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Rolf Torring 041 - Vogelfrei

Rolf Torring 041 - Vogelfrei

Titel: Rolf Torring 041 - Vogelfrei
Autoren: Hans Warren
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hatten, so war unser Schlafbedürfnis mindestens ebenso groß, und wir sagten Pongo, daß wir nur einen kleinen Imbiß haben wollten und uns alsdann sofort hinlegen würden.
    Darauf setzte uns die bessere Hälfte unseres Gastgebers, eine auch nach europäischen Begriffen ganz ansehnliche Frau, kaltes Hühnerfleisch vor, und in einer Holzschüssel brachte sie eine weißliche, schwabblige Speise, wohl eine Art Dickmilch. Als besondere Delikatesse — ich merkte es daran, daß die Frau beide Hände in den Mund steckte und wiederholt schmatzend ableckte — stellte sie einen flachen Teller vor uns hin mit einer Speise, die ich beim besten Willen nicht definieren konnte. Die Negerin schien aber ein Lob von uns hören zu wollen, und so blieb sie so lange stehen, bis wir ihr den Gefallen getan und wenigstens das eigenartige Zeug probiert hatten.
    Der Geschmack war ... ja, womit soll ich ihn vergleichen, geröstete Nudeln könnten vielleicht so schmecken. Trocken und zugleich fettig. Ich sah, wie Rolf prüfend kaute, aber ich wollte die Frau nicht kränken. Ich biß das Gemüse, oder was es sonst war, ein paar Mal durch, schluckte es hinunter, klopfte auf meinen Bauch und verdrehte die Augen, als wenn ich den feinsten Leckerbissen verspeist hätte. Ich hatte es schon immer so gehalten, auch wenn ich in Europa zu Gast geladen war: um die Gunst der Hausfrau zu gewinnen, braucht man nur ihr Essen zu loben. Und auch unsere Wirtin hatte die gleiche schwache Stelle.
    Ich sah, wie sich ihr Mund bis zu den Ohren verzog. Sie lachte mit weißen Zähnen und klatschte sich auf die prallen Schenkel. Es gefiel ihr, daß mir ihr Essen so schmeckte. Aber als sie gegangen war und sich am Herd beschäftigte, schoben wir heimlich unserm Pongo den Teller zu, den er schon lange mit lüsternen Blicken betrachtet hatte. Wir sahen auch gleich, mit welcher Gier er die Delikatesse verschlang.
    »Kannst du uns sagen, was das war, was du soeben gegessen hast?" fragte Rolf. Unser Pongo machte ein verlegenes Gesicht.
    „Pongo nicht wissen, wie heißen," erwiderte er und suchte scheinbar nach Worten, mit denen er es uns erklären könne.
    „Waren es Pflanzen oder Fleisch?" kam ich ihm zu Hilfe.
    „Nicht Kraut und nicht Fleisch," erklärte er. „Wanjamwesi Fleisch hinlegen in Sonne, dann lebendig werden. Alles kriechen und fressen, bis Fleisch ganz alle und viel Wurm, ganz fett. Dann in Sonne trocknen, bis Wurm alle tot. Schmecken gut!" Pongo schnalzte genießerisch mit der Zunge.
    Rolf und ich sahen uns betroffen an, und unsere Gesichter waren während Pongos Erzählung immer länger geworden. „Pfui Deubel!" fand Rolf zuerst die Sprache wieder, „das waren getrocknete Maden, die wir gegessen haben! Na, ich danke schön, das hätte ich wissen sollen! Mir wird ganz übel, ich mag garnicht daran denken. Und dir haben sie so gut geschmeckt, daß du verliebt die Augen verdreht hast!" lachte er.
    Aber ich ließ mir in Erinnerung der ekelhaften Speise nicht den Appetit verderben, denn das Hühnerfleisch schmeckte vorzüglich. Schade nur, daß es so wenig war.
    Unser Wirt hatte uns, während seine Frau die Hühner rupfte, schon aus Hirsestroh ein Lager bereitet, und wir legten uns schlafen, denn wir waren ganz erschöpft. Die Hühner, die eine ganze Weile wegen der nächtlichen Ruhestörung gegackert hatten, waren wieder still geworden, und auch die Ziegen, die hinter dem Verschlag untergebracht waren, meckerten nicht mehr. Pongo machte noch keine Anstalten, sich hinzulegen, und als ich ihn fragte, ob er denn nicht auch müde sei, antwortete er:
    „Pongo auch schlafen gehen, aber erst Hühner aufessen. Massers ja alles bezahlen, nichts übrigbleiben!"
    Hatte er eine gesunde Natur und einen gesegneten Appetit! Er wollte also warten, bis die Hühner gekocht waren, die soeben erst gerupft wurden.
    Ich habe unseren Pongo am nächsten Tag nicht gefragt, ob er alle drei Hühner verzehrt hat, aber sicher hat er es geschafft.

    5. Kapitel. Wir müssen weiter.

    Wir hatten bis in den hellen Tag geschlafen, und unser Pongo hatte sicher schon lange auf uns gewartet. Daß es schon spät war, erkannte ich daran, daß heller Sonnenschein in unsere Hütte fiel, und von draußen drang der Lärm spielender Kinder.
    In der Nähe unseres Lagers standen zwei Holzgefäße mit Wasser, und es war eine Wohltat, sich gehörig waschen zu können.
    "Wie hast du dir nun unsere weitere Flucht gedacht, Pongo?" fragte Rolf unsern treuen Riesen.
    „Pongo mit Wanjamwesi sprechen,"
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