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Röslein stach - Die Arena-Thriller

Röslein stach - Die Arena-Thriller

Titel: Röslein stach - Die Arena-Thriller
Autoren: Arena
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Steinhauer die schwere Holztür der Gruft auf. Ein mildes Licht drang durch den Spalt. Antonia schlüpfte hindurch. Sie roch Gras und Laub, sie sah die alten Grabsteine, die lange Schatten warfen, sah das rötliche Leuchten hinter den Bäumen, deren Blätter sich schwarz gegen den Abendhimmel abzeichneten. Eine Amsel pfiff ihr Abendlied. Noch nie hatte Antonia etwas so Schönes gesehen wie diesen Friedhof im Abendlicht. Ihre Lebensgeister kehrten zurück. Sie war frei, sie war am Leben!
    Nach einigen Metern, die sie rennend und stolpernd zurückgelegt hatte, merkte sie, dass ihr Retter nicht mit nach draußen gekommen war. Sie wandte sich zu ihm um. Er stand am Eingang der Gruft und beobachtete sie mit undurchdringlicher Miene.
    »Was ist? Kommen Sie doch!«, rief Antonia.
    »Du bist doch mutig, du schaffst es doch auch allein bis nach Hause, oder?«
    »Ja, aber… und Sie?«
    Er drehte sich um. »Ich gehe zurück. Ich werde da unten auf ihn warten.«

31.
    Vor etlichen Jahren hatte Leopold Steinhauer den Fehler gemacht, seinem Galeristen von den Tunneln zu erzählen. Er hatte die Idee gehabt, dort unten eine Ausstellung zu machen. Die Leute gierten ja immer nach besonderen Events und eine Vernissage in den Katakomben des Lindener Bergs hätte auf jeden Fall die Presse angelockt… Es war dann aber nie etwas daraus geworden, Krüger hatte immer neue Bedenken geäußert und ihm den Plan schließlich ganz ausgeredet. Jetzt war klar, warum.
    Dass dieses kranke Hirn sich hier unten sein Gruselkabinett einrichten würde, auf diesen Gedanken hatte ihn erst die Kommissarin gebracht. Diese spurlos verschwundenen Mädchen… Wo konnte der Täter die Leichen, die man nie gefunden hatte, gelassen haben? Das war in einem zivilisierten Land gar nicht so einfach. Steinhauer hatte sich überlegt, wo er anstelle des Täters die Leichen lassen würde. So war er auf die Idee gekommen, in den Gängen unterhalb des Friedhofs nachzusehen. Den Zugang in der alten Gruft, den sie als Kinder entdeckt hatten, gab es erstaunlicherweise immer noch. Leichen hatte er zwar keine entdeckt, dafür die arme Kleine. Wäre Krüger vor ihm hier gewesen, wäre es wohl auch für dieses Mädchen zu spät gewesen.
    Als Steinhauer seinem Studenten Arnold Krüger vor etwa dreiundzwanzig Jahren in aller Deutlichkeit sagte, dass er mangels jeder Spur von Talent am besten mit dem Malen aufhören sollte, hatte er wirklich keine Ahnung gehabt, dass ihn sein Exstudent seitdem abgrundtief hasste. Im Gegenteil. Wie konnte ihn ein Mann hassen, der jahrelang so gut an ihm verdient hatte? Im Grunde musste Krüger ihm doch dankbar sein, dass er ihn rechtzeitig auf den für ihn viel besseren Weg gebracht hatte, nämlich Bilder zu verkaufen, anstatt welche zu malen. Krügers erste Galerie, die er kurz darauf in der Nordstadt eröffnet hatte, war von Anfang an gut gelaufen. Arnold war kein sonderlich attraktiver Typ gewesen, aber weil er immer Geld hatte und mit Künstlern verkehrte, hatte er doch auch genug Frauen abgekriegt. Dass darunter auch seine damalige Geliebte Sonja gewesen war, hatte Steinhauer nicht gewusst. Das hatte sie ihm wohlweislich verschwiegen
    Krüger, Baby! Der musste über die Jahre total durchgeknallt sein. Wahrscheinlich hielt er sich für einen bahnbrechenden Künstler. Dass er Bilder aus Blut malte, war schon verrückt genug, aber das hatten andere Spinner vor ihm auch schon gemacht – in der Regel mit Tierblut. Dass Krüger dafür Menschen tötete, junge Mädchen, das war, kurz gesagt, Wahnsinn im fortgeschrittenen Stadium. Ein Psychopath, wie er im Lehrbuch stand. Aber davon einmal abgesehen – die Bilder, die in diesem alten Bunker hingen, waren einfach nur schlecht. Untalentiertes, dilettantisches Gekrakel eines Irren. Mit solchen Gestalten kannte sich Steinhauer nach zwanzig Jahren Psychiatrie bestens aus.
    Er hatte jetzt das Deckenlicht ausgemacht und nur die Taschenlampe an, um die Scheußlichkeiten nicht länger sehen zu müssen. Nun verharrte er ruhig und geduldig auf dem Holztisch sitzend. Er hatte zwanzig Jahre gewartet, er würde auch die letzten paar Stunden noch ertragen. Krüger, auch wenn er offensichtlich geistesgestört war, würde bezahlen: für zwanzig gestohlene Jahre, für den Mord an Sonja und die Morde an all den anderen. Er zog ein Messer aus der Tasche und prüfte mit dem Daumen die Schärfe der Klinge. Es würde teuer werden für Krüger. Und sehr schmerzhaft.
    Antonia rannte, wie sie noch nie in ihrem Leben gerannt
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