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Rolandsrache

Rolandsrache

Titel: Rolandsrache
Autoren: Kirsten Riedt
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leeren Innenhof, den Thea inzwischen geputzt und vom Staub befreit hatte. Ihre Sachen waren größtenteils verpackt und warteten darauf, verladen zu werden. Endlich würden sie wieder in ihrem Haus wohnen. Anna war froh, der engen Stadt zu entkommen; auch wenn es durchaus Vorteile hatte, hier zu leben, so fühlte sie sich draußen, fernab der Mauern, am wohlsten.
    »Kommst du?« Claas reichte ihr die Hand, und sie gingen zu den anderen, die vor dem Haus warteten, damit sie gemeinsam zum Markt fahren konnten.
    Der ganze Platz war gefüllt mit Menschen. Reiche und arme Leute standen dicht beisammen und feierten ausgelassen, auch wenn sie noch nicht wussten, was der Anlass war. Mit lautem Jubel brachen die Soldaten den Holzkasten auseinander, und der gewaltige Roland kam zum Vorschein. Anna bekam eine Gänsehaut, als sie ihn endlich in voller Größe vor sich sah.
    Hemeling las feierlich die Worte vor, die auf der Urkunde und dem Wappen standen: »vryheit do ik ju openbar / d’ karl vnd mçnich vorst vorwar / desser stede ghegheuen hat / des danket god’ is mî radt« [Freiheit tu ich euch kund / die Karl und mancher Fürst fürwahr / dieser Stätte gegeben hat / das danket Gott, ist mein Rat!]
    Dann trug er die Worte vor, die auf dem Mantel des Roland standen: »Eenem jeden dat sine.«
    Die Menschen jubelten lautstark, applaudierten und schwangen bunte Tücher. Hüte flogen in die Luft, die Fanfaren wurden geblasen, und Musikanten spielten auf.
    Alles was Rang und Namen hatte, war gekommen, um dieses für Bremen große Ereignis zu erleben. Nur die Priester, Novizen und der Erzbischof blieben dem Fest fern, und die Türen von St. Petri waren an diesem Tag verschlossen. Vorwitzig hatte Hemeling den Roland vor dem Rathaus aufbauen lassen, mit dem Blick in Richtung Ostertor. Für die Kirche war es kein guter Tag, aber sie würde sich davon erholen, dessen war sich Anna sicher.
    Ihr Blick heftete sich auf den Sockel der Statue, den sie heute das erste Mal zu sehen bekam. Anfangs konnte sie nichts Besonderes daran feststellen und fragte sich, warum Claas so viel Zeit damit zugebracht hatte, ihn allein zu bearbeiten. Doch dann sah sie es: Zu Füßen des Roland war etwas eingemeißelt.
    Anna stieg die beiden Stufen hinauf, um es besser erkennen zu können, und schlug sich die Hand vor den Mund. Ganz deutlich sah sie das Gesicht ihres Vaters in dem Stein.
    Verwundert drehte sie sich zu Claas um. Er beobachtete sie zärtlich und nickte stumm. Seine Augen glänzten. Auch Anna weinte, ging zu ihm und ergriff liebevoll seine Hand.

Epilog
    I
    Im frühen neunzehnten Jahrhundert hatte Napoleon Bonaparte auch Bremen besetzt.
    Als er im Jahr 1814 seine Zelte in der Hansestadt abbrach, wollte er als Andenken an diese Zeit den inzwischen grau bemalten Roland mitnehmen. Er sollte den Louvre in Paris zieren. Beherzte Bremer, quasi eine der ersten Bürgerinitiativen, konnten Napoleon von seinem Plan abbringen, indem sie ihm einredeten, wie minderwertig diese Figur doch sei. Den Louvre müssten viel größere Werke zieren als diese unscheinbare Figur. Davon überzeugt, ließ Napoleon die Statue da, wo sie hingehört: in Bremen. Und dort steht der Roland noch heute und ziert den Marktplatz. Stolz blickt er in Richtung Ostertor und wird von den Bremern geliebt und geehrt.
    II
    Um die Figur, die zu Füßen des Roland eingemeißelt ist, ranken sich viele Gerüchte. Bis heute ist nicht sicher belegt, wen sie genau darstellen soll. Einerseits nimmt man an, dass es der Krüppel ist, der für die Bremer den Bürgerpark umrundete, andererseits glaubt man, dass es sich um Klaus Störtebeker handelt. Bewiesen ist beides bis heute nicht. Oder ist es doch Jacob Olde?
    ENDE
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Nachwort
    Einigen wird sicher aufgefallen sein, dass in meiner Geschichte Gebäude vorkommen, die im Jahr 1404 noch nicht in Gänze existiert haben. Der aufmerksame Leser möge mir die künstlerische Freiheit gestatten, dass ich um ein paar Jahre geschummelt habe, doch fand ich einige Bauwerke Bremens zu schön und musste sie einfach in meinen Roman einbauen.
    Historische Daten:
    Der Bremer Roland wurde 1404 errichtet. Lange Zeit nahm man an, dass er in Richtung Dom blickt, doch inzwischen glaubt man, er schaut zum Ostertor.
    Das alte Bremer Rathaus, wie ich es im Bau befindlich erwähne, wurde zwischen 1405 und 1410 erbaut.
    Der Bremer Ratskeller wurde 1405 fertiggestellt.

Danksagung
    Eine Danksagung zu schreiben erscheint mir nicht einfach, zu groß ist
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