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Robert Enke

Robert Enke

Titel: Robert Enke
Autoren: Ronald Reng
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Haupttribüne hinter der Werbebande stehen. Sie umarmte ihn, die Tränen liefen immer noch. »Ich bin so
     stolz auf dich, Robbi.« Er lächelte.
    »Ich habe wieder etwas gespürt«, sagte er zu Markus Witkop.
    Auf dem Rückweg, diesmal im Bus, legte Hanno Balitsch einen Film in den Laptop ein. Er hatte einen Doppelstecker für zwei
     Kopfhörer gekauft, damit Robert mit ihm Filme schauen konnte. Zwischendurch schrieb Robert Teresa SMS-Nachrichten. »Fahr nicht
     so schnell«, und: »Bist du schon betrunken?«
    Einfühlungsvermögen und Humor, zwei Regungen, die die Depression zunichte machen, schimmerten wieder durch.
     
    Teresa wartete schon am Stadion in Hannover, als der Mannschaftsbus gegen neun am Abend ankam. Vielleicht konnten sie noch
     etwas essen gehen, hoffte sie, ein bisschen – das Wort schien ihr angemessen – feiern.
    »Und, wie geht’s dir?«, fragte sie, als er sich neben ihr anschnallte.
    »Schlecht.«
    Das Wort schlug ihr in den Magen.
    »Nicht ein kleines bisschen besser?« Ihre Stimme klang sanft, als bettele sie um eine positive Antwort.
    »Nein.«
    Er wollte nach Hause. Dort legte er seine Torwarthandschuhe zum Trocknen ins Bad, nahm eine Schlaftablette und ging ins Bett.
    |409| Teresa saß in der Küche und erinnerte sich an all die großartigen Momente des Nachmittags in Köln, der abgelaufene Steilpass
     in der ersten Spielminute, seine innige Umarmung mit Hanno, sein Lächeln, als er nach dem Spiel zu ihr kam. Als sie sein Lächeln
     gesehen hatte, war sie sich sicher gewesen, dass das Spiel ihm geholfen hatte.
    »Heute kommen mir die Worte aus seinem Abschiedsbrief in den Sinn«, sagt Hanno Balitsch. »Er schrieb, dass er uns in seinen
     letzten Wochen alle getäuscht hat; dass er nur so tat, als ginge es ihm besser. Von daher fürchte ich, er sagte einfach nur
     das, was wir hören wollten, als er direkt nach dem Spiel zu mir kam und sagte: ›Das war der erste Schritt.‹«
     
    Der Sonntag lag wie eine Wüste vor ihnen. Die Enttäuschung, dass das Spiel nichts an seiner Stimmung geändert hatte, lähmte
     Robert. Für einen Moment glaubte Teresa, alleine werde sie nicht mehr mit der Situation fertig.
    Sie rief bei den Wilkes an.
    »Biene, wir brauchen Programm, wir müssen irgendetwas machen, können wir nicht was zusammen unternehmen?«
    Sabine Wilke sprach mit ihrem Mann, sie telefonierte mit ihrer Schwester Ines, auf einmal spürten sie einen unheimlichen Druck,
     was sollten sie denn machen?
    Der Käsekuchen, fiel Ines dann ein. Ihren Käsekuchen hatte Robert doch immer gemocht. Sie machte sich ans Backen.
    Am Nachmittag saßen alle bei Ines und Jürgen am Tisch, Robert und Teresa, Uli und Sabine und die Kinder. Bevor Ines den Kuchen
     anschneiden konnte, sprang Robert wieder auf. Er musste ins Bad.
    »Wo bleibt er denn?«
    »Ich gehe ihn holen!« Teresa rückte ihren Stuhl nach hinten. Sie klopfte an die Badtür und ging nicht weg, bis er herauskam.
    Er setzte sich, er lobte den Käsekuchen, aber nach einigen Minuten stand er schon wieder hektisch auf.
    »Was brauchst du denn, Robbi?«
    »Ich hole mir nur ein Schöfferhofer aus dem Kühlschrank.«
    »Warte, ich bringe es dir doch.«
    |410| »Nein, nein.«
    Er blieb in der Küche, bis Jürgen zu ihm kam.
    Wenig später ging er schon wieder auf Toilette. Kaum zurück, verkündete er, er schaue sich mal die Wohnung an. Eine Viertelstunde
     lang wanderte er durch die Zimmer. Er kannte die Wohnung von Ines und Jürgen längst.
    Er schaffte es nicht mehr, am Tisch zu sitzen und sich zu unterhalten, während ihm gleichzeitig die Gedanken durch den Kopf
     schossen. Warum nur hatte ihm sein Comeback keine Zufriedenheit gebracht, wie sollte es je wieder gut werden, wenn nicht einmal
     nach diesem Spiel irgendetwas besser wurde? Warum machte er nicht einfach Schluss mit diesem Wahnsinn?
    Er ging durch die Wohnung, sein Körper verlangte nach Bewegung, um die Gedanken abzuschütteln.
    Die anderen blieben im Wohnzimmer und versuchten vor ihm zu verbergen, wie sehr sie sein Verhalten beunruhigte. Es war ein
     natürlicher Reflex im Umgang mit depressiven Menschen. Die Freunde glaubten aus Rücksicht auf ihn so tun zu müssen, als sei
     alles normal. Sie wollten ihn nicht noch an sein Leiden erinnern. So ist ein depressiver Mensch nicht nur ein Schauspieler,
     sondern macht die meisten um ihn herum zu Komparsen.
     
    Er schrieb schon länger keine ganzen Sätze mehr in sein schwarzes Buch.
    2. November 2009. Nur Selbstvorwürfe.
    Er war nun
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