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Rosen für die Kaiserin

Rosen für die Kaiserin

Titel: Rosen für die Kaiserin
Autoren: Guenter Krieger
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Geschichtsschreibern ein gespaltetes Bild von sich. Einerseits gebildet, hochbegabt und von gewinnendem Äußeren, neigte er andererseits zu Schwärmerei und mangelndem Realitätssinn. Das Imperium des Trajan wollte er erneuern, stieß aber dabei, wie schon sein Vater, auf wenig Gegenliebe bei den Römern, für die alle Herrscher aus dem Norden stets Barbaren blieben. Seinem sächsischen Vetter und Freund Brun, gleichfalls von schwärmerischer Natur, setzte Otto die päpstliche Tiara aufs Haupt; jener wiederum, der sich nun Gregor V. nannte, krönte den Sechzehnjährigen zum Kaiser. Beide träumten einträchtig von großen Taten, doch der römische Stadtadel lehnte sich immer wieder gegen sie auf. Der selbstherrliche Crescentius erwies sich als treuloser Verbündeter. Er vertrieb den deutschen Papst aus der Tiberstadt, sobald Otto ihr den Rücken gekehrt hatte, ersetzte ihn durch niemand anderen als Johannes Philagathos, den Günstling der verstorbenen Kaiserin Theophanu. Philagathos, einst Lehrer des jungen Otto, war vermutlich nur eine Schachfigur in den Ränken des Crescentius, doch er büßte seinen Opportunismus später mit dem Leben. Bevor man ihn – auch auf Gregors Drängen – hinrichtete, ließ man ihm Nase, Ohren und Zunge abschneiden; auf einem Esel sitzend wurde er durch Rom getrieben. Sein früherer Zögling ließ bei Strafgerichten selten Milde walten. Es war eine Ironie, ja eine Tragik, dass jene Römer, die der junge Kaiser zu neuen Höhen führen wollte, ihm vor allem Ablehnung und Verachtung entgegenbrachten. Berühmt wurde die Rede, die er von den Zinnen der Engelsburg aus an das römische Volk hielt, nachdem ein neuerlicher Aufstand ihn dorthin hatte flüchten lassen. »Das also seid ihr, die ich meine Römer nannte«, rief er ihnen mit empörter Leidenschaft zu. »Aus Liebe zu euch habe ich mein Vaterland und meine Nächsten verlassen, habe ich meine Sachsen, ja alle Deutschen – mein eigenes Blut! – dahingegeben. Ich habe euch in die fernsten Gegenden unseres Reiches geführt, wohin selbst eure Väter, als sie noch den Erdkreis beherrschten, niemals einen Fuß setzten. Euch habe ich als meine Kinder betrachtet, die ich allen vorzog, um mir dadurch den Hass und Neid der anderen zuzuziehen. Und nun, zum Dank für all dies, seid ihr mir in den Rücken gefallen, habt meine Freunde getötet, habt mich aus eurer Gemeinschaft ausgeschlossen, obgleich ich euch niemals aus meiner Liebe entlassen werde …«
    Nicht nur dem Römertum, auch dem großen Kaiser Karl galt seine lebenslange Verehrung. Otto III. ließ das Grab des Karolingers unter dem Aachener Münster öffnen, um dem Toten einen makaberen Besuch abzustatten. Die zerfallene Nasenspitze des Leichnams ersetzte er durch Gold, einen Zahn, Gewandreste sowie ein goldenes Kreuz nahm er als Reliquien an sich. Sein glühender Wunsch war es, einst neben dem Ruhmreichen beigesetzt zu werden.
    Schon knapp zwei Jahre nach der Graböffnung, die manchem wie ein hochmütiger Frevel erschien, sollte sein Wunsch sich erfüllen. Am 24. Januar 1002 starb er zweiundzwanzigjährig – sinnigerweise unweit von Rom – an der Malaria. Der Gedanke, gescheitert und von Gott verlassen zu sein, hat ihn vor seinem Ende gequält. Sein Leichenzug in die Heimat musste von Getreuen gegen angreifende Feinde verteidigt werden. Theophanus Sohn blieb unverheiratet und kinderlos, er überlebte seine Mutter um neun, seine Großmutter lediglich um drei Jahre. Als miraculum mundi (Weltwunder) hat man ihn bezeichnet. Was beweist, wie sehr er, trotz aller Ohnmacht und Schwächen, seine Mitmenschen zu beeindrucken verstand.
    Zu seinen unentbehrlichen Beratern zählte in späteren Jahren auch der große Gelehrte Gerbert von Aurillac. Als Erzbischof hatte sich Gerbert in Reims nicht behaupten können, dem Kaiser aber waren seine Gegenwart und sein Rat hochwillkommen. Gerbert unterstützte Otto in seinem Traum, das Kaiserreich der Römer als christlichen Gottesstaat wiederherzustellen. Als des Kaisers Vetter, Papst Gregor V., starb – vermutlich war hier einmal mehr das Gift römischer Widersacher im Spiel –, machte Otto Gerbert zum neuen Pontifex; als Silvester II. bestieg er den Papstthron. Die Silvesternacht des Jahres 999 soll er betend in der Erwartung des nahenden Weltenendes verbracht haben. Abergläubische Zeitgenossen brachten ihn mit teuflischen Praktiken in Verbindung, da seine Beschäftigung mit den Wissenschaften ihnen suspekt blieb. Gerbert alias Papst Silvester starb
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