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Rosen für eine Leiche (German Edition)

Rosen für eine Leiche (German Edition)

Titel: Rosen für eine Leiche (German Edition)
Autoren: Hannsdieter Loy
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Hinausgehen überließ
er Wuschel sogar den Vortritt. Was will man mehr von einem neuen Hund als gute
Manieren? Ich sah ihn schon mit Frau Steiner spielen.
    Ein rot-weißes Absperrband an dünnen Metallspießen begrenzte den
Fundort um das Boot im Abstand von etwa sechs bis acht Metern. Die
Waffentechniker arbeiteten noch am Objekt. An Haltung, Gesten und der Art, wie
sie miteinander redeten, erkannte ich, dass sie nichts Wesentliches gefunden
hatten.
    »Droben in der Hirschauer Bucht suchen sie das Ufer ab«, sagte
Liebermann. »Und auf den Inseln sind sie auch zugange, das weiß ich von den
Wirtskollegen drüben.«
    Er legte mir die Hand auf die Schulter. »Haben Sie eine Ahnung, wer
eigentlich die Toten sind? Die Herren Beamten rücken nichts raus.«
    Ich grinste in mich hinein. Gestern wäre Liebermann fast ohnmächtig
geworden beim Anblick der Toten, und nun machte er auf abgebrüht. Wir hielten
uns im leeren Biergarten auf, die Stühle waren aufrecht gegen die Tische
gelehnt. Eigentlich hätte es rammelvoll sein müssen um diese Tageszeit.
    »Hat die Leere hier was mit der Polizei zu tun?«, fragte ich
Liebermann. »Bleiben die Gäste weg?«
    »Nee«, sagte er, »Montach ist Ruhetach. Haben Sie denn keinen
Ruhetach?«
    »Doch«, hörte ich mich sagen, »jeden Tach.«
    Ich drehte mich um und blickte hinaus auf blau
schimmerndes Wasser, auf die beiden Inseln Herren- und Frauenchiemsee und die
vielen weißen Tupfer der Segelboote. Durch das seichte Wasser am Strand konnte
man die Kiesel sehen, eine kleine Mole ragte in den See, und weiter rechts,
nach Norden, lag die Anlage der Wasserwacht auf einer Landzunge. Die Spitzen
der Voralpen im Süden stachen durch eine Haube von opalisierendem Dunst.
    Wenn man an etwas vollkommen anderes denkt, kommt einem manches, an
das man sich vorher nicht erinnern konnte, wieder in den Sinn. Gerade als der
Anblick der Berge mir so etwas wie Urlaubsgefühl vermittelte und ich mich frei
und entspannt fühlte, fiel mir der Name ein.
    Doch weiter kam ich nicht. Meine Überlegungen wurden unterbrochen.
Ich hatte gerade einen Gartenstuhl in die Waagrechte gekippt und eine Ferse
darauf abgelegt, da hörte ich Chilis Stimme.
    »Hi, Joe.«
    Sie kam vom Parkplatz her ums Haus, ein Fotoapparat mit Tele hing
über ihrer Schulter. Chili sah bezaubernd aus in ihrem weißen Top mit
Perlmuttknöpfen und ihren pastellblauen Seglerhosen. Eine leichte Brise blähte
ihr Haar über der Stirn auf. »Die anderen sind vorn am Tatortkombi.« Sie schob
die unvermeidliche Chilischote in den anderen Mundwinkel und wies mit dem
Daumen über die Schulter. Es hörte sich an, als müsse sie sich dafür
entschuldigen, dass sie allein vor uns stand.
    Liebermann nickte zustimmend.
    »Willst du’s hören, Joe?«, fragte Chili mich.
    Sie rückte einen Stuhl zur Seite und packte die Ausrüstung auf den
Tisch. Die Chilischote spuckte sie in den Kies. Im Umdrehen runzelte sie die
Stirn, hob die Schote wieder auf und legte sie in einen Aschenbecher.
    Was mich irritierte, waren das unruhige Flattern ihrer Hände und die
Falten über der Nasenwurzel. Zuerst setzte ich eine fragende Miene auf. Dann
antwortete ich:
    »Nein.«
    Offenbar gab sie nichts drauf. Sie sagte: »Erster Eindruck: ein
klassisches Liebesdrama, dieser Meinung sind bisher alle, auch Scholl. Älterer
Herr stellt junger Geliebter nach. Er erschießt zuerst sie und dann sich. Mord
und Suizid also. Wenn sich dieser Tatbestand als unwiderlegbar erweisen sollte,
sobald wir wissen, wer die beiden sind, würden wir die Ermittlungen einstellen.«
    »Einstellen müssen«, murmelte ich. Und fügte fast unhörbar, um mein
Gedächtnis zu prüfen, hinzu: »Paragraf 170, Absatz 2, S t PO .«
    Chili nickte. »In beiden Fällen handelte es sich um einen
aufgesetzten Schuss, haben die in der Frauenlobstraße festgestellt. Was wir
haben, ist die Waffe, eine Neun-Millimeter- SIG- Sauer.
Seltsam.«
    Erst in diesem Moment schien sie zu bemerken, dass Liebermann neben
uns stand und aufmerksam zuhörte.
    »Entschuldigen Sie uns kurz«, sagte sie. Sie nahm meinen Arm und
führte mich ans Wasser, vorbei an der abgesperrten Fläche rund um den Kahn. Mit
gedämpfter Stimme sprach sie weiter.
    »Weder Verletzungen an den Händen der Frau noch Blutspuren oder
Hautpartikel unter ihren Fingernägeln. Es hat also keinen Kampf gegeben. Zwei
Löcher in der oberen Außenhaut des Kahns, knapp unterhalb vom Dollbord. Sie
stammen von den Einschüssen in Höhe der Köpfe. Was fehlt, sind
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