Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rolf Torring 021 - Unter Fanatikern

Rolf Torring 021 - Unter Fanatikern

Titel: Rolf Torring 021 - Unter Fanatikern
Autoren: Hans Warren
Vom Netzwerk:
ausstieß. Sofort richteten wir uns empor, nahmen möglichst gleichgültige Mienen an und lehnten uns mit dem Rücken gegen die Wand, um so die Spuren unserer Tätigkeit zu verbergen.
    Pongo dagegen blickte ruhig weiter aus der kleinen Türöffnung hinaus, trat jetzt aber einen Schritt zurück, und im nächsten Augenblick kreischten auch schon wieder die beiden Riegel.
    Die Tür wurde aufgestoßen, und draußen standen ungefähr zehn Priester, die, nach ihren reicheren Gewändern zu urteilen, wohl einer höheren Kaste angehören mußten.
    Der vorderste von ihnen, ein älterer Mann mit kaltem, strengem Gesicht, musterte uns lange, dann hob er die Hand und sagte befehlend in tadellosem Englisch:
    „Sie sind in die verbotene Stadt eingedrungen, ein Unternehmen, das wir strengstens bestrafen müssen. Kommen Sie mit, es soll jetzt das Urteil gefällt werden."
    Die Priester trugen keine Waffen, aber die beiden Wächter, die sich von der Steinbank erhoben hatten, spielten verdächtig mit ihren Pistolen. So wäre jede Weigerung oder jeder Widerstand völlig nutzlos gewesen, und schnell traten wir aus dem Kerker heraus.
    Zu unserer Befriedigung wurde die Tür sofort wieder geschlossen, es hatte also niemand bemerkt, daß wir den Mörtel herausgekratzt hatten. Schweigend nahmen uns die Priester in die Mitte, schweigend setzte sich der Zug in Bewegung. Durch eine schmale, gewundene Gasse ging es, um auf einem großen Platz zu landen, der mit Priestern jeden Ranges erfüllt war. Auch diese Menge bildete schweigend ein Spalier bis zur Metalltür eines mächtigen Gebäudes, dessen Außenwände mit grotesken Fabelwesen geschmückt waren.
    Diese Lautlosigkeit, die nur durch das Geräusch unserer Schritte unterbrochen wurde, war direkt unheimlich. Als wir wenige Schritte von der uralten, mit Patina bedeckten Tür entfernt waren, wurde sie langsam geräuschlos geöffnet, und wir konnten in einen großen Saal blicken, der völlig leer war.
    Nur die Wände waren mit denselben grotesken, eigenartigen Figuren und Fabelwesen geschmückt, die schon dem Äußeren des Gebäudes ein so seltsames Gepräge gaben.
    In der Mitte des Saales ließen uns die Priester stehen und traten zur Seite, dicht an die Wände heran. Im Hintergrund des Saales wurde ein Vorhang zur Seite geschoben, und zwei anscheinend untere Priester trugen einen reichverzierten, vergoldeten Sessel herein, den sie einige Schritte von der Wand entfernt niedersetzten.
    Ein dumpfer Gongschlag ertönte irgendwo, und im gleichen Augenblick strömten durch den Vorhang Priester über Priester, die schweigend lange, dreifache Ketten an den Wänden des Saales entlang bildeten Wir standen also mitten in einem Spalier, ungefähr zehn Meter von dem Thronsessel entfernt.
    Wieder ein Gongschlag, alle Priester verneigten sich tief, und ein kostbar gekleideter Mann trat langsam in den Saal. Im stillen fragte ich mich, ob dies der berühmte Dalai Lama sei, aber Rolf flüsterte mir im gleichen Augenblick zu:
    „Es wird irgendein Klosterabt sein. Der Dalai Lama wird sich vor Fremden nicht sehen lassen."
    So leise er gesprochen hatte, mußte der Eingetretene das Flüstern doch vernommen haben, denn er warf uns aus seinen großen dunklen Augen, die nur leicht geschützt waren, einen glühenden Blick zu. Soviel Haß lag in diesem Blick, daß ich sofort wußte, unser Schicksal würde nur der Tod sein.
    Ruhig setzte sich der Mann, und ich hatte Muße, sein fanatisches Gesicht zu betrachten. Wilde, grausame Energie sprach aus diesen scharfen Zügen, die dünnen Lippen waren fest zusammengepreßt, und die Flügel der schmarückigen Nase zitterten leicht und verrieten eine schnell erregbare, jähzornige Natur.
    Jetzt hob er die Hand, und sofort trat der ältere Priester hervor, der uns aus dem Kerker geholt hatte.
    „Sie stehen vor unserem Gericht." sagte er kalt zu uns, „verteidigen Sie sich und sagen Sie, weshalb Sie in unsere heilige Stadt eingedrungen sind."
    Rolf richtete sich auf und schilderte ruhig in wahrheitsgetreuem Ton unsere Erlebnisse. Als er geendet hatte, übersetzte der Priester seine Worte in die Landessprache, wobei er sich an den Abt im Sessel wandte.
    Dieser hatte die Augen geschlossen und hörte anscheinend sehr aufmerksam zu. Ich bedauerte es tief, daß er nicht auch Englisch verstand, denn der Dolmetscher konnte ihm ja alles mögliche statt der Wahrheit erzählen. Diesem fanatischen Menschen war sicher alles zuzutrauen.
    Jetzt schlug der Abt die Augen auf und blickte um lange
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher