Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Roman

Roman

Titel: Roman
Autoren: Jeri Smith-Ready
Vom Netzwerk:
das Schlagzeug-Solo aus Wipe Out spielen. Mich hat das nicht gekümmert, weil ich meinen Körper verlassen würde. Ich war einfach nur glücklich.
    Das Nächste, woran ich mich erinnere, ist, dass sie mir Blut in den Mund gespuckt hat. Ich wollte mich abwenden, es ausspucken, denn ich wusste, was das hieß. Aber ich habe es schließlich doch geschluckt. Von dem Moment an war alles anders. Es gab Licht statt Dunkelheit, Hunger statt Leere. Ich habe mir Regina gepackt und von ihr getrunken.«
    »Warum hast du das getan? Du wolltest doch sterben.«
    Shanes Fingerspitzen streichen über die Innenseite meines Arms. »Aber dein Körper will leben. Ein Magen erbricht Gift. Schnittwunden an den Handgelenken schließen sich wieder. Es muss schon Heftiges passieren, damit diese Maschine sich abschaltet.«
    Ich frage mich, wie oft Shane wohl versucht hat, sich umzubringen. Mein Leben war auch nicht immer ein Ponyhof, aber ich wäre nie auf die Idee kommen, den Tod als Alternative zu wählen.
    »Vielleicht hatte Regina schon länger vorgehabt, mich zu verwandeln. Aber das würde sie niemals zugeben. Sie behauptet jedenfalls steif und fest, sie habe es nicht ausgehalten, mich sterben zu sehen.«
    Ich kann Reginas Impuls sehr gut nachfühlen. Nachdem ich Elizabeth und Gideon habe sterben sehen, plane ich ernsthaft, Shane in einen Rollkragenpullover aus Kevlar zu stecken. »Regina hat dir das Leben gerettet.«
    »Ich wollte den Tod«, sagt Shane bitter, »und sie ein Schoßtier.«
    Gott, ich liebe diesen Mann. Ich will alles tun, um zu verhindern, dass er noch einmal in diese Dunkelheit zurückkehrt.
    Ich öffne schon den Mund, um Shane meine Liebe zu gestehen. Aber Travis nutzt diesen herzzerreißend kitschigen Moment, um einzuschlafen und lautstark zu schnarchen.
    Shane blickt zu ihm. »Sein Gesicht hat wieder mehr Farbe. Gut. Ich denke, er wird’s doch schaffen.« Er greift nach dem Päckchen Verbandsmull, das auf dem Nachttisch bereitliegt. »Haben Sie Dank für die edle Spende, Ma’am. Ehe Sie gehen, bedienen Sie sich bitte reichlich an Saft und Keksen.«
    »Was ist passiert, nachdem du verwandelt worden bist?«
    »Regina brachte mich zu einem altgedienten Spender. Da habe ich zum ersten Mal das Blut eines Menschen getrunken.« Shane setzt sich auf, reißt das Päckchen Mullbinden auf und drückt mir eine Lage gegen die Wunde am Hals. »Schlagartig ging es mir besser.«
    »Ach, so gut war es?«
    »Es war, als hätte ich mit einem Mal gefunden, wonach ich so lange gesucht habe. Mit Blut verhält es sich wie mit vielen anderen Drogen. Aber es macht dich stark, nicht schwach. Den ganzen anderen Vampirleben-Scheiß – nie mehr die Sonne sehen, kein Essen mehr genießen können, Spender finden, umschmeicheln und ficken, die man eigentlich nicht mag – all das macht Bluttrinken wieder wett.«
    Ich schiebe seine Hand weg und halte den Mull selber. Ich drücke viel fester zu, als er es gewagt hat. »Dann warst du also glücklich, nachdem du zum Vampir wurdest.«
    »Scheiße, nein. Regina und ihre Freunde mussten bei mir Wache halten, damit ich mich nicht umbringe. Sie haben mich gezwungen, Blut zu trinken und haben mich jeden Tag vor Sonnenaufgang in einen Sarg eingenagelt. In einen Sarg, Herr im Himmel!« Er lässt meine freie Hand nicht los, auch nicht, als er sich wieder neben mir ausstreckt. »Schließlich hat mich die Liga zur Rehabilitation in eines ihrer Schutzhäuser gesteckt, damit ich dort auf die Beine käme. Zwei Jahre später ist David aufgetaucht und hat mir den Job hier beim Sender angeboten. Die Liga-Idioten wollten mich nicht entlassen. Sie meinten, ich sei noch nicht so weit. Also habe ich mich selbst entlassen – sozusagen. Ich habe mich geweigert, wieder zurückzugehen, weil ich schließlich doch etwas gefunden hatte, wofür es sich zu leben lohnt.«
    Ich umfasse seine Hand und drücke sie. »Ich bin froh, dass Regina dir ein neues Leben geschenkt hat.«
    Shane legt seine Stirn an meine Schläfe. »Ich auch«, flüstert er. »Jetzt.«
    Er küsst mich zärtlich. Ich lasse meine Hand seinen Arm hinaufgleiten, ziehe sie aber hastig zurück. Ich hatte seine Brandwunden ganz vergessen. Ich schaue auf den Arm und keuche auf.
    »Sie sind geheilt, deine Brandwunden – nichts mehr zu sehen!«
    Shane setzt sich auf und dreht den Arm mit der glatten, intakten Haut im Licht der Lampe hin und her. »Wow!«
    »Seltsam. David hat mir gesagt, Weihwasser hinterlasse immer Narben.«
    »Ja, das stimmt auch. Aber da ist
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher