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Risotto Mit Otto

Titel: Risotto Mit Otto
Autoren: Angela Troni
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geklingelt, das Problem erfasst und gehandelt – wie immer eigentlich. Noch dazu genau im richtigen Moment. Es war wie verhext mit ihm: Je verzweifelter ich versuchte, ihn aus meinem Leben und meinen Gedanken zu verbannen, desto präsenter war er. Am liebsten hätte ich Otto einfach wieder weggeschickt. Doch das war schlicht unmöglich.
    Mamma war schwer begeistert von ihm und unterhielt sich beim Essen blendend mit ihm, obwohl er keine einzige Silbe Italienisch verstand. Zum Glück hatte er mit Jan, mir und Isabelle gleich drei Dolmetscher zur Auswahl, und er und meine Mutter hatten so viel Spaß, als würden sie sich schon ein halbes Leben kennen. Der sonst fremden Menschen gegenüber eher schüchterne Bayer fand sofort einen Draht zu mamma . Auch sie war von ihm derart angetan, dass sie nicht mal einen Tobsuchtsanfall bekam, als Joe Kugel die allgemeine Heiterkeit dazu nutzte, auf die Küchenablage zu springen und sich seinen Anteil von der Pastasoße direkt aus dem Topf zu genehmigen.
    Als wir am Abend schlafen gingen und ich auf das Feldbett sank, das ich irgendwie noch in Jans Zimmer gequetscht hatte, war meine am Morgen noch so störrische mamma mit Gott und Deutschland versöhnt und dachte sogar darüber nach, ein paar Tage länger zu bleiben und sich von dem »netten jungen signore bavarese «, wie sie Otto nannte, die Stadt zeigen zu lassen. Damit war Otto, ohne es zu wollen, in Jans Rolle des mamma -Bändigers geschlüpft, der sich am Nachmittag mit meinen zahllosen Dankesbekundungen im Gepäck auf den Rückweg nach Zürich gemacht hatte. Mir war ehrlich gesagt alles recht, wenn ich nur nicht mit ihr zurück nach Hause musste.
    Die Chancen dafür standen erstaunlich gut. Ich ließ mamma vorsichtshalber eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung angedeihen und gab mir weiterhin alle Mühe, sie von meinem seriösen Münchner Leben zu überzeugen. Nicht zuletzt zeigte ich ihr meine Hausarbeit über Signor Mann, für die ich die volle Punktzahl erhalten hatte. Die Rechnung ging auf: Meine Mutter war schwer beeindruckt von dem, was ich hier so alles lernte, und obendrein stolz auf mich. Nachdem Otto sich tatsächlich bereit erklärt hatte, uns eine Exklusivführung durch die Innenstadt zu geben, wandelte sich ihre Einstellung gegenüber München vollends zum Positiven. Meine Eltern telefonierten täglich mehrere Stunden miteinander, und nachdem mammas anfängliche Skepsis sich erst mal in Begeisterung verwandelt hatte, redete sie so lange auf meinen Vater ein, bis er einwilligte, dass ich noch bleiben durfte.
    Doch das war nicht das Einzige, was mamma während ihres dreitägigen Besuchs in München für mich tat. Am Abend des zweiten Tages machten wir es uns mit einer Flasche Wein auf meinem Bett gemütlich. Während wir so eng nebeneinandersaßen, dass sich unsere Schultern und Oberarme berührten, erzählte ich ihr die ganze Geschichte mit Signor Colluti. Ich berichtete von dem Mafioso am Bahnhof, von Beate, die mir so unkompliziert ihre Hilfe angeboten und mir spontan das freie Zimmer in ihrer WG angeboten hatte.
    Immer wieder nickte sie verständnisvoll und hörte mir bis zum Ende aufmerksam zu. Nachdem ich geendet hatte, legte sie mir einen Arm um die Schultern und meinte: »Aber bella, warum hast du uns denn nichts gesagt?«
    »Weil ich Angst davor hatte, dass babbo mich zurück nach Riccione beordert. Genau wie es gekommen ist«, sagte ich, ohne nachzudenken.
    Enttäuschung und Besorgnis spiegelten sich gleichermaßen auf mammas Miene, als sie antwortete: »Wir hätten doch über alles reden können!«
    »Bist du dir da sicher?«
    Statt einer Antwort nahm sie mich nur noch fester in den Arm und drückte mich, als wollte sie mich nie mehr loslassen. Wir redeten noch lange an diesem Abend, ehe die Flasche Wein geleert war, und als wir ins Bett gingen, hatte ich das Gefühl, dass sich unser Verhältnis in eine völlig neue Richtung bewegte.
    »Es gibt eine Planänderung«, begrüßte mich mamma, als sie am nächsten Morgen in die Küche kam, wo ich vor einer Tasse Cappuccino und einem Mandelhörnchen saß.
    Ich starrte sie an, als hätte sie verkündet, sie wolle morgen hier einziehen. »Welche?«, fragte ich dann.
    »Wir müssen den netten Signor Otto auf später vertrösten. Meinst du, er hat auch am Nachmittag Zeit?« Sie sah mich abwartend an.
    »Das muss ich ihn erst fragen. Warum?«
    »Weil ich beschlossen habe, dass wir beide zusammen gleich nach dem Frühstück zu Signor Colluti fahren. Wir dürfen uns diese
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