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Rosen für die Kaiserin

Rosen für die Kaiserin

Titel: Rosen für die Kaiserin
Autoren: Guenter Krieger
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Magda. Sie war immer noch weinerlich.
    »Psst, leise.« Jutta legte ihr einen Finger auf den Mund.
    »Ich will nach Hause.«
    »Nach Hause, so ein Unsinn. Jetzt, wo wir dem König begegnet sind.«
    »Ist er wirklich der König?«
    »Aber gewiss, das sieht man doch. Magda, ich muss dir etwas sagen. Und es ist wichtig, dass du mir gut zuhörst.«
    Die Kleine schniefte.
    »Von heute an trägst du einen anderen Namen. Nie wieder werde ich dich Magda nennen, hast du verstanden? Ab sofort heißt du Irene.«
    »Aber warum denn?«
    »Weil es besser für dich ist. Und für mich.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Du wirst es noch begreifen, das verspreche ich dir. Deine Mutter, du hast sie niemals kennengelernt, weil sie bei deiner Geburt starb. Nun stell dir vor, sie sei in Wahrheit jemand anderes gewesen. Nämlich die Kaiserin! Und der König ist somit dein Bruder. Dein Zwillingsbruder !«
    »Wäre ich dann eine Königin?«
    »Zumindest eine Prinzessin . Prinzessin Irene! Du bist von jetzt an Prinzessin Irene. Im Grunde warst du es immer schon, hast du verstanden?«
    »Ich weiß nicht.«
    »So begreife doch, ich will nur unser Bestes. Du heißt Irene. Das ist alles, was du im Augenblick wissen musst. Wenn jemand etwas anderes von dir wissen möchte als deinen Namen, dann schweigst du. Ich werde für uns sprechen, sei unbesorgt. Nun, wie also lautet dein Name?«
    »Irene«, war die zaghafte Antwort der Kleinen.
    »Gut. Wenn du vor Kaiserin Theophanu stehst, senkst du ehrfürchtig das Haupt.«
    »Was ist mit den Rosen? Einer Kaiserin schenkt man Rosen! Das hast du mir selbst erzählt.«
    Jutta erinnerte sich. »Ja, du hast recht. Bestimmt kann der junge König uns welche verschaffen.«
    24
    W
    ährend des Diktats hielt Theophanu öfter inne, da das Sprechen ihr den Atem nahm. Die Säfte in ihren Lungen brodelten. Auch spürte sie das zurückkehrende Fieber, doch die Briefe durften nicht warten. Das Ende nahte mit großen Schritten, die Schwingen des Todes warfen schon ihren Schatten auf sie. Binnen eines Tages – sie zweifelte nicht da­ran – würde sie den Weg allen Fleisches gehen. Jeden Augenblick, den sie noch klaren Verstandes war, galt es zu nutzen.
    Auch eine Löwin hat manchmal Angst!
    Ja, die Gewissheit, bald zu sterben, ließ sie nicht furchtlos, doch sie konnte sich an Augenblicke in ihrem Leben erinnern, da sie mehr Angst empfunden hatte. Angst hatte sie gehabt, als man sie – fast noch ein Kind – in ein fremdes Reich schickte, um einen Fremden zu heiraten. Als sie und Otto Hals über Kopf vor den Franzosen flüchten mussten. Als Otto starb und sie zurückließ. Auch die Feldzüge, die sie hatte führen müssen, hatten ihr Angst bereitet. Aber nie hatte sie gewollt, dass man ihre Angst spürte. Die Stärke, die sie gelebt hatte, forderte ihren Preis: Ihre Kräfte waren versiegt. Es war an der Zeit, die Leere mit Gottes Seligkeit zu füllen. Später würde sie den Priester kommen lassen, um ihre Sünden zu beichten. Zuvor würde sie verlangen, dass man ihr die Haare scherte und ihr ein schwarzes Ordensgewand anlegte, wie es einer Sitte ihrer Heimat entsprach, die sie vor so langer Zeit verlassen hatte. Dann würde sie beruhigt und voll Gottvertrauen auf das Ende warten.
    Mitunter hatte der Schreiber Mühe, ihre dahingehauchten Worte zu verstehen, aber irgendwann war alles zu Pergament gebracht: die letzten Freundschaftsgrüße an Gerbert von Aurillac und Johannes Philagatos; das Schreiben an Adelheid, in dem sie die Schwiegermutter um Vergebung für manches Scharmützel bat und ihr die alleinige Vormundschaft für den König antrug; abermalige Anweisungen an ihre Kanzler Willigis und Hildebald. Auch einige letzte wohltätige Schenkungen lagen ihr am Herzen. Selten war sie sich ihres persönlichen Reichtums so bewusst gewesen wie auf dem Sterbebett.
    Der Schreiber ging; er wirkte betroffen. Der Medicus Fulrad und einige Nonnen strichen sorgenvoll um das Bett der Kaiserin herum, aber Theophanu bat sie darum, sie mit dem König allein zu lassen. Auch Otto hatte nämlich inzwischen ihr Gemach betreten; in seiner rechten Hand hielt er drei rote Rosen. Das Feuer widerstreitender Gefühle in seinen Augen war Theophanu nicht entgangen. Sie streckte ihm eine Hand entgegen; er ergriff sie und setzte sich zu ihr. Die Rosen legte er neben ihr auf das Bett.
    »Warum brennt überall Weihrauch, Mutter? Müsst Ihr denn wirklich sterben?« Er kämpfte gegen seine Tränen an.
    »Gott will es so, mein Sohn.«
    »Ach, die
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