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Rolandsrache

Rolandsrache

Titel: Rolandsrache
Autoren: Kirsten Riedt
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der junge Leent den Laden selber führen müssen, die Mutter war zu schwach. Schließlich hatten die Aufstände der Bürger damals den Rat gezwungen, auch Gildeleute und Wehrherren aus den niederen Rängen zu den Beratungen aufzunehmen.
    Einen Moment herrschte Schweigen, nur die Dielen knarrten unter den Füßen. Der Bürgermeister griff seinen Becher, führte ihn aber doch nicht zum Mund. Sein Blick fasste Knuf. »Warum vermengt Ihr alles miteinander, Gildemann? Es geht bloß um die Antwort auf die Hanseschrift aus Lübeck.«
    Knuf strich eine Mücke von seiner Wange weg. Er zog den Mund breit, kniff das linke Auge zusammen. »Bürgermeister, vergesst Ihr so schnell? Osnabrück steht noch immer unter Reichsacht. Solange wir den Grafen Hoya nicht aus der Gefangenschaft ziehen lassen, droht uns die Strafe des Kaisers …«
    »Ach was, der Kaiser sitzt weit weg in Wien. Die Gefahr droht höchstens von den anderen Hoyas, sollten die gegen uns rüsten.«
    Von keinem anderen als dem Bürgermeister aus der Neustadt hätte der Knuf sich unterbrechen lassen, aber der war ein Bruder seines Großvaters. Welche Hansestadt hatte schon ehrenhalber deren drei Bürgermeister? Zwei aus der Alt- und einen aus der Neustadt, wobei dann doch nur einer, nämlich Heinrich von Leden als Erster Bürgermeister, das Sagen hatte. Aber diese seltsame Rangordnung wieder abschaffen zu wollen, würde einen neuen Aufstand der Bürger heraufbeschwören. Leent seufzte, der Rat war, wie von Leden, entscheidungsschwach. Elisabeth würde allein mit dem Küfer verhandeln müssen. Wenigstens konnte er seinem Weib trauen. Gott war ihm gnädig gewesen. Kein Goldstück zu viel ging durch ihre Hand nach draußen.
    »Hättet Ihr den Grafen nicht so lange im Bocksturm eingesperrt, würde er jetzt nicht gegen uns wüten.« Knuf legte den Kopf zur Seite, sein dunkles, dichtes Haar fiel bis zur Schulter. Wo war eigentlich der Tomas Reker, der sonst das große Wort bei den Handwerkern führte?
    »Es heißt, die Hoyas haben sich sogar mit dem Bischof gegen die Soester zusammengetan«, sagte ein Ratsherr aus der Neustadt.
    »Mit ihrem Feind im Bunde? Die sind des Teufels.« Terbold sprang flink wie ein Reh durch den Saal. »Bin ich denn der Einzige, dem die Kölner Heerschar Vieh gestohlen hat?«
    Die Ratsherren riefen wild durcheinander. Seit Wochen begangen sie alle Sitzungen so. Diese endeten im Streit und gegenseitigen Vorwürfen. Dabei drohte Osnabrück über die Reichsacht hinaus, dass die Stadt bald auch in der Hanse ohne Bundesgenossen allein dastand. Lübeck hatte die wendischen und preußischen Hansestädte hinter sich gebracht, Köln und die anderen in Westfalen dachten nur an sich, weil der Kölner Erzbischof mit seinen Truppen durchs Land zog und um die Vorherrschaft in Westfalen stritt. Und die Herren von Kleve-Mark schlugen sich wie je auf die Seite, die am meisten zahlte.
    Was nützten die schmerzenden Knochen, wenn er die Erfahrung des Alters nicht weitergab? »Haltet ein. Schlagen wir nicht alte Schlachten. Uns drohen neue. Bedenkt Euch. Wer hilft uns, wenn wir nicht uns selbst?« Leent erhob sich. »Der Rat beschloss, den Grafen nicht freizulassen. Mag sein Haus uns drohen wie damals, wir widerstehen wieder.« Leent hob die Hand, als er sah, dass Knuf die Hände in die Hüften stemmte. »Wartet. Der Prüfmeister hat recht. Wir müssen nicht nur den Lübeckern antworten, sondern auch auf das neue Hilfeersuchen Soests.«
    »Was schlagt Ihr vor?« Der Erste Bürgermeister saß, die Arme auf den Lehnen, im Amtsstuhl.
    Leent legte die Hände ineinander. Die Ratsherren würde er nicht von der Hilfe für Soest überzeugen können, jetzt noch nicht. »Suchen wir Zeit zu bekommen. Meine Fässer kommen gerade leer aus Holland zurück, dabei sind neue Nachrichten. Deventer wird bald dem Kölner Rat Widerstand leisten. Auch in Dordrecht will man sich den Handel mit uns nicht verderben. Schreiben wir nach Lübeck, dass wir den von Köln verlangten Stapelzwang für holländisches Tuch nur beachten, wenn es auf einem Hansetag zu Köln beschlossen wird.«
    Die Ratsherren murmelten, der Erste Bürgermeister sah sich in der Runde um, als keiner das Wort ergriff, nickte er.
    Doch dann tat Knuf zwei Schritt von der Fensterseite vor. »Warten, Simon Leent, ich höre immer das Gleiche aus Eurem Mund. Wollt Ihr auch warten, bis unser Bischof den Soestern das Rückgrat bricht?«
    Dieser Heißsporn, aber mit dreißig hatte Leent auch noch keine Geduld mit den Dingen
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