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Nelson DeMille

Nelson DeMille

Titel: Nelson DeMille
Autoren: Das Vermächtnis
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Nelson DeMille
    Das Vermächtnis
    Roman
    Aus dem Amerikanischen von Georg Schmidt
    Die Originalausgabe erschien 2008 unter dem Titel The Gate House bei Grand Central Publishing, New York.
    PROLOG
    Wie schön ist dieser Garten, wo die Blumen der Erde mit den Sternen des Himmels wetteifern! Was kann mit der Vase jenes Alabasterbrunnens, gefüllt mit kristallenem Wasser, verglichen werden? Nichts als der Mond, wenn er voll ist und in der Mitte eines wolkenlosen Himmels glänzt!
    Inschrift an einer Wand der Alhambra, Granada, Spanien Aus: Washington Irving, Die Alhambra
    Es ist ein warmer Sommerabend, und im Schein eines vollen weißen Mondes betrachte ich, John Whitman Sutter, wie meine Frau, Susan Stanhope Sutter, mit ihrem Pferd Sansibar über die ruhigen Ländereien von Stanhope Hall reitet, ihren Familienbesitz.
    Der aufgehende Mond ist geradezu unheimlich hell, und er taucht die Landschaft in ein überirdisches Licht, das sämtliche Farben in silberne Blau- und Weißtöne verwandelt.
    Susan passiert eine Reihe hoher Kiefern und dringt auf ein benachbartes Anwesen vor, das Alhambra heißt, und ich frage mich, warum sie das tut, und hoffe, dass sie die Erlaubnis des neuen Besitzers hat, eines Mafia-Dons namens Frank Bellarosa.
    Majestätische Bäume werfen lange Schatten auf die Wiesen, und in der Ferne sehe ich die riesige, im mediterranen Stil verputzte Villa, dunkel, bis auf ein Licht, das durch die geschlossenen Glastüren eines Balkons im ersten Stock fällt. Dieser Balkon führt, wie ich weiß, zu der Bibliothek, in der Frank Bellarosa in seinem ledernen Lehnsessel sitzt.
    Susan nähert sich dem Haus, sitzt ab und bindet Sansibar an einem Baum fest. Sie geht zum Rand eines langen, spiegelnden Marmorbrunnens, der sich inmitten eines klassischen Gartens mit künstlichen römischen Ruinen befindet.
    Am anderen Ende des Teiches steht eine Statue des Gottes Neptun, der seinen Dreizack in die Luft reckt und zu dessen Füßen steinerne Fische aus weit aufgerissenen Mäulern Wasser in eine große Muschelschale aus Alabaster speien, das sich von dort in den Teich ergießt. Auf dieser Seite des Teiches, mir am nächsten, steht eine Statue der Jungfrau Maria, die neu ist und, wie ich weiß, von Bellarosas Frau als Gegenpol zu dem halbnackten heidnischen Gott aufgestellt wurde.
    Ein leichter, milder Wind bewegt die Zypressen, und Nachtvögel stimmen ihr Lied an. Es ist ein herrlicher Abend, und Susan ist sichtlich begeistert vom
    Mondschein und dem verwunschenen Garten. Auch ich bin von diesem zauberhaften Abend fasziniert.
    Als ich mich wieder Susan zuwende, zieht sie sich aus und hängt jedes Kleidungsstück über die Statue der Jungfrau, was mich sowohl verwundert als auch verwirrt.
    Susan, deren rote Haare sich im Wind bauschen, begibt sich zum Rand des Teiches und blickt auf ihr nacktes Spiegelbild im Wasser.
    Ich will mich ebenfalls ausziehen und zu ihr gesellen, bemerke aber, dass das Licht in der Bibliothek erloschen ist und die Balkontüren jetzt offen stehen, obwohl dort niemand ist, und ich habe ein ungutes Gefühl und bleibe im Schatten.
    Dann sehe ich die Silhouette eines Mannes vor dem weißen Gemäuer von Alhambra, und er läuft mit langen, kraftvollen Schritten auf den Teich zu. Als er näher kommt, sehe ich, dass es Bellarosa ist, der einen schwarzen Hausmantel trägt. Er steht jetzt neben Neptun, und sein Gesicht wirkt im Mondschein unnatürlich. Ich möchte Susan etwas zurufen, kann es aber nicht.
    Susan scheint ihn nicht zu sehen und blickt weiter auf ihr Spiegelbild, während Bellarosa wie gebannt auf Susan starrt. Ich bin empört darüber, dass dieser Mann den nackten Körper meiner Frau betrachtet.
    Susan und Frank sind so reglos wie die Statuen, und auch ich bin wie versteinert, kann nicht eingreifen, obwohl ich Susan beschützen will.
    Dann sehe ich, dass sie Bellarosa wahrgenommen hat, aber sie reagiert nicht. Ich verstehe das nicht; sie sollte nicht nackt vor diesem Mann stehen. Ich bin wütend auf sie und auch auf ihn, und wilde Gedanken jagen mir durch den Kopf, aber ich kann diese Wut weder in Worte noch in Laute fassen.
    Während ich Susan anstarre, kehrt sie Bellarosa und dem Teich den Rücken zu, und ich denke, dass sie weggehen will. Dann wendet sie den Kopf mir zu, als hätte sie ein Geräusch gehört. Ich will einen Schritt auf sie zugehen, aber mit einem Mal hebt sie die Arme, springt rückwärts in den Teich und schwimmt mit langen, kräftigen Zügen nackt durch das vom Mond
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