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Rolf Torring 009 - Der weisse Elefant

Rolf Torring 009 - Der weisse Elefant

Titel: Rolf Torring 009 - Der weisse Elefant
Autoren: Hans Warren
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veranlaßte: „Aha, die Herrschaften sind Deutsche." Er brachte uns nach kurzer Zeit persönlich das köstliche Getränk, setzte sich mit einem kurzen „Sie gestatten" an unseren Tisch und fragte:
    „Was wollen Sie wissen? Denn ich kann mir denken, daß Sie nicht ohne jeden Grund zu mir gekommen sind. Ich sehe sonst zu dieser Tageszeit nur Seeleute, die gerade unten an der Barre angelegt haben. Die hiesigen Europäer kommen erst nach Dunkelheit. Ich vermute, Sie sind auch von der Barre gekommen?" „Ja", bestätigte Rolf, „Kapitän Lürs schickt uns." „Na sehen Sie, dann habe ich doch recht, daß Sie irgend etwas auf dem Herzen haben. Ich bin natürlich immer bereit zu helfen, soweit ich es kann." Der Engländer gefiel mir immer mehr. In seiner kurzen, knappen Art lag große Energie, und ein Blick in seine scharfen, grauen Augen schuf sofort die Überzeugung, daß er einen geraden lauteren Charakter hatte. „Erzählen Sie, gnädige Frau", forderte Rolf unsere Begleiterin auf. Er hatte natürlich auch gemerkt, daß die junge Frau über diese Einleitung unruhig geworden war. Jetzt sprudelte sie schnell ihr Leid heraus. „Hm", meinte Hoddge bedächtig und streifte uns mit bewundernden Blicken. „Sie sind also die Männer, denen die Flucht von der Insel gelang. War ja groß in den Zeitungen beschrieben. Na, Sie sind auch die richtigen Leute, um den Verschwundenen wiederzufinden. Aber, was soll ich dabei tun?"
    „Uns mitteilen, ob Sie etwas über politische oder religiöse Geheimgesellschaften hier wissen", sagte Rolf. Hoddge zog die Stirn kraus.
    „Mit Politik befasse ich mich prinzipiell nicht", brummte er, „und mit den religiösen Gesellschaften binden Sie lieber nicht an. Habe da viel gehört."
    „Nun, wir vermuten aber, daß sich Herr von Valentini bei einer derartigen Gesellschaft aufhält. Und zwar nicht freiwillig, denn sonst hätte er bestimmt an seine Frau geschrieben."
    „So, weshalb vermuten Sie das?"
    „Weil Frau von Valentini aus Bangkok ein Stück Seide geschickt erhielt, das einem tapferen, siamesischen Polizisten den größten Schrecken einflößte. Er behauptete, es wäre ein ,böser Geist'. Also muß doch die Gesellschaft ziemlich bekannt sein." „Dürfte ich das Seidenstück einmal sehen?" „Bitte." Rolf zeigte ihm das rote Stück. Hoddge warf nur einen Blick auf die verworrene, weiße Zeichnung, die in den roten Grund hinein gestickt war, als er auch ernst nickte.
    „Ja", sagte er langsam, „dieses Zeichen kenne ich. Habe schon viele aus dem Menam gefischt, die ein Messer in der Kehle hatten, und das Messer war jedesmal durch ein solches Seidenstück gestoßen."
    „Hat die Polizei diese Morde nie aufklären können?" fragte Rolf gespannt. Der Engländer lächelte.

    „Polizei? Meine beiden Boys schrien Zetermordio, als sie das Seidenstück sahen und warfen den Toten sofort zurück. Ehe ich dann mit meinem Donnerwetter, das ich über ihre Eigenmächtigkeit ergehen ließ, fertig war, hatte ihn der Menam weit fortgeschwemmt. Oder die Krokodile mochten ihn geholt haben. Ich habe versucht, aus den Boys herauszubekommen, was eigentlich los sei, aber sie verrieten nichts. Nur aus ihrem Entsetzen sah ich deutlich, daß hinter dem roten Seidentuch eine furchtbare Gefahr steckte.
    Bei der zweiten und dritten Leiche geschah stets dasselbe, und das Entsetzen der Boys wurde immer größer. Na, da dachte ich mir, es wäre vielleicht doch besser, sich nicht unnütz in eine unangenehme Situation zu bringen. Und dann ließ ich die Toten stets ruhig weiter schwimmen, wenn ich das Messer in ihrem Hals und das rote Seidentuch sah. Und ich habe auch nie etwas über ihre Auffindung gehört. Es wird sie wohl jeder, auch die Polizisten, ruhig haben schwimmen lassen."
    „Ich kann mir nicht denken, daß eine derartige Gesellschaft unter den Eingeborenen so bekannt sein soll, und trotzdem niemals etwas über sie laut geworden ist." „Die Asiaten verstehen zu schweigen", sagte Hoddge ernst. „Wissen Sie nicht, daß zum Beispiel die Javaner zweihundert Jahre geschwiegen haben, nachdem sie den Borobodur, diesen dreißig Meter hohen Riesentempel, verschüttet und mit Reis bepflanzt hatten, weil der Islam ihr Land bedrohte? Zweihundert Jahre, obgleich das Geheimnis von Kind zu Kind weitervererbt war. Ich glaube nicht, daß Sie das Geheimnis dieses Stückchens Seide einem Siamesen entlocken können."
    Ich blickte Rolf erstaunt an. Das hätte ich nicht vermutet, daß ein Kapitän die Geschichte des Borobodur,
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