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Rosen für die Kaiserin

Rosen für die Kaiserin

Titel: Rosen für die Kaiserin
Autoren: Guenter Krieger
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mir, hohe Frau, dass ich Jahre verstreichen ließ, doch der Abschied von der geliebten Schwester, die sie ja auch für mich war, hätte mir das Herz gebrochen. Sie trägt sogar den Namen, den Ihr ihr geben wolltet, und …
    »Meine Mutter, die Kaiserin, ist bereit, dich zu empfangen!«
    Es war der junge König selbst, der den Raum betreten hatte und sie in ihren Gedanken unterbrach. Jutta fuhr leicht zusammen, dann aber straffte sie die Schultern.
    »Komm, Irene«, sagte sie zu ihrer Schwester.
    Otto wurde von einem Leibdiener begleitet. Die beiden schritten voran, die Mädchen folgten ihnen über den Hof zur Hauptpfalz. Einmal drehte Otto sich um. »Du darfst sie auf keinen Fall aufregen!«, sagte er mit Nachdruck zu Jutta. Seine träumerischen Augen waren rot, als habe er geweint.
    Nun, das kann ich nicht versprechen, dachte Jutta, nickte aber stumm.
    Der Anblick der sterbenden Kaiserin änderte alles.
    Selbst ein Dummkopf hätte erkennen können, dass es nur noch eine Frage von Stunden war. Hatte der König nicht lediglich von einem Fieber gesprochen? Offensichtlich hatte er ihr das wahre Ausmaß der Krankheit verschwiegen. Erschüttert stand Jutta an dem Sterbebett, an der Hand die in Ehrfurcht erstarrte Schwester. Der junge König, die Zofe sowie der Leibarzt traten zurück – Besorgnis, aber auch Missbilligung ob des ungelegenen Besuches stand in ihren Gesichtern geschrieben.
    Ein qualvoller Husten schüttelte die Kaiserin. Eutropia eilte herbei, rückte ihr das Kissen zurecht. Von dem Anfall erholt, wandte sie ihr schweißnasses Gesicht den Ankömmlingen zu. Dem Siechtum zum Trotz, es war ihr noch viel von ihrer unglaublichen Schönheit geblieben. Jutta war schockiert und fasziniert zugleich, aber eines war ihr klar geworden: Nichts von dem, was sie listig ersonnen hatte, würde ihr über die Lippen kommen. Kaiserin Theophanu war ihre Heldin, von einem Leben in ihrem Gefolge hatte sie geträumt, sie war bereit gewesen, dafür zu lügen … Aber sie würde es nicht übers Herz bringen, vor der Sterbenden, die bald schon Gottes Antlitz schauen durfte, das Märchen von einem vertauschten Säugling vorzubringen. Ohnehin machte der Tod der Kaiserin alles sinnlos. Juttas Traum endete hier und jetzt. Schon einmal hatte sie vor dem Bett der Kaiserin gestanden. Diesmal durfte sie nicht auf ein Wiedersehen hoffen.
    »Hab Dank für die Rosen«, hörte sie die Sterbende flüstern. »Sie duften köstlich. Du hast mir eine große Freude gemacht.« Jutta nickte zaghaft und schluckte, unfähig, etwas anderes zu tun.
    »Ich kenne dich!«, fuhr Theophanu fort. »Wir sind uns schon einmal begegnet. Du bist der kleine Engel, der sich Jutta nannte.«
    Am liebsten hätte Jutta auf der Stelle losgeheult.
    »Bist du die treue Seele, die mein Gemahl mir zu schicken versprach?«
    »Ich … ich weiß nicht, hohe Frau.« Redete die Kaiserin im Fieberwahn?
    »Wer ist das Mädchen an deiner Hand?«
    »Sie heißt … Magda. Ich hielt sie in meinen Armen, als ich damals an Eurem Bett stand, hohe Frau. Magda ist meine Schwester.«
    Kaiserin Theophanu nickte, hustete dann erneut. Die Zofe kam herbei, um ihr die Stirn abzutupfen, aber ihre Herrin winkte ab. »Später, Eutropia, später.« Ihr Blick blieb auf ihre Besucherinnen gerichtet.
    »Heilige Jungfrau, wie schön Ihr doch seid!«, entfuhr es Jutta. Was dachte der liebe Gott sich dabei, sie so früh aus dem Leben zu rufen? Warum ließ er sie nicht alt und grau werden?
    »Schönheit? Denk immer daran, wie vergänglich sie ist«, sagte die Kaiserin.
    Jutta presste die Lippen aufeinander. Dann holte sie tief Atem und machte sich daran, ihrer Schwester die Spange aus dem Haar zu nehmen. Mit fassungslosem Schweigen ließ Magda es geschehen.
    »Diese Spange gehört Euch, hohe Frau!« Jutta reichte ihr das Schmuckstück, aber die Kaiserin nahm es nicht.
    »Ich schenkte sie dir damals, also behalte sie.«
    »Nicht mir schenktet Ihr sie, sondern …«
    »Sei still, mein Engel. Ich möchte, dass sie auf immer dein bleibt.« Sie winkte Jutta nah zu sich heran, sodass nur sie allein ihr Flüstern vernehmen konnte.
    »Du bist eine Löwin, Jutta. Deine Augen verraten es mir. Eine Löwin …«
    Kaiserin Theophanu schloss die Augen, das Sprechen hatte sie allzu sehr erschöpft. Ihr Atem ging schwer, ihre Brust rasselte, aber ihre Mundwinkel schien ein frohes Lächeln zu umspielen. Noch nie in ihrem Leben war Jutta so ergriffen gewesen. Sie beugte sich vorsichtig hinab, drückte die Lippen auf den
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