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Rosen für eine Leiche (German Edition)

Rosen für eine Leiche (German Edition)

Titel: Rosen für eine Leiche (German Edition)
Autoren: Hannsdieter Loy
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der Truppe?«
    Sie straffte ihren Körper, stemmte die Hände in die Hüfte. Dann
bückte sie sich abrupt, fuhr Herrn Huber mit der Hand über den Kopf. »Klaro«,
sagte sie. »Sag mal, weiß eigentlich Lola schon davon, dass du dir diesen Hund
angeschafft hast?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Die wird sich wundern«, sagte sie.
    Über unseren Köpfen schrie eine Möwe, stieg und ließ sich in den
Aufwind fallen. Sanft wurde sie ins helle Blau über dem See gehoben.
    Als ich gegen zehn Uhr abends nach Hause kam, war
zweierlei neu.
    Der Hund war neu. Und die Wohnung hatte sich verändert. Ein anderer
Geruch lag in der Luft. Die Vorhänge kamen mir anders, die Möbel heller vor. In
der Küche stand kein schmutziges Geschirr herum, an meinem und an Lolas
Waschbecken lagen zwei teure Stücke Seife, frische Handtücher hingen über den
Stangen. Die grüne Schaumstoffmatte für meine Abendgymnastik lag bereit.
    Herr Huber suchte mit wedelndem Schwanz alles ab, aber bei ihm war
der Grund für Neugier und Staunen klar: Für ihn war jeder einzelne Eindruck
frisch.
    Ich aber roch sofort, dass Lola in der Wohnung war. Im Schlafzimmer
fand ich sie, wo sie gerade das Bett bezog. Ich ging hinein und schloss die
Tür.
    »Ich hab aufgeräumt«, sagte sie, »und ein bisschen sauber gemacht.«
    »Ja«, sagte ich. »Das ist nicht zu übersehen.«
    »Wieso?«, sagte sie. »Wie kommst du darauf?«
    »Ganz leicht«, sagte ich. »Der Klodeckel ist runtergeklappt.«
    Einen Augenaufschlag lang sah sie mich an, als hätte einer der
Kandidaten in ihrer Show etwas Blödsinniges gesagt. Dann warf sie den Kopf nach
hinten und lachte laut.
    Ihre Stimme. Sie war kehlig und trotzdem weich, selbst wenn sie
lachte.
    Obwohl sie lange Jahre als Journalistin unter Männern gearbeitet
hatte und sich auch beim Fernsehen zwischen zotigen Kollegen und begehrlichen
Blicken behaupten musste, hatte Lola sich eine weibliche Spontaneität und sogar
eine gewisse Naivität bewahrt. Doch nie durfte man sie unterschätzen. Sie
konnte auch zur Wölfin werden. Ich nahm eine Strähne ihrer braunen Pagenfrisur
zwischen Daumen und Zeigefinger und spürte eine tiefe Zärtlichkeit in mir
aufsteigen.
    »Du siehst aus, als wolltest du sofort auf die Matte«, sagte sie und
deutete zu der ausgerollten Gymnastikmatte hin.
    Ich ließ ein Knurren hören. »Absolut«, sagte ich. »Aber nicht auf
diese.« Ich sog ihren Duft ein. Er erregte mich noch mehr. Ich streckte die
Arme aus und nahm ihre beiden kleinen Hände. Sie fühlten sich warm und weich
an.
    Ein kleiner Muskel ihres Mundwinkels zog sich zusammen, wodurch ihr
Lachen ein wenig schief wurde. »Wann willst du mich heiraten, Joe?«, fragte
Lola.
    »Was machst du mit mir? Warum bringst du das jetzt? Du lässt nicht
locker, was?«
    »Nein. Immer dranbleiben, meine Devise, kennst du doch«, sagte sie.
    Über ihre Schulter hinweg sah ich, wie sich die Klinke nach unten
bewegte. Die Tür ging ruckartig auf.
    Herr Huber setzte extrem vorsichtig eine weiß beschuhte Pfote vor
die andere. Seine Augen baten um Verzeihung. Doch er bewegte sich im
Zeitlupentempo weiter. Hatte Lola die Tür gehört oder seine Krallen, die leise
über den Parkettboden klickten, oder spürte sie den Wolfshauch in ihrem Rücken –
jedenfalls ließ sie meine Hände los und fuhr herum. Ihr Mund öffnete sich, dann
schloss er sich wieder.
    »Vergiss es«, sagte sie.
    Sie brachte die Zähne kaum auseinander.
    »Was?«
    »Das mit der Matte.«
    Damit hatte ich bereits gerechnet. Aber es kam noch dicker.
    »Und das mit dem Heiraten. Du bist ja schon verheiratet.«
    Der Hund beäugte sie misstrauisch, maulte ein bisschen und gähnte
laut vor Verlegenheit. Dann wedelte er zurückhaltend mit dem Schwanz, drehte
sich um und trollte sich.
    Ich schluckte.
    Wenn Lola bei mir war, war ich von einem tiefen Gefühl der
Zufriedenheit, ja von Glück erfüllt. Alles, was dieses Glück störte, war mein
Feind.
    Doch wie war das mit Herrn Huber?
    Ich hatte es geahnt.

DREI
    Die Einzigartigkeit eines Verbrechens gibt fast
unweigerlich einen klaren Hinweis. Je konturloser und gewöhnlicher hingegen
eine Tat erscheint, desto schwieriger ist sie aufzuklären.
    Der Fall der beiden Toten im Boot fiel in die Kategorie
»einzigartig«. Mehr noch: Er war beispiellos. Und trotzdem wusste man noch nicht
einmal, wer die beiden waren.
    Scholl und Staatsanwältin Goldner hatten den Fall öffentlich
gemacht. Ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie es an diesen Tagen im
Kommissariat zuging.
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