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Rosen für die Kaiserin

Rosen für die Kaiserin

Titel: Rosen für die Kaiserin
Autoren: Guenter Krieger
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Priester haben recht, Gottes Wege sind in der Tat unergründlich.«
    »Mach dir keine Sorgen. Deine Großmutter wird sich um dich kümmern, bis du alleine regieren kannst.«
    Er rümpfte die Nase, sagte aber nichts.
    »Eines Tages wirst du ein großer Kaiser sein. Versprich mir, dass du dich stets auch um deine Schwestern kümmerst.«
    »Gewiss, Mutter.« Sein Kampf gegen die Tränen war verloren. Schluchzend sank er in sich zusammen. Theophanu sammelte ein paar Kräfte, damit sie den Druck seiner Hand erwidern konnte.
    »Tröste dich, mein Junge«, flüsterte sie, »denn in der Ewigkeit sehen wir uns wieder. Dein Vater wartet dort bereits auf mich.«
    »Und doch, ich wollte, dass Ihr lebt, Mutter. Tut sterben weh?«
    »Nur ein wenig. Ärger als die Leiden des Körpers sind die der Seele. Darum tu Gutes als Herrscher, Otto, damit du, wenn Gott dich einstmals zu sich ruft, keine Qual leiden musst.«
    »Ich will, dass alle Menschen glücklich sind, Mutter.«
    »Ja, ich weiß. Doch nun verrate mir, was dir überdies auf dem Herzen liegt. Ich sehe dir an, wie sehr du mit dir ringst. Was möchtest du mir sagen?«
    Otto wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und atmete tief. »Wenn ich nur wüsste, ob sie die Wahrheit spricht …«
    »Wer, mein Junge?«
    »Eine Frau, sie ist noch jung und von bäuerlicher Herkunft. Sie lässt Euch diese Rosen schicken und beschwört mich, dass sie Euch umgehend sprechen muss. Ich wollte sie fortschicken, da Ihr so krank seid, aber …«, er rang nach Worten, da er offenbar fürchtete, die Mutter aufzuregen, »aber sie behauptet, es habe etwas mit meiner Zwillingsschwester zu tun.«
    Theophanus Augen waren geschlossen. Sie tastete nach einer Rose und sog behutsam den Blütenduft in sich auf.
    »Lass sie zu mir kommen«, sagte sie leise.
    Es war die findigste Geschichte, die Jutta jemals ersonnen hatte. Und die unverfrorenste. Der Dank der Kaiserin war nicht durch die Wahrheit zu erwerben. Allein die Notwendigkeit, ihre verstorbene Mutter mit ins Spiel zu bringen, bereitete Jutta Skrupel. Doch Hroswitha hätte gewollt, dass es ihren Töchtern an nichts mangelte. Gewiss gab sie zu alldem ihre Zustimmung, wo immer ihre Seele sich auch befinden mochte.
    Während sie die Silberspange mit viel Sorgfalt in Magdas flachsblondem Haar befestigte, ließ Jutta sich die Geschichte noch einmal durch den Kopf gehen. Plötzlich war sie äußerst nervös. »Verdammt, halt still und gib endlich Ruhe«, fuhr sie die Schwester an, die nicht aufhören wollte, zu zappeln und ihr Fragen zu stellen.
    Nun denn! Juttas Lippen probten stumm die Rede. Auf keinen Fall durfte sie sich in Widersprüche verwickeln … Hohe Frau, seit vielen Jahren quält mich das Wissen, das ich mit mir trage. Jetzt halte ich es nicht länger aus. Ich bin gekommen, um Euch von der Ungeheuerlichkeit zu berichten, die sich damals, als der König zur Welt kam, zutrug. Der Zufall wollte es, dass auch ich an diesem Tag im Forsthaus war. Meine Eltern führten in der Nähe einen Hof. Ich erinnere mich, als sei alles erst gestern geschehen. Meine Mutter hatte in der Nacht ein Mädchen zur Welt gebracht, doch da ihr Milchfluss ausblieb, eilte sie mit dem Neugeborenen zur Amme des Försters. Ich begleitete sie, und als wir das Forsthaus erreichten, staunten wir nicht schlecht: Das Kaiserpaar war dort mit seinem Gefolge eingekehrt. Die Kaiserin komme bald nieder, erklärte man uns, bevor wir von den Wächtern fortgeschickt wurden. Da aber der Säugling vor Hunger immer schwächer wurde, kehrten wir rasch zurück. Unterwegs stellte meine Mutter fest, dass er bereits tot in ihren Armen lag. Im Forsthaus wurde derweil die Geburt des Thronfolgers gefeiert, und da sich plötzlich niemand mehr um uns scherte, betraten wir das Haus. In einem der Räume stand eine hölzerne Schaukelwiege, darin schlummerten zwei Säuglinge. Die Dienerschaft war unaufmerksam, denn der Kaiser hatte jedem Wein bringen lassen. Als die Säuglinge für ein paar Augenblicke unbeobachtet waren, tauschte meine Mutter den einen gegen ihren eigenen aus. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen, hohe Frau, wenn mir das Frevelhafte dieser Tat auch damals nicht bewusst war. Meine Mutter starb nur wenige Tage da­rauf an einer Blutung; vielleicht war das ja die Strafe Gottes. Ich aber war die Einzige, die das Geheimnis kannte – bis heute! Meine Schwester ist in Wahrheit Eure Tochter, sie ist die Zwillingsschwester Eures Sohnes, des Königs, und endlich sollt auch Ihr es erfahren. Vergebt
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