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Roman

Roman

Titel: Roman
Autoren: Jeri Smith-Ready
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846 Dollar und 50 Cent.«
    Shane starrt auf die zehn Millionen Dollar, lange. Dann drückt er mir den Scheck in die Hand. »Geh. Verschwinde damit. Ich erzähle es niemandem.« Er stützt die Ellbogen auf die Knie. Er sieht mich nicht an. »Und ich möchte auch keinen Anteil für mein Schweigen.«
    »Shane … das war nicht der Grund, warum ich dir den Scheck gezeigt habe.«
    Jetzt sieht er mich an, sein Blick verrät, wie aufgewühlt er ist. »Ich kann nicht mit dir gehen. Ich kann mich nicht in ein Flugzeug setzen, ich kann auch kein Schiff besteigen. Wir könnten zwar versuchen, eine Innenkabine zu bekommen, aber manchmal machen die auf Schiffen während des Tages Feuerübungen.«
    »Wenn ich dich mitnehmen könnte, würde ich auf der Stelle von hier verschwinden …«
    »Und ich würde dich auf der Flucht nur unnötig Zeit kosten.«
    »… aber ich kann es nicht, also tue ich es nicht.«
    »Du hast ein neues Leben verdient.« Shane hält inne. »Warte … was tust du nicht?«
    »Von hier verschwinden.«
    Seine Augen werden schmal wie Schlitze. »Du würdest zehn Millionen Dollar und ein neues Leben nur für mich aufgeben?«
    »Nein, nicht nur für dich. Ich gebe es für den Job auf, für den Sender und für diese ganze gestörte Familie, die die Munsters wie die Cleavers aussehen lässt.« Ich halte den Brief meines Vaters hoch. »Aber vor allem bleibe ich meinetwegen.«
    »Sag mir eins.« Shanes Ton ist so ernst, dass es mir kalt den Rücken hinunterläuft. »Hast du die ganze Zeit geplant, uns zu betrügen?«
    Langsam und hörbar atme ich aus. »Nein – außer vielleicht beim Pokern. Und da auch nur ein bisschen. Was alles andere angeht, war ich auf eurer Seite. Immer. Ich habe ja auch gar nicht gewusst, dass die Skywave-Leute mir beim Meeting einen Scheck überreichen würden. Aber sobald ich ihn in der Hand hatte, hat der böse, dunkle Teil meines Ichs ihn nicht mehr hergeben wollen.«
    »Dieser Teil deines Ichs ist nicht böse. Es gefällt ihm einfach nur, Leute hereinzulegen. Aber genau dieses Ich hat den Sender gerettet.« Shane nimmt meine Hand. »Und es ist dieses Ich, das ich liebe.«
    Mir fällt der Unterkiefer herunter, und ich vergesse glatt zu atmen.
    »Das ist natürlich nicht der einzige Grund, warum ich dich liebe«, spricht Shane weiter. »Ich mag auch das Ich von dir, das sich um streunende Hunde kümmert, und das, was mich spontan entflammen kann – also, im übertragenen Sinne.«
    Ich nehme sein Gesicht in beide Hände. Ich will ihm allein mit Blicken zeigen, wie wichtig es für mich ist, dass er mich liebt, weil ich bin, wie ich bin, und nicht obwohl ich so bin. Für den Fall, dass Blicke nicht genug sind, sage ich die drei Worte. Ich wispere sie atemlos zwischen Küssen. Ich wiederhole sie, immer schön im selben Rhythmus. Ich wiederhole sie, bis sie nicht mehr fremd in meinen Ohren klingen.
    Shane legt den Arm um mich. Unter meiner Kleidung fühle ich mich nackt und bloß, ungeschützt. Ich zucke vor Shanes Berührung zurück, die als Reaktion darauf noch viel zärtlicher wird. Seine Hände gleiten meinen Rücken hinauf, finden die unverletzte, bisslose Seite meines Halses, mein Gesicht. Meine Haut fühlt sich unter seinen Händen an wie Seide, die sanft, beinahe ehrfürchtig berührt wird.
    »Komm!« Shane steht auf und zieht mich auf die Füße. Anders als meine Knie fühlt sich mein Kopf nicht watteweich an. In ihm herrscht energiegeladene Klarheit. Als wir zusammen die Treppe hinaufsteigen, weiß ich, was ich zu tun habe.
    Ich bleibe vor der Tür zu meinem Schlafzimmer stehen, während Shane hineinschlüpft.
    »Du wolltest doch meinen letzten ›letzten Song‹ für dich hören«, erklärt er. »Den ich für dich aufgelegt habe, als du auf Gideons Ranch warst.« Shane geht zu dem CD -Regal hinüber. Weil er mir die Sicht versperrt, kann ich nicht sehen, welche CD er herausnimmt. Die typischen Geräusche verraten mir, dass er die CD aus der Hülle genommen, in den CD Player gelegt und auf Play gedrückt hat.
    Applaus, dann eine weiche Stimme. »Good evening. This is off our first record.«
    Die ersten Akkorde, nur mit akustischer Gitarre, von About a Girl erklingen. Es ist der erste Song, den Shane und ich uns zusammen angehört haben – ehe er mich gebissen hat und ich ihn getreten habe. Ich lache. Nie zuvor hat mich Nirvana in eine derart fröhliche Stimmung versetzt.
    Shane kommt zu mir und ein ironisches Lächeln umspielt seine Lippen. »Hast du etwas Rührseliges erwartet, nur
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