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Roman

Roman

Titel: Roman
Autoren: Jeri Smith-Ready
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habe ich glatt vergessen, wie lächerlich das klingt: Vampire als Radiomoderatoren! »Kann David sprechen?«
    »Er schläft momentan. Ehe es ihn umgehauen hat, hat er mir aufgetragen, Sie Folgendes zu fragen: Wollen Sie den Job beim Sender?«
    »Ich sehe euch alle dann am Montag.«
    »Das beantwortet eigentlich nicht die Frage, ob …«
    Ich lege auf. »Es ist jetzt offiziell«, erkläre ich Shane, »wir haben unserem Boss das Leben gerettet.«
    »Genau der richtige Zeitpunkt für eine Gehaltserhöhung!«
    Wir halten an der Ampel, wo die Straße zu Davids Haus auf den Highway führt. Im roten Lichtschein betrachte ich Shanes bandagierten Arm. Darunter liegt glatte, gesunde Haut – der Verband soll uns nur vor unliebsamen Fragen der anderen schützen.
    »Es muss eine einfachere Erklärung für deine völlige Heilung geben. Vielleicht habe ich einen seltenen Rhesusfaktor oder so was.«
    Shane wirft einen Blick auf seinen Arm. »Die Verbrennung war so schlimm, dass sie nur einen Augenblick lang wehgetan hat. Danach war der Arm taub. Das spricht für eine Verbrennung dritten Grades. Es hätte eigentlich Wochen dauern müssen, bis die Wunde heilt. Und es wären hässliche Narben geblieben. Aber der Arm sieht aus, als wäre das alles nie passiert. Irgendetwas hast du gemacht.«
    »Mein Vater ist überzeugt davon, dass der Glaube Menschen zu heilen vermag – ihr eigener oder der eines anderen.«
    »Okay, vielleicht ist das möglich. Aber keiner von uns beiden hat erwartet, dass es mir von jetzt an besser geht.«
    »Außerdem habe ich keinen Glauben.« Ich zeige auf den Aufkleber, der am Wagen vor uns die Stoßstange ziert: Die Ewigkeit? Du hast die Wahl – Raucher oder Nichtraucher. »Ha! Solange bis ich wirklich tot bin, wähle ich Raucher. Apropos rauchen: Ich hätte jetzt wirklich Bock auf eine Zigarette. Ist das eine Nebenwirkung vom Gebissenwerden? Dann sollte das jemand unbedingt Philip Morris verraten.« Ich blicke zu Shane hinüber, dessen Gesicht mit einem Mal sehr ernst wirkt. »Das war nur ein Scherz.«
    »Du glaubst tatsächlich nicht daran? Weder an den Himmel noch an die Hölle?«
    »Nein, das tue ich nicht.« Es gelingt mir, die Verachtung, die ich dem Glauben entgegenbringe, mir nicht am Tonfall anmerken zu lassen. »Ich glaube an nichts von dem …« Überrascht schnappe ich nach Luft. »Shane, das ist es!«
    »Ist was?«
    »Es war nicht mein Glaube, der dich geheilt hat. Es war mein fehlender Glaube, der das bewirkt hat. Ich bin ein Werkzeug der Entheiligung!« Das macht mich zufriedener, als es eigentlich sollte.
    Shane lacht. »Warte mal. Du willst mir allen Ernstes weismachen, dein Skeptizismus wirkt wie ein Weihwasser-Neutralisator? Das ist wirklich zum Lachen!«
    »Unterschätze niemals die Macht des Spotts.«
    Shane schüttelt den Kopf. »Hey, Mann, das ist ja der Bringer, wie Jim sagen würde.« Die Ampel schaltet auf Grün. Wir biegen auf den Highway ein, hinunter in Richtung Sherwood.
    Genau da kommt mir ein noch viel besserer Gedanke. »Vielleicht habe ich dich jetzt für immer verändert. Vielleicht habe ich dich immun gegen alles Heilige gemacht.«
    »Das wäre cool.«
    »Dann kannst du wieder in die Kirche gehen.«
    »Wer sagt denn, dass ich das will?« Er wirft mir einen raschen Blick zu, ehe er sich wieder auf die Straße konzentriert. »Na, vielleicht an Ostern und Weihnachten. Aber wie finden wir heraus, ob du mich auf Dauer immunisiert hast, ohne mich noch einmal zu verbrennen?«
    »Gute Frage. Wir könnten eine klinische Studie machen und Freiwillige dafür mit einer Annonce im Lokalblatt suchen.«
    Shane lacht wieder, verstummt aber plötzlich. »Ich kann den Verband nicht ewig tragen. Die anderen werden es bald merken.«
    »Was soll’s? Ich mutiere bestimmt nicht zur Vampirapotheke auf zwei Beinen. Mich hat so ein Vampirbiss nicht gerade in Ekstase versetzt.«
    »Ich weiß. Das macht dein Opfer nur noch größer.«
    »Bitte lass das. Ich bin weiß Gott keine Heilige.«
    »Du stehst zu deinen Freunden. Mir reicht das.«
    Ich antworte nicht. Ich weiß, dass sich das Gegenteil leicht beweisen lässt.
    Endlich sind wir da, gleich bin ich wieder in meinen eigenen vier Wänden. Das erste Mal seit letztem Sonntag benutze ich die Schlüssel zu meiner eigenen Wohnung. Als ich unten die Haustür aufmache, wird die Post von heute unter dem Gummiabschluss des Türblatts mitgeschleift.
    »Ich nehm’s schon.« Shane hebt den Umschlag auf und reicht ihn mir. Auf dem Umschlag steht mein Name in
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