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Ripley Under Water

Ripley Under Water

Titel: Ripley Under Water
Autoren: Patricia Highsmith
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gegenüber von Belle Ombre in Sicht kam, dessen Äste ein Stück weit über die Straße ragten, stieg Toms Stimmung. Warum sich Sorgen machen? Er stieß den einen Torflügel gerade weit genug auf, um durchzuschlüpfen, schloß das Tor so sachte er konnte, ließ das Vorhängeschloß sanft klickend einrasten und schob den langen Bolzen vor.
    Reeves Minot: Abrupt blieb Tom stehen, rutschte auf dem Kies der Einfahrt aus. Ein weiterer Hehlerjob für Minot zeichnete sich ab. Reeves hatte vor ein paar Tagen angerufen. Oft schwor sich Tom: nie wieder, und nahm dann doch noch einmal an. Weil er gern neue Leute kennenlernte? Tom lachte, kurz und fast lautlos, und ging weiter zur Haustür, mit seinen gewohnt leichten Schritten, die kaum auf dem Kies knirschten.
    Im Wohnzimmer brannte Licht; die Haustür war nicht verschlossen, genau wie vor einer Dreiviertelstunde, als Tom gegangen war. Er trat ein, schloß hinter sich ab. Heloïse saß auf dem Sofa, in eine Zeitschrift vertieft – vermutlich einen Artikel über Nordafrika.
    »’ allô, chéri. Reeves hat angerufen.« Heloïse sah auf und warf ihr blondes Haar zurück. » Tomme, hast du…?«
    »Ja. Fang!« Lächelnd warf er ihr die erste rotweiße Schachtel zu, dann die zweite. Die erste fing sie, die zweite prallte vorn gegen ihr blaues Hemd. »Irgendwas Dringendes bei Reeves? Pressant, prestissimo, penetrant? «
    »Ach Tomme, hör schon auf!« Sie griff zu ihrem Feuerzeug. Insgeheim genoß sie seine Wortspiele, dachte Tom, würde das aber nie zugeben und sich nur selten ein Lächeln gestatten. »Er ruft zurück, doch vielleicht nicht mehr heute abend.«
    »Irgendwer… Na, egal.« Tom brach ab: Minot ging niemals ins Detail, wenn er mit Heloïse sprach, und sie gab vor, die Aktivitäten der beiden seien ihr egal, sie finde sie sogar langweilig. Es war sicherer so – sie dachte wahrscheinlich, je weniger sie wisse, desto besser. Und wer wollte das bestreiten?
    » Tomme, morgen gehen wir die Tickets kaufen, für Marokko. In Ordnung?« Sie hatte die bloßen Füße auf dem gelben Seidensofa unter sich gezogen wie ein behaglich hingekauertes Kätzchen und sah ihn ruhig aus ihren lavendelblauen Augen an.
    »J-ja, gut.« Er hatte es versprochen, sagte er sich. »Zuerst fliegen wir nach Tanger.«
    » Oui, chéri, und von dort geht’s dann weiter. Nach Casablanca natürlich.«
    »Natürlich«, wiederholte Tom. »Gut, Liebes, morgen kaufen wir die Flugscheine. In Fontainebleau.« Sie buchten immer im selben Reisebüro, wo man sie kannte. Tom zögerte, sagte es dann aber doch: »Liebling, weißt du noch, das Paar, das wir neulich in Fontainebleau gesehen haben? Auf dem Bürgersteig? Sahen aus wie Amerikaner. Die beiden kamen uns entgegen, und später sagte ich, der Mann hätte uns angestarrt – dunkles Haar, Brille?«
    »Ich glaube schon. Ja. Warum?«
    Er sah ihr an, daß sie sich genau erinnerte. »Weil er mich vorhin im bar-tabac angesprochen hat.« Tom knöpfte sein Jackett auf und steckte die Hände in die Hosentaschen. Er stand noch. »Ich mag den Kerl nicht.«
    »Seine Begleiterin sehe ich vor mir – helleres Haar. Beides Amerikaner, nicht?«
    »Er mit Sicherheit. Na, jedenfalls haben sie hier in Villeperce ein Haus gemietet, du weißt schon, das mit –«
    » Vraiment? In Villeperce?«
    » Oui, ma chère! Das Haus mit dem Teich – er spiegelt sich an der Wohnzimmerdecke.« Beide hatten sie das Oval bestaunt, das wie Wasser auf der weißen Decke spielte.
    »Ja, ich erinnere mich an das Haus. Zweistöckig, weiß, kein allzu schöner Kamin. Nicht weit von den Grais’, nicht? Jemand war doch mal bei uns, der überlegt hat, es zu kaufen.«
    »Ja, stimmt.« Der amerikanische Bekannte eines Bekannten, der ein Landhaus nicht zu weit weg von Paris suchte, hatte Tom und Heloïse gebeten, ihn bei der Besichtigung einiger Häuser in der Umgebung zu begleiten. Gekauft hatte er nichts, jedenfalls nicht in oder um Villeperce. Mehr als ein Jahr war das her. »Nun, um zum Punkt zu kommen: Der Dunkelhaarige mit der Brille möchte mit mir, mit uns, auf gute Nachbarschaft machen, und ich will das nicht. Ha, nur weil wir seine Sprache sprechen! Scheint etwas mit INSEAD zu tun zu haben, der Hochschule bei Fontainebleau.« Tom fuhr fort: »Woher hat er überhaupt meinen Namen, und wieso ist er so versessen darauf, mich kennenzulernen?« Um nicht zu besorgt zu erscheinen, nahm er lässig ihr gegenüber auf dem Stuhl vor dem Couchtisch Platz. »David und Janice Pritchard heißen sie. Sollten
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