierte. Seit München besaß ich selbst kein Handy mehr. Ich
fand, ich war auch so erreichbar genug.
    »Was ist das, KPE ?«, fragte der Mann mit Handy, dem
Liebermann den Block in die Hand drückte.
    » KPI «, verbesserte ich. »Das ist die
Einsatzzentrale der Kriminalpolizeiinspektion. Machen Sie schon.«
    Ungern verscheuchte ich den tropfnassen Hund, aber es musste sein.
Ich trat neben das Boot, das ich mit dem Bug auf den Strand gezogen hatte. Ich
lugte durch die Zweige, ohne sie zu berühren, und sah mir die Waffe aus der
Nähe an. Ich las die Aufschrift » P 226« auf der
geriffelten Griffschale. Wo zum Teufel war ich diesem Pistolentyp zum letzten
Mal begegnet?
    Liebermann legte ein paar aufgespannte Sonnenschirme auf den
Kiesboden, mit der Breitseite zum Publikum, Absperrung und Sichtschutz
zugleich. Ich nickte ihm anerkennend zu.
    Mein Weißbier stand noch auf dem Tisch. Der schwarze Wuschelhund
hatte sich daruntergelegt. Seine großen braunen Augen spähten mir entgegen. Ich
griff nach dem Bier über ihm und machte einen so tiefen Zug, dass ich mich
verschluckte.
    Aus dem aktiven Dienst hatte ich mich mit zwei klaren Vorsätzen
verabschiedet. Der erste war: Nie wieder Mord! Und jetzt stolperte ich allem
Anschein nach über Selbstmord und Mord gleichzeitig. Einfach so, beim Relaxen
und Weißbiertrinken, ich konnte es nicht fassen! Wer hatte mir das eingebrockt?
    Der andere Vorsatz: Falls mir dennoch jemals wieder ein Mord vor die
Füße fallen sollte, wollte ich ihn einfach ignorieren. Mich überhaupt nicht
darum kümmern. Wozu gab es die jüngeren Kollegen von der lokalen Kripo? Auf
einen alten Sack wie mich würden die sowieso nicht hören. Also Finger weg von
diesem Fall, Joe Ottakring!
    Nachdem ich ausgehustet hatte, geschah etwas, was mir zuvor noch nie
passiert war. Ich ging zu Liebermann, legte ihm mit gestreckten Armen beide
Hände auf die Schultern, sah in sein ungläubiges Gesicht, ließ den Kopf hängen
und stieß einen geflüsterten, gehauchten Schrei in Richtung Kiesboden aus:
»Neiiiiiiin!«
    Der Ermittlungstrupp aus Rosenheim war nach dreiundzwanzig
Minuten da. Es waren zwei Männer und Chili Toledo in einem Zivilfahrzeug mit
Rosenheimer Nummer, dem Tatortkombi. Darin war alles, was man zur
Spurensicherung braucht. Unter anderem der große Alukoffer mit Fotoapparaten,
Instrumenten und Chemikalien. Nummerntäfelchen, Absperr- und Messbänder,
Behälter mit chemischen Pulvern, Wattestäbchen und Reagenzgläser zur DNA -Abnahme.
    Chili Toledo war achtundzwanzig Jahre alt, hatte einen Hang zu
Ehrgeiz und Perfektion und einen eigenen Sinn für Humor. Sie war Kommissarin
im K3,
der Abteilung Erkennungsdienst. Die ED ler
trafen immer zuerst am Tatort ein.
    »Hi, Onkel Josef«, sagte sie. Sie kaute an einer Chilischote herum.
    Jeden anderen hätte ich auf der Stelle in den See getaucht, wenn er
mich Onkel Josef genannt hätte. Nicht aber die Tochter meines Freundes Torsten
Toledo. »Grüß dich«, sagte ich. »Grüß dich, Chili.«
    Chili lebte seit gut zwei Jahren in Bayern. Davor hatte sie von
ihrer Geburt an sechsundzwanzig Jahre in Schleswig-Holstein verbracht. Inzwischen
sprach sie ein charmantes Touristenbayerisch. Nur an ihrem s-pitzen S-tein
blieb sie zwischendurch immer wieder hängen. Sie trug ihr terrakottabraunes
Haar lang und offen, was die weiche Linie des Halses und
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