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Rosen für eine Leiche (German Edition)

Rosen für eine Leiche (German Edition)

Titel: Rosen für eine Leiche (German Edition)
Autoren: Hannsdieter Loy
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Jahren
moderierte sie nun ihre eigene Personality-Show im Fernsehen.
    »Wie unsere Beziehung ist?«, hatte sie mich einmal gefragt. Und
gleich die Antwort gegeben. »Ein Glas, das zerbricht, wenn man es zu unsicher
oder zu fest anfasst.«
    Ja. Sie war eine intelligente Frau, meine Lola.

ZWEI
    Das traditionsreiche Neubeuern war einmal »Schönstes Dorf
Deutschlands« gewesen. An klaren Tagen konnte ich von meiner Wohnung aus über
die Dächer hinweg den Fernsehturm auf dem Gipfel des Wendelsteins sehen. Hier
zu leben hatte nach der Enge in der Großstadt München etwas Sanftes und
Beruhigendes.
    Das Dorf liegt zwischen zwei alten Stadttoren auf einem bewaldeten
Hügel unterhalb des Schlosses. Die Fassaden der Häuser sind reich bemalt. Es
gibt einen Schmied, eine Apotheke, den Dorfkramer, einen kleinen Buchladen und
kaum Parkplätze. Um die Kirche herum eine gute Handvoll Wirtshäuser, die das
Leben erträglich machen. Ein bisschen Tratsch überall, keine Hektik, kein
Schickimicki-Getue, jeder kennt hier jeden, und bald kannten alle mich.
    »Grüß Gott, Herr Ottelfing.«
    Frau Steiner, die Nachbarin, stand auf ihrem Balkon schräg über
meinem Garten, eine Gießkanne in der Hand.
    Ich grüßte zurück. Sprühte aber weiter verdünntes Gift über meine
kranken Rosen. Frisch gepflanzt und schon Mehltau.
    »Ihr Garten wird bestimmt schön«, rief Frau Steiner herunter. Ein
Auge zuckte in unregelmäßigen Abständen. »Sie gehen aber auch mit so viel Ellan
herran.« Die Worte purzelten abgehackt aus ihrem Mund. Als ob sie sich beeilen
müsse beim Sprechen. »Der Harry wird Ihnen schon wieder helfen, wenn’s für Ihr
Kreuz zu schwer wird.«
    Ich nickte dankbar zu ihr hinauf. Harry, ihr Sohn, war mir
tatsächlich schon öfters zur Hand gegangen. Die Steinerin und ihren Sohn musste
ich mir warmhalten.
    Meine Mietwohnung lag links unten in einem Vierfamilienhaus jenseits
des Stadttors. Ich bewohnte drei geräumige Zimmer, zwei Terrassen und einen
Rasengarten, in dem ich tun und lassen konnte, was ich wollte. Gleich nach dem
Einzug hatte ich die David-Austin-Rosen gepflanzt. Außerdem Bougainvilleas,
kleine Kirsch- und Zitronenbäume, Fuchsienstämmchen und Kapmargeriten in Kübeln
ausgesetzt. Alles blühte oder war kurz davor. Ein Flirren, ein Zwitschern, ein
Traum. Abends roch es göttlich. Wahrscheinlich hätte ich noch tanzende Nymphen
und eine beleuchtete Grotte in mein Reich gesetzt oder Gnomen und Pilze aus Ton
auf dem Rasen verstreut, hätte nicht Lola über den guten Geschmack gewacht.
    Frau Steiners Auge zuckte wieder. »Die Schoff war gut mit der Frau
Herrenhaus gestern Abend, wollt ich Ihnen nur sagen. Rrichten Sie ihr bitte
schöne Grüße aus?«
    »Ja, mach ich gern, Frau Steiner«, sagte ich. »Übrigens, mögen Sie
Hunde?«
    »Hunde sind neurottisch, Pieselmonster und verewigen sich in jedem
Garten.« Sie deutete vom Balkon herunter eine Verbeugung an. »Mit Verlaub«,
sagte sie, wandte sich um und ging hinein.
    Das goldene Licht der aufgehenden Sonne hatte mich heute früh
irgendwann nach fünf Uhr geweckt. Seither ging mir der Hund in Liebermanns
Biergarten nicht mehr aus dem Kopf.
    Der nächste Gedanke hatte den Leichen aus dem Boot gegolten. Sie
waren gewiss in der Nacht aufgeschnitten worden. Ich war gespannt, ob es einen
Abklatsch von den Schüssen an den Händen des Mannes gab. Sebastian Scholl würde
eine Soko bilden, der Chili als ED lerin gewiss
angehören würde. Sie war die Beste im Erkennungsdienst. Ungefähr zu der Zeit,
als ich unter der Dusche gestanden hatte, war vermutlich die Uferregion am
Chiemsee abgesucht und nach der Herkunft des Kahns geforscht worden. Ich stellte
mir vor, dass auch die Waffentechniker des LKA ihr Tagewerk am Boot begannen. Bestimmt suchten sie nach Projektilen und
Hülsen. Erschwert wurde der Fall sicherlich, weil Tatort nicht gleich Fundort
war. Wenn eine Leiche vom Tatort weggebracht und an anderer Stelle abgelegt
wird, gestaltet sich die Aufklärung erheblich schwieriger. Das ist wie ein
Gesetz.
    Ich neigte den Kopf zurück und schloss die Augen. Mensch, Ottakring,
du machst dir schon wieder Gedanken über einen Fall! Begreif doch endlich: Du
bist ein verdammter Ruheständler, den diese Sache überhaupt nichts angeht. Auch
hat man dich nicht gerufen, und wo bleibt eigentlich dein so fester Grundsatz?
Nie, nie, nie mehr wolltest du je wieder etwas mit irgendwelchen Kadavern zu
tun haben. Und jetzt? Woran denkst du ständig?
    Wahrscheinlich wäre ich mit dem Kopf
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