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Roman

Roman

Titel: Roman
Autoren: Jeri Smith-Ready
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Shane. »Ausgerechnet die beiden Typen, die mich vor Travis gerettet haben, sorgen jetzt dafür, dass er von mir trinken kann.«
    »Tja, Ironie des Schicksals.«
    Ich verspüre ein heftiges Verlangen nach ein bisschen Small-talk. »Wie geht’s denn Deirdre so?«
    »Gut, soweit ich weiß. Sie ist jetzt Jims Spenderin. Ich habe dir ja schon letzten Monat gesagt, dass ich kein Blut mehr von anderen Frauen trinke.«
    »Das galt doch nur, wenn ich einwillige, deine feste Freundin zu sein.«
    »Vorauseilender Gehorsam.«
    »Oh.« Eigentlich würde ich mich jetzt wunderbar leicht und wohlig fühlen, würde nicht gerade ein Vampir an meinem Schlüsselbein nuckeln. »Hast du denn als Ersatz für sie ein paar nette Kerle gefunden?«
    »Ich habe jetzt Kontakt zu einem echt coolen Tpyen aus Pittsburgh. Wir haben Treffen vereinbart für die Nächte, in denen die Steelers Monday Night Football spielen. Er hat Kabelfernsehen.«
    »Ist er niedlich?«
    »Er ist dreiundsechzig.«
    »Oh-ha. Ich meine: oh.«
    Wie ein Messer fährt plötzlich Schmerz in meinen Körper. Mir schießen Tränen in die Augen, und ich schreie auf.
    »Hey!« Shanes Arm schießt vor, greift sich Travis und zieht ihn ein Stück von meinem Hals weg. »Was haben wir dir über das Saugen beigebracht?«
    »Verzeihung«, krächzt Travis, beschäftigt sich dann aber wieder damit, an meinem Hals zu lecken.
    Ich wische mir die Tränen ab und unterdrücke das Bedürfnis, aufzuspringen und davonzulaufen. »Was ist denn falsch daran zu saugen?«
    »Es kann dazu führen, dass die Wunde einreißt und sich leichter infiziert.«
    Mein Magen schlägt Purzelbäume, und mir wird speiübel und schwindelig zugleich. »Schnell, erzähl mir eine Geschichte, sonst muss ich gleich kotzen.«
    Shane legt sich zu mir. Ich kann ihn nicht sehen; denn dazu müsste ich den Kopf drehen. Das aber täte ziemlich weh. Also starre ich lieber an die Decke.
    »Ich erzähle dir vom fünften April 1995.«
    Meine Augen weiten sich. »Ich hab nicht unbedingt die Geschichte gemeint.«
    »Willst du sie jetzt hören oder nicht?«
    Ich berühre Shanes Brust. »Nur wenn du sie mir wirklich erzählen möchtest.«
    Er atmet mehrmals durch, setzt an, holt nochmal tief Luft. »Ich habe nicht mehr leben wollen«, beginnt er schließlich. »Die Gründe sind eigentlich gar nicht so wichtig. Im Grunde war mein Leben im Arsch. Die Medikamente, die ich bekam, waren die falschen. Dieselbe traurige Geschichte wie bei einer Million anderer Depressiver.«
    Ich schließe die Augen und höre zu. Es ist wie sonst, wenn ich seine Stimme übers Radio gehört habe. Nur dieses Mal ist das, was er erzählt, wirklich allein für mich bestimmt. Selbst Travis schlürft seine Blutdosis respektvoll leiser, wie es scheint.
    »Da habe ich Regina kennengelernt«, fährt Shane fort. »Sie hatte sofort Verständnis dafür, dass ich diese Scheiß-Welt verlassen wollte; sie verstand den Schmerz, zu dem alles geworden war, was ich kannte. In ihr war es genauso schwarz wie in mir.« Er lacht auf, Sarkasmus pur. »Jedenfalls habe ich das damals echt geglaubt. Sie war schließlich ein Vampir, in ihrem Inneren musste es schwarz sein, oder?«
    »Das sollte man annehmen, ja.«
    »Ich habe dagegen angekämpft. Ich war seit Jahren nicht mehr in der Kirche gewesen. Trotzdem habe ich gebetet. Ich bat um die Kraft zu leben, um ein Zeichen, dass ich noch ein Teil dieser Welt wäre, hierhergehörte. Aber nichts passierte. Also bat ich Regina, mich zu töten.« Shane fährt mir mit den Fingern durchs Haar, massiert mir die Schläfen. »Schätze mal, ich hätte mir eine zuverlässigere Methode aussuchen sollen.«
    »Als Selbstmordmethode find ich’s irgendwie cool.«
    »Und irgendwie sinnvoll. Wenn ich schon abtreten wollte, warum mein Blut nicht jemandem geben, der es braucht? Allemal besser, als damit mein Wohnzimmer zu besudeln und darauf zu warten, dass die alte Dame von nebenan sich über den Gestank beschwert.« Shane hält inne. »Außerdem hat Regina mich vorher schon gebissen. Es hat sich unglaublich angefühlt. Da hab ich halt gedacht, dass es eine ganz großartige Methode ist, um endgültig den Abgang zu machen.«
    Ich frage mich ernsthaft, warum Vampirbisse nicht denselben Effekt auf mich haben. Vielleicht sind sie wie jede andere Droge – manche Leute werden high davon, anderen dagegen wird einfach nur schlecht.
    »In der besagten Nacht«, erzählt Shane weiter, »hat Regina mehr getrunken als jemals zuvor. Mein Herz hat gemeint, es müsse
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