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Rolandsrache

Rolandsrache

Titel: Rolandsrache
Autoren: Kirsten Riedt
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Leckereien. Selbst vom Erzbischof kam ein großer Korb mit Wildbraten, exotischen Früchten, Gewürzen und Kräutern. Speziell für Mechthild legte er ein Säckchen mit Samen und einen Brief bei, in dem er ihr viel Vergnügen beim Erforschen der Kräuter wünschte.
    Annas morgendliche Übelkeit hatte nachgelassen, und sie tanzte ausschließlich mit Claas. Sie schwebte fast wie auf Wolken. Ihre Mutter missbilligte zwar Annas für alle sichtbaren Sinneswandel, doch stand sie ihr zu, dass es ihr Leben sei und sie erwachsen genug sei, um zu wissen, was sie tat.
    Nach zwei Tagen verabschiedeten sich Anna und Claas von dem Fest, da sie noch am Roland zu arbeiten hatten. Dessen Einweihung war nicht mehr fern, und es warteten noch zu viele Dinge auf sie, die erledigt werden wollten. In dieser Nacht gebar die Gräfin fünf niedliche Jungen. Zwei Weibchen und drei Männchen. Sie war eine stolze und fürsorgliche Katzenmutter und duldete nicht einmal den Grafen in der Nähe ihrer Kinder.
    Am nächsten Morgen brachen Anna und Claas zu ihrem Termin bei seiner Exzellenz, dem Erzbischof, auf. Als sie in seine Räume geführt wurden, war Anna überrascht, wie gut erholt er aussah. Er hatte an Gewicht zugenommen, und seine Haut war rosig.
    »Anna und Claas.« Der Erzbischof stand auf und reichte ihnen seine Hand mit dem Bischofsring, den sie küssen durften. »Endlich kann ich euch meinen Dank aussprechen. Ohne euch wäre ich nicht mehr am Leben.«
    »Auch dafür hat dieser Heinrich seine gerechte Strafe erhalten.« Claas küsste den Ring.
    »Ich bin erfreut, dass es Eurer Exzellenz wieder besser geht.« Anna lächelte, was der alte Mann herzlich erwiderte.
    »Wie kann ich gutmachen, was er euch angetan hat? Ich glaube, ich weiß es.«
    »Das müsst Ihr nicht.« Anna war beschämt.
    »Wenn es noch immer euer Wunsch ist, dass ich eure Ehe annulliere, dann werde ich es tun.«
    Claas und Anna sahen sich sprachlos an.
    »Wie meint Ihr das?«, fragte sie.
    »Das war doch euer Anliegen. Oder habt ihr euch anders entschieden? Ich wäre darüber mehr als erfreut.«
    »Aber Eure Exzellenz hat doch der Annullierung längst zugestimmt.«
    »Wie?«
    »Heinrich überbrachte uns dieses Dokument von Euch, das es besagt.« Damit reichte sie das Schriftstück an ihn.
    Der Blick des Erzbischofs verfinsterte sich, als er die Zeilen las. »Ich habe damals abgelehnt, denn ich glaubte, dass ich durchaus sehen konnte, wie zugetan ihr einander seid. Genau solch eine Botschaft sollte er euch überbringen. Dieses Schreiben habe ich nie aufgesetzt oder unterschrieben.«
    »Dann sind wir nicht …« Aus Angst, sich zu irren, wagte Anna nicht, den Gedanken laut auszusprechen.
    »Aber das hieße ja …« Auch Claas war überrascht.
    »Dass ihr noch immer vor Gott verheiratet seid. Nie habe ich einen Brief an euch geschrieben.«
    »Verzeiht, Eure Exzellenz.« Mit diesen Worten drehte Anna sich zu Claas, und er nahm sie freudestrahlend in die Arme.
    Als sie nach Hause kamen, fand Anna eine gute Gelegenheit, ihrer Mutter und Thea zu berichten, dass sie noch mit Claas verheiratet war und auch vorhatte, es bis an ihr Lebensende zu bleiben. Die beiden Frauen waren darüber ebenso glücklich wie Anna selbst.
    »Da ist noch etwas.« Verlegen senkte sie den Kopf. Schließlich hatten sie das Kind gezeugt, als sie glaubten, eben nicht Mann und Frau zu sein.
    Anna hob den Kopf und sah ihrer Mutter fest in die Augen. »Du wirst bald Großmutter Olde sein.«
    »Ich wusste es«, lachte Thea.
    Ihre Mutter schien einen kurzen Moment verwirrt über die Nachricht. Sie runzelte die Stirn, dann schüttelte sie lachend den Kopf. »Dann werde ich nicht bei den Beginen wohnen, was nicht heißen soll, dass ich mich ihnen nicht anschließen werde. Aber ich glaube, ihr könnt mich dann noch eine Weile ertragen, und ich kann mich um mein Enkelkind kümmern.«
    Das Glück hatte an diesem Tag wieder Einzug in ihre Familie gehalten.
    ***
    Um den Roland aufzubauen, brauchten sie eine Woche. Man hatte einen übergroßen Kasten aus Holz gebaut, der die Arbeiten vor den Blicken der neugierigen Menschen schützen sollte. Eine Schar Wachmänner und Soldaten bewachten den Marktplatz rund um die Uhr. Im Inneren stapelten und kitteten die Männer die fertigen Teile der Figur aufeinander.
    Schließlich war es so weit, der Tag war gekommen. In ihrer Kammer schob Anna ihre Haare sorgfältig unter die Haube, strich das Kleid noch einmal glatt und machte sich auf den Weg nach unten. Ihr Blick fiel auf den
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